Jetzt aktualisiert bei allen Versandbuchhandlungen abrufbar: „Das Buch in der Wolke. Work in Progress“

Coverbild für "Das Buch in der Wolke"

 Klappentext:

„Book in Progress“? Dieses 14. E-Book soll nun wirklich das allerletzte sein. Ein Experiment. Ich bin 93 und kann den natürlichen Alterungsprozess nicht aufhalten, höchstens verzögern. Die Produktivität lässt, wie der Geschlechtstrieb, nach. Das Gehirn arbeitet langsamer.  Gedächtnis, Denken, Sprechen und Schreiben brauchen mehr Zeit. Das Langzeitgedächtnis ist besser als das kurzzeitige. Mir fallen Ereignisse, Erlebnisse, Begegnungen, Menschen und Orte und deren Namen ein, die mich irgendwann mal in meinem Leben beeindruckt haben müssen, längst vergessen sind oder überhaupt nicht existiert haben. „Dichtung und Wahrheit“. Goethe.

Zum Beispiel das Gedicht „Frühlingsglaube“ von Ludwig Uhland, das ich persifliert habe, obwohl ich es wahrscheinlich nie gekannt habe. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, ob wir es im Deutschunterricht „durchgenommen“ haben. Dennoch kam mir die Anfangszeile „Die linden Lüfte sind erwacht“ bekannt vor. Bei Wikipedia fand ich dann die Bestätigung, dass es dieses Gedicht tatsächlich gibt.

Ich werde bis zu meinem Lebensende oder solange ich sehen, denken und empfinden kann, Sehenswertes fotografieren, das Zeitgeschehen beobachten und kommentieren, literarisch arbeiten und die Produkte nach und nach in diesem E-Book publizieren.

Das Buch kann jetzt zum aktuellen Preis von € 0,99 auf ein Lesegerät oder einen PC hier heruntergeladen werden -> https://www.bookrix.de/_ebook-dietrich-stahlbaum-das-buch-in-der-wolke/

 

Seehofers Biertisch- und Weißwurstdisput

„Historiker: Islam hat hiesige Kultur geprägt“

Mit Blick auf die Äußerungen des neuen Innenministers Horst Seehofer (CSU) hat der Mittelalterhistoriker Michael Borgolte den Beitrag des Islams zur hiesigen Kultur betont. Dieser Beitrag sei „geradezu grundlegend“, sagte der emeritierte Mediävist der Berliner Humboldt-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es waren Araber und Syrer muslimischen Glaubens, die große Teile der Werke antiker griechischer Naturwissenschaft und Philosophie retteten, übersetzten und kommentierten und diese damit der lateinischen Welt des westlichen Europa überlieferten.“

Der wissenschaftliche Aufbruch des hohen Mittelalters, der die Voraussetzungen für die moderne Welt geschaffen habe, beruht nach Ansicht Borgoltes auf diesen Leistungen muslimischer Gelehrter. Deutschland als Teil des westlichen Europas habe dem Islam seit dem Mittelalter „Unschätzbares“ zu verdanken, sagte der Historiker, der auch mit der Gründung des Instituts für Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität beauftragt ist.

[Aus: Islam-Debatte: »Experten warnen und widersprechen Seehofer« in: MIGAZIN 19.03.2018

„Historiker: Islam hat hiesige Kultur geprägt“

Diese Überschrift ist irreführend und wohl kaum ein wörtliches Zitat von Prof. Borgolte. Darauf deutet das Zitat im Text: „Es waren Araber und Syrer muslimischen Glaubens, die große Teile der Werke antiker griechischer Naturwissenschaft und Philosophie retteten, übersetzten und kommentierten und diese damit der lateinischen Welt des westlichen Europa überlieferten.“

Ich habe Jim al-Kahlil: »Im Haus der Weisheit….« gelesen und kann bestätigen, dass die Ansichten des Autors auf jahrelanger intensiver Quellenforschung beruhen und in einem umfangreichen Anhang belegt werden. Dazu ein Leserbrief, 2014 veröffentlicht:

„Das Christliche Abendland“ – eine Legende (Leserbrief)

