Utopien und die Weltregierung

Ohne Utopien würden wir wahrscheinlich noch in Höhlen wohnen, bei einer Lebenserwartung von knapp 30 Jahren, die wir als ebenso lang empfinden würden wie unsere heutigen 80/90 Lebensjahre. Aber vielleicht wären wir friedlich, weil zufrieden, hätten wir nicht vom Baum der Erkenntnis gegessen.

Die Idee einer Weltregierung, die für eine soziale Wirtschaft und für ein friedliches Zusammenleben aller Völker und Menschen sorgt, ist nicht neu. Schon der indische Staatsmann Jawaharlal Nehru (1889-1964) und der britische Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell, ein Nobelpreisträger, (1872-1970) dachten an einen Weltstaat und hatten sich dafür eingesetzt.

 Nehru:

»Die Menschheit hat ein Stadium erreicht, da das Ideal der einen unteilbaren Welt oder irgendeiner Art von Weltföderation unerlässlich geworden zu sein scheint (…) Wir sollten für dieses Ideal und nicht für Gruppierungen tätig sein, die ihm im Wege stehen. Deshalb unterstützen wir das Gefüge der UNO, das sich mühsam aus den ersten Anfängen herauszukristallisieren beginnt. (…) Es müsste eine Weltordnung geschaffen werden. (…)

Dass es noch Länder gibt, die nicht an einer Weltordnung teilnehmen, ist kein Grund, »warum wir nicht mit dem Aufbau dieser Weltordnung beginnen sollten (…)«

Aus: Summe meines Denkens, München 1962, S.95 u. 96

Bertrand Russell:

»Ich glaube, erst muss das Problem, die Welt zu einer einzigen wirtschaftlichen und politischen Einheit umzugestalten, gelöst sein, ehe die Gerechtigkeit betreffende Fragen erfolgreich in Angriff genommen werden können.« *

»(…) uns bleiben nur zwei Wege offen: entweder muss der Mensch wieder eine seltene Spezies werden, wie zur Zeit des Homo Pekiniensis, oder wir müssen lernen, uns einer Weltregierung zu unterwerfen. (…) Die Welt von heute braucht zweierlei: ersten Organisation – politische Organisation zur Verhütung von Kriegen, wirtschaftliche Organisation zur Sicherung produktiver Arbeit, besonders in den vom Krieg zerstörten Ländern, erzieherische Organisation, um einen gesunden Internationalismus ins Leben zu rufen. Zweitens bedarf sie gewisser moralischer Eigenschaften – jener, die seit Jahrhunderten von Sittenlehrern gefordert wurden, freilich bisher mit wenig Erfolg. Vor allem bedürfen wir der Nächstenliebe und der Toleranz.«**

»Die Frage ist, wie man die Menschheit überreden kann, in ihr eigenes Überleben einzuwilligen.«

* Skepsis, Frankfurt a. M. 1964, S.201 f.  ** Unpopuläre Betrachtungen, Zürich…, o. D., S. 156, 178

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