Im 8. Jahrhundert entstand in Bagdad eine von Muslimen initiierte und finanzierte Übersetzungsbewegung, an der auch Juden und Christen beteiligt wurden. Dort wurde nahezu das gesamte Wissen und Denken der damaligen Zeit zusammengetragen und ins Arabische übersetzt, um es kritisch bewerten, weiterentwickeln und anwenden zu können. So sind die philosophischen und naturwissenschaftlichen Werke (Mathematik, Geometrie, Astronomie, Medizin, Technik) aus dem antiken Griechenland, aus Persien und Indien über das islamische Spanien in das von Analphabeten und Halbalphabeten beherrschte „Abendland“ gelangt.*)

Der bekannteste von diesen war ein fränkischer König namens Karl, der zwar lesen, aber trotz aller Bemühungen nicht schreiben konnte. Seine Gier nach Macht, Reichtum und Ruhm trieb ihn von einem Krieg zum anderen, trieb ihn zu äußerster Grausamkeit bis zum Massenmord von „Heiden“, die sich einer Zwangschristianisierung verweigerten. Zum Dank dafür krönte ihn am 25. Dezember des Jahres 800 u. Z. der Papst zum Kaiser. Im „christlichen Abendland“ feiert man ihn heute noch als den „Vater Europas“ und nennt ihn Karl der Große! – **)

Liebe Muslimas und Muslime, es ist ein Agnostiker und Atheist, der auch euch an die Blütezeit des Islams erinnert. Am Anfang des Korans heißt es: „iqra!“ (Lies, bilde dich!). Heute, im 21. Jahrhundert, bedarf es, um Wissen und Weisheit zu erlangen, einer säkularen und universellen Bildung – jenseits aller Religionen.

*) Quellen: Jim al-Kahlil: »Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur«, S. Fischer Verlag, 3. Aufl. 2012 und Rolf Bergmeier: »Christlich-abendländische Kultur. Eine Legende. Über die antiken Wurzeln, den verkannten arabischen Beitrag und die Verklärung der Klosterkultur«, Alibri-Verlag 2014. **) Arte-Doku-Film, 27.12.2014

Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen

Am 30. 12. 2014 leicht gekürzt in der Frankfurter Rundschau und am 31. 12. 2014 in den Zeitungen des Medienhauses Bauer vollständig veröffentlicht.

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Die Frage, was kulturell zu Deutschland gehört und was nicht, ist heute, im 21. Jahrhundert, obsolet; sie ist absurd und infolgedessen falsch.
Minister Seehofer hat da einen Biertisch- und Weißwurstdisput befeuert, den auch ein Bergbauernbub nur belächeln kann, wenn er ein Laptop und ein Smartphone besitzt und benutzt, um Weltmusik zu hören und an der globalen Kultur teilzuhaben, – um sich Wissen, Bildung anzueignen.
Das war noch im 19. Jahrhundert fast ausschließlich ein Privileg der „Eliten“, der Wohlhabenden und der ganz Reichen. Sie konnten an Universitäten lernen und lehren, sich die Weltliteratur erschließen und auf großen Reisen die Vielfalt der Kulturen erkunden.
Heute können alle, die nicht auf den Kopf gefallen sind und nicht in prekären Verhältnissen leben, sich eine weltumfassende und allseitige Bildung aneignen. Voraussetzung dazu sind Interesse und Weltoffenheit. Dies gehört zu den positiven Seiten der Digitalisierung.

Shlomo Sand: Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit (Buchtipp)

Buchtipp:

Die Erfindung des Landes Israel

Shlomo Sand

Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit

Gehört Israel den Juden? Was bedeutet überhaupt Israel? Wer hat dort gelebt, wer erhebt Ansprüche auf das Land, wie kam es zur Staatsgründung Israels? Shlomo Sand, einer der schärfsten Kritiker der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern, stellt den Gründungsmythos seines Landes radikal in Frage. Überzeugend weist er nach, dass entgegen der israelischen Unabhängigkeitserklärung und heutiger Regierungspropaganda die Juden nie danach gestrebt haben, in ihr „angestammtes Land“ zurückzukehren, und dass auch heute ihre Mehrheit nicht in Israel lebt oder leben will.

Es gibt kein „historisches Anrecht“ der Juden auf das Land Israel, so Sand. Diese Idee sei ein Erbe des unseligen Nationalismus des 19. Jahrhunderts, begierig aufgegriffen von den Zionisten jener Zeit. In kolonialistischer Manier hätten sie die Juden zur Landnahme in Palästina und zur Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aufgerufen, die dann nach der Staatsgründung 1948 konsequent umgesetzt wurde. Nachdrücklich fordert Sand die israelische Gesellschaft auf, sich von den Mythen des Zionismus zu verabschieden und die historischen Tatsachen anzuerkennen.

Rezension:

»Detailliert und quellenreich zeichnet Sand nach, wie territoriale Ansprüche auf das „Land der Väter“ begründet wurden.«, Deutschlandradio, Sigrid Brinkmann, 29.11.2012

Portrait:

Shlomo Sand, geboren 1946 als Kind polnischer Juden in Linz. 1949 Übersiedlung der Familie nach Israel. Nach dem Studium der Sozialwissenschaften in Paris lehrt Sand Geschichte an der Universität Tel Aviv. Er zählt zu den führenden Intellektuellen Israels und zu den schärfsten Kritikern der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern. Bei Propyläen erschienen »Die Erfindung des jüdischen Volkes« (2010), »Die Erfindung des Landes Israel« (2012) und »Warum ich aufhöre, Jude zu sein« (2013).

Propyläen Verlag 2012, 400 S. (gebundene Ausgabe, Taschenbuch, eBook)

Buchtipp: Zana Ramadani: DIE VERSCHLEIERTE GEFAHR. Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen

Cover Verschleierte Gefahr I

Verschleierte Gefahr II

»Der Islam gehört nicht zu Deutschland«, sagt Zana Ramadani. »Muslime gehören zu Deutschland – aber nur, wenn sie sich dieser Gesellschaft anpassen.« Doch das kann nicht gelingen, solange die überkommenen Regeln einer vormodernen Religion auf die heutige westliche Welt angewendet werden und muslimische Mütter frauenfeindliche Werte an ihre Kinder weitergeben. Als Tochter einer muslimischen Einwandererfamilie nennt Zana Ramadani Dinge beim Namen, die sich sonst kaum jemand zu sagen traut: »Die muslimischen Frauen herrschen in der Familie. Ihre Töchter erziehen sie zu willenlosen Lemmingen, ihre Söhne zu verwöhnten Machos – und weil diese Hätschel-Machos damit im Leben scheitern, zu den nächsten Radikalen.« In ihrem Buch plädiert Zana Ramadani für eine offene, schonungslose Auseinandersetzung und macht deutlich: Ohne die muslimischen Mütter kann Integration nicht gelingen.

Zana Ramadani ist eine der meinungsstärksten islamkritischen Stimmen Deutschlands. Für die engagierte Menschenrechtsaktivistin ist klar: Ein Islam, der den Koran wortwörtlich nimmt und Regeln aus dem Mittelalter einfordert, der Frauen missachtet und junge Männer radikalisiert, der die westliche Kultur und die hier existierenden Gesetze ablehnt, gehört nicht zu Deutschland. Als Tochter einer muslimischen Einwandererfamilie erlebte auch Zana Ramadani Gewalt und Unterdrückung. Schnell lernte sie: Es sind oft die muslimischen Mütter, die in den Familien herrschen, indem sie die frauenfeindlichen Werte, unter denen sie selbst gelitten haben, an ihre Kinder weitergeben. In ihrem Buch macht Zana Ramadani deutlich, dass die Integration von Muslimen in unsere Gesellschaft nicht gelingen kann, solange muslimische Mütter ihre Söhne zu verwöhnten Machos und ihre Töchter zu Gehorsam und Anpassung erziehen. Gleichzeitig stellt sie klar: Wir müssen aufhören, den politischen Islam und die fortdauernde Diskriminierung der muslimischen Frau als kulturelle Eigenart zu verharmlosen, wenn wir unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung verteidigen wollen.

 Verlag: Europa Verlag; Auflage: (3. März 2017) Gebundene Ausgabe, 264 Seiten, EUR 18,90

ISBN-10: 3958900771 ISBN-13: 978-3958900776

Die kulturelle Globalisierung, der „Islam als Geburtshelfer Europas“ und Deutschlands Kleinbürgertum

Die kulturelle Globalisierung gibt es ebenso lange wie die wirtschaftliche: Kulturgüter (Kunst, Wissen, religiöse Vorstellungen, Wertvorstellungen, Philosophien), ganze Kulturen z. B. aus Asien gelangten bereits seit 115 vor unserer Zeitrechnung auf Handelswegen nach Europa (Seidenstraße) und haben die so genannte christlich-abendländische Kultur mitgeprägt. Ebenso arabische Muslime https://stahlbaumszeitfragenblog.wordpress.com/2015/08/14/das-christliche-abendland-eine-legende-leserbrief/

Während im 9. Jahrhundert, als Karl, der heute zu Unrecht als “der Große“ gefeiert wird, massenweise Sachsen abschlachten ließ, und im Abendland ein geozentrisches Weltbild herrschte, die Erde als Scheibe angenommen wurde, wussten Araber, Muslime, längst, dass nicht die Erde Mittelpunkt des Universums ist, sondern die Sonne. Damals gab es eine arabisch-muslimische Hochkultur, die im Laufe der Jahrhunderte auf den heutigen Zustand heruntergekommen ist. Später „vermittelten [Muslime] den Christen die Errungenschaften antiker und orientalischer Gelehrsamkeit“. „Der Islam“ gilt heute „als Geburtshelfer Europas.“

Grundlagen heutiger Wissenschaften und des philosophischen Denkens in Europa, in Deutschland stammen von Arabern, z. B. unser Zahlensystem. Wir rechnen in arabischen Ziffern. In unserer Sprache gibt es viele Worte, die aus dem Arabischen abgeleitet sind: Admiral, Alkohol, Arsenal, Magazin, Matratze… bis Zenit und Ziffer. Unsere Kultur hat viele außereuropäische Wurzeln. Daran sollten wir uns erinnern.

Kulturen, die sich nicht öffnen und weiterentwickeln, die in ihren Traditionen verharren, verkümmern, sterben ab. Schützenvereinen und anderen Traditionsverbänden, die Althergebrachtes pflegen, fehlt der Nachwuchs. Die Jugend ist größtenteils multikulturell interessiert und hat über alle ethnischen und nationalen Grenzen hinweg Freundschaften geschlossen. Viele sind mit wachen Sinnen durch die Welt getrampt und gereist, haben fremde Kulturen kennengelernt, ihren Horizont erweitert, sich Fremdes vertraut gemacht, sich weitergebildet und vermitteln ihre Erfahrungen an andere.
Menschen, die überschaubare Gruppen mit gleichen Werten bilden, werden immer weniger, weil es zumeist Alte sind oder ohne Bildung, „bildungsferne“. Denn seit die Studenten und Professoren, die Achtundsechziger, durchgesetzt haben, dass auch Arbeiterkinder studieren konnten, und Volksuniversitäten gegründet haben, ist unser Bildungssystem für alle offen, das Bildungsniveau erheblich gestiegen und damit auch der Wunsch, die engen Grenzen der durchschaubaren, kleinbürgerlichen Welt zu überwinden.
Nicht allen, die aus dem Kleinbürgertum stammen, ist das gelungen. Es gibt Professoren, Juristen, Fachärzte, Ingenieure, hochqualifizierte Techniker, welche die kleinbürgerliche Mentalität ihrer Eltern übernommen haben und bei PEGIDA, AfD & CO ihre politische Heimat gefunden haben, denn hier versammelt sich das gesamte Kleinbürgertum, schätzungsweise noch 15 % der deutschen Bevölkerung.

Dieses hat offensichtlich nicht bemerkt, dass weltoffene Muslimas und Muslime, Araber/innen und Türk/inn/en, sich in Deutschland längst integriert haben, ohne ihre Wurzeln zu kappen, und dabei sind, ihre Religion zu reformieren, den Islam von allen Menschen verachtenden Moralvorstellungen und Praktiken frei zu machen. Vieles davon stammt gar nicht aus dem Koran und der ursprünglichen Lehre, manches aus der Bibel, vom Christentum und ist dem Apostel Paulus zuzuschreiben.

Davon abgesehen hat der Islam für die meisten in Deutschland lebenden Muslime und Muslimas längst nicht die Bedeutung, die ihnen beigemessen wird. Sie sind säkular orientiert. Viele Immigranten und deren Nachkommen, auch Flüchtlinge haben sich ganz von der Religion getrennt. Nicht wenige von ihnen sprechen und schreiben besser deutsch als manche AfD-Wähler und PEGIDA-Demonstranten.

Wolfgang Beutin: „Die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht“

Die mit dem aktuellen Begriff ‚Rechtspopulismus’ bezeichneten Bestrebungen der AfD, der Pegida-Bewegung und ihnen verwandter Zusammenschlüsse gruppieren sich bekanntlich um drei Grundtendenzen: 1. die Beanspruchung der Vorzugsstellung für die eigene Nation (Nationalismus); 2. die Geringschätzung anderer Nationen und Religionen bis zur Anfeindung („Der Islam gehört nicht zu Deutschland“); 3. die Affirmation des dominierenden Neoliberalismus (der Ausbeutungsverhältnisse, national und weltweit).

Die Anhänger einer offenen demokratischen Gesellschaft stellen sich ihnen in Diskussionen und Demonstrationen entgegen, in erster Linie gestützt auf das Mittel rationaler Argumentation: Analyse der Programme der Rechtspopulisten sowie der Einzeläußerungen ihrer Wortführer, Kritik der politischen Praxis der AfD, insbesondere soweit sie Sitze in den Parlamenten errang. Gut so. Doch bei Abwehr des Rechtspopulismus bleibt häufig eines außer Acht: die Notwendigkeit, den psychischen Mechanismus aufzudecken, der erhebliche Mengen von Mitbürgerinnen und Mitbürgern stimuliert, massenhaft bei Demonstrationen der Pegida-Bewegung mitzulaufen, bei Wahlen der AfD ihre Stimme zu geben, auch sogar die Mitgliedschaft dieser Partei zu erwerben.

Von welchem Mechanismus ist die Rede, wie funktioniert er? Es sind zwei Psychologien im Spiele: die eine der Drahtzieher und Drahtzieherinnen, von denen die AfD, die Pegida-Bewegung und weitere Zusammenrottungen initiiert wurden und die an der Verbreiterung von beider Basis arbeiten; die zweite der einfachen Mitglieder, Mitläufer und Wähler. Um die zweite muß es gehen, weil das dringendste Erfordernis ist, den Zulauf zu AfD, Pegida und ähnlichen Organisationen einzudämmen. Um die Wirkungsweise des Mechanismus zu erkennen, sollte ein Grundbegriff der Psychologie herangezogen werden:

„Narzissmus“. Er verweist darauf, daß eine Person in sich selbst verliebt sein kann, nicht selten bis hin zur übersteigernden Selbstbewunderung. Der Narzissmus kann auch ein Kollektiv infizieren, z.B. einen gewissen Anteil einer Nation. In milderen Formen braucht er nicht sogleich krankhaft zu sein, kann etwa zusammenfallen mit dem Stolz auf vollbrachte Leistungen (soundso viele Goldmedaillen …). Zur übertreibenden Selbstliebe gelangt eine Person oder ein Kollektiv durch den Vergleich. Vergleichend schreibt der in sich selbst Verliebte oder das in sich selbst verliebte Kollektiv sich die Berechtigung zu, die anderen geringer oder völlig gering zu schätzen. Als Maßstab wird gern die eigene Kultur herangezogen. Beispiel: Gegenwärtig oft die Unterstellung, die orientalischen Kulturen vernachlässigten die Aufklärung, die Menschenrechte, die Freiheiten des Individuums. Die Tonangeber des Rechtspopulismus leiten daraus die Berechtigung ab, andere Kulturen geringer zu schätzen und sie zu verachten und die Aufnahme von Menschen, die ihr angehören, als Gefahr für Deutschland auszugeben.

Entscheidend nun: Die Verliebtheit in die eigene Nation kann jederzeit selbst die ‚Unterprivilegierten’ in einem Lande, Teile der Ausgebeuteten und Entrechteten ergreifen. Sie sehen sich eingebettet in die Kultur ihres Landes, deren Überlegenheit ihnen als erwiesen gilt. In seiner Schrift „Die Zukunft einer Illusion“ (1927) beschrieb Sigmund Freud diesen Sachverhalt: „Nicht nur die bevorzugten Klassen, welche die Wohltaten dieser Kultur genießen, sondern auch die Unterdrückten können an ihr Anteil haben, indem die Berechtigung, die Außenstehenden zu verachten, sie für die Beeinträchtigung in ihrem eigenen Kreis entschädigt. Man ist zwar ein elender, von Schulden und Kriegsdiensten geplagter Plebejer, aber dafür ist man Römer, hat seinen Anteil an der Aufgabe, andere Nationen zu beherrschen und ihnen Gesetze vorzuschreiben.“ Das Resultat des Vorgangs ist dann: die „Identifizierung der Unterdrückten mit der sie beherrschenden und ausbeutenden Klasse“. Übrigens müssen es nicht zu verachtende „Außenstehende“ allein sein in dem Sinne, daß sie in anderen Erdteilen zuhause sind oder waren und nun immigrieren; es können auch im Landesinnern Befindliche sein, die von den Herrschenden aber den Beherrschten als aus der eigenen Kultur Ausgeschlossene bezeichnet werden (im NS als „Nichtarier“).

Kompliziert kann die Situation dadurch werden, daß eine Tonangeberin der Herrschenden, z.B. die amtierende Bundeskanzlerin, in den Augen der Unterprivilegierten  die sich ins Land flüchtenden Angehörigen anderer Kulturkreise zu begünstigen scheint. Dann lockert sich die „Identifizierung“ der Unterdrückten mit der „sie beherrschenden und ausbeutenden Klasse“, und es kommt seitens jener womöglich zur Frontstellung gegen diese (Parolen gegen Merkel bei Demonstrationen u. ä.). Daß es allerdings falsch wäre, die nun entstandene Frontstellung als prinzipielle aufzufassen, läßt sich daran erkennen, daß an der  derzeit zentralen Ideologie der Herrschenden festgehalten wird, am Neoliberalismus. Es ist also eine sekundäre Frontstellung, eine jederzeit auflösbare, Bedingung: die Herrschenden geben die – kaum tatsächliche, eher gewähnte – Begünstigung der Migration auf.

Der psychische Mechanismus erweist sich als komplexes Phänomen mit vertrackten Folgen. Es nimmt seinen Ausgang bei dem Narzissmus, der Teile eines Kollektivs ergreift, der in Klassen unterteilten Nation, darunter der unterdrückten Klassen, bis hin zu deren politisch gravierenden Identifizierung mit der Klasse der Unterdrücker. Daraus ergibt sich die Verachtung „Außenstehender“ (Angehöriger der nicht heimischen Kultur) sogar auch durch Teile der Klasse der Unterdrückten, die nunmehr zur Frontstellung gegen die Immigration neigen – statt gegen ihre eigenen Unterdrücker –. Gehen die Herrschenden dazu über, eine Politik der Verachtung „Außenstehender“ gegen eine auszutauschen, die in der Sicht der Beherrschten die Flüchtlinge begünstigt, gehen Teile der Unterdrückten in Opposition zur Regierungspolitik. Ihre Frontstellung ist jetzt die doppelte: eine falsche gegen die Migration wie eine falsche gegen die Herrschenden – gegen diese die richtige wäre eine gegen die unsägliche Identifizierung.

Auf wen können die Anhänger der offenen demokratischen Gesellschaft bei der Abstellung des beschriebenen psychischen Mechanismus zählen? Kämpfen sie einen aussichtslosen Kampf oder widerstehen sie dem Rechtspopulismus mit vervollständigter  überlegter Argumentation erfolgreich? „… die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat. […] auf die Dauer kann der Vernunft und der Erfahrung nichts widerstehen …“ (Freud, ebd.)

[Am 21. 08. 2016 per Email vom Autor erhalten.]

 

VATERLAND, ein historisch belasteter Begriff, und der Neonationalismus (AfD, PEGIDA, NPD etc.)

In seiner Rede nach der Wahl zum Bundespräsidenten am 23. 05. 1999  sagte Johannes Rau: „Ich will nie ein Nationalist sein, aber ein Patriot wohl. Ein Patriot ist jemand, der sein Vaterland liebt, ein Nationalist ist jemand, der die Vaterländer der anderen verachtet.“

30 Jahre vorher hat ein anderer Bundespräsident und Sozialdemokrat auf die Frage, ob er diesen Staat denn nicht liebe, geantwortet: „Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“ Gustav Heinemann laut SPIEGEL vom 13. Januar 1969

Es gibt hier also grundverschiedene Auffassungen, wenn wir davon ausgehen können, dass Heinemann sehr wohl gewusst hat, der Begriff PATRIOTISMUS ist historisch belastet und mit dem Staatsbegriff gleichgesetzt worden.

Hierzu mein Essay »Des Deutschen Vaterland“ – Eine zeitgemäße Betrachtung«

„Dulce et decorum est pro patria mori.“ Süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben sang der römische Dichter Horaz. Er starb allerdings als alter Mann im Jahre acht vor unserer Zeitrechnung vermutlich im Bett. Auch wir sollten sterben: “für Führer, Volk und Vaterland”. Spätestens 1945. (Da hatte ich gerade mal 19 Jahre gelebt.)

„Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an!“ ließ ein deutscher Dichter einen Schweizer rufen: Schiller den Tell.

“Was ist des Deutschen Vaterland?“ fragte 1913 ein anderer Deutscher in einem Gedicht: E. M. Arndt.

“Mit Gott und Vaterland“ stand auf einem Kreuz aus weißem Blech, das auf Anordnung Friedrich Wilhelms III. ab 1813 jeder Landwehrmann an seiner Mütze tragen musste. Auf dem Koppelschloss stand lediglich: “Mit Gott“.

Max von Schneckenburger hingegen, dem das Mutterland offenbar mehr bedeutet hat, beschwichtigte seine Landsleute 1840: “Lieb Vaterland, magst ruhig sein.“

Und in den 1870er Jahren beschimpfte der deutsche Kaiser (oder war es Bismarck?) die Sozialdemokraten als “vaterlandslose Gesellen”, weil bei ihnen die Kriegstreiberische Politik der deutschen Herrenkaste auf Ablehnung stieß.

Ein „Vaterland“ ist ebenfalls die französische Fremdenlegion, auch wenn ich das nicht so empfunden habe, 1949-54, ein Vaterland „Vaterlandsloser“: “LEGIO PATRIA NOSTRA“ (Die Legion ist unser V.) …

Volltext oben verlinkt!

Mehr hierzu in diesem Blog unter dem Stichwort NATIONALISMUS

In der Frankfurter Rundschau fragt Stephan Hebel nach den Erscheinungsformen und Motiven der neuen Rechten:

„Nationalistische Denke ist nicht länger tabu. Die Mitte der Gesellschaft verliert sich im Ressentiment und schimpft nicht auf die Elite, der man doch so gerne angehören würde. Das Feindbild sind die Schwachen und Fremden.

Deutschland bewegt sich, und zwar nach rechts. Pegida ist sicher nicht die stärkste Bewegung, aber an Einfluss auf die öffentlichen Debatten hat sie manche Initiative mit breiterer Basis deutlich überrundet – begleitet von Wahlerfolgen ihrer Geistesverwandten von der AfD.

´Wir sind das Volk´ rufen sie in Dresden, als gäbe es im ´Volk` nicht mindestens ebenso viele Willkommensbefürworter wie Abschottungspropheten. Und sie verkehren den im Kern emanzipatorischen Ruf von 1989 ins Gegenteil…“

Volltext: Neue Rechte: Angst vor der Konkurrenz von „unten“

Das trifft sicherlich nicht auf alle Wähler/innen der AfD und Teilnehmer/innen an den Montags-Friedenswinter-Demonstrationen und nicht auf alle zu, die bei PEDIGA mitlaufen. Viele von ihnen sind Menschen, die sich von der Politik übergangen fühlen, Angst haben, von den Flüchtlingen überflutet zu werden und, ohne viel nachzudenken, denen folgen, die ihnen die einfachsten Problemlösungen bieten.

Stephan Hebel meint auch nicht sie, sondern die „geistigen Brandstifter und Anführer der Neonationalen“ mit „geschlossenen rassistischen Weltbildern“, die Wortführer von AfD, PEGIDA und den Montagsdemos, und folgert:

„Wer sich aber deren große Gefolgschaft erklären will, kommt mit dem Verweis auf verbreiteten Rassismus allein nicht weiter. Es ist zwar richtig, dass Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus oder Homophobie auch in der ´Mitte der Gesellschaft`  nie ausgestorben waren: Seit Jahren beziffern Studien das Potenzial an ´gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit` auf etwa 20 Prozent.“ Und fragt: „Aber wie konnten sich solche Strömungen in eine offen agierende Bewegung verwandeln, wie sich zu einer zumindest momentan erfolgreichen Partei formieren?“

Stephan Hebel  begnügt sich nicht mit schnellen Antworten, geht diesen Fragen auf den Grund und zitiert Soziologen, Historiker und andere Wissenschaftler/innen wie Cornelia Koppetsch: „Viele ´ganz normale Bürger´ hätten `die Spielregeln des Neoliberalismus längst verinnerlicht und erwarten nun auch von anderen Wettbewerbsgeist, Bereitschaft zur Selbstoptimierung und Disziplin. Wer sich dem nicht unterwirft, wird ausgegrenzt. (…) Man schimpft nicht mehr auf die Eliten, sondern möchte am liebsten selbst dazu gehören und grenzt sich nach unten ab.` Und ´unten´, da sind unter anderem ´die Fremden`.“

In der Weimarer Zeit stand der bürgerliche deutsch-völkische Nationalismus/Patriotismus in der Tradition des Kaiser-Reiches und ebnete dem so genannten Nationalsozialismus den Weg zur Macht. Heute erleben wir eine ähnliche Entwicklung. Und es sind nicht nur Mittelstandsbürger, die in ihrer Existenz gefährdet, sich nach einem starken Mann und einem starken, nämlich autoritären, im Grunde undemokratischen Staat sehnen, sondern auch viele, vor allem junge Menschen in prekären Verhältnissen, die zum ersten Mal überhaupt und dann die AfD gewählt haben und nicht die einzige Partei, die konsequent für eine soziale Wirtschafts- und Finanzpolitik eintritt und sich nicht kaufen lässt.

Der anachronistische  Antikommunismus steckt heute noch in vielen Köpfen und tabuisiert alles, was sich im politischen Spektrum links einordnet oder eingeordnet wird. Das Übrige besorgen die systemkonformen, mehr oder minder opportunistischen, vom Kapital abhängigen Medien, indem sie DIE LINKE dadurch klein halten, dass sie diese Partei aus dem demokratischen Disput und der Meinungsbildung nahezu ganz ausschließen.

Die linksliberale Frankfurter Rundschau ist eine der wenigen Ausnahmen. Eine Zeitung, die umfassend informiert und durch eine Vielfalt von Ansichten zur eigenen Meinungsbildung geradezu herausfordert.

 

Religion und Politik. Weitere Beiträge zur Islam-Kontroverse

Vorangestellt sei ein Leserbrief, der am 20.07.07 unter dem Titel „Zitate willkürlich interpretiert“ in der Recklinghäuser Zeitung erschienen ist:

– Von: Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen – Betr.: „Debatte hat erst begonnen“. Leserbrief von Georg Schliehe – RZ vom 13. Juli 2007

Georg Schliehes Islam-Kritik basiert u. a. auf einer umfangreichen Streitschrift anonymer Verfasser mit dem Titel „Das Islam-Prinzip“. Gemeint ist damit nicht etwa der islamistische Fundamentalismus, der seit einiger Zeit in der Türkei wieder Boden zu gewinnen und die Politik zu beherrschen versucht, sondern der Islam insgesamt, mithin auch der alevitische Islam und damit etwa ein Viertel der türkischen Bevölkerung. Gerade an diesem Beispiel zeigt sich die Absurdität des „Islam-Prinzips“.

Die Methode, mit der der Islam inkriminiert werden soll, ist dieselbe, die islamistische Fundamentalisten anwenden: Es werden Koranstellen aus Text- und Sinnzusammenhängen herausgerissen, es werden Zitate willkürlich interpretiert; es wird weder die „blumige“, nämlich poetische Sprache, in der der Koran verfasst ist, berücksichtigt, noch werden die Zeitbedingtheit, Ungenauigkeit und Vieldeutigkeit arabischer Wörter und daher auch die unterschiedlichen Übersetzungen, die Mentalität arabischer Völker, ihre Fabulierfreude und -kunst u. v. a. m. beachtet.

Schliehe und die anonymen Verfasser der Streitschrift warnen vor einer „schleichenden Islamisierung Deutschlands und Europas“. Die in der Mehrzahl türkischen Einwanderer waren aber bereits Muslime, und ihre hier Nachgeborenen sind es zumeist geblieben. Von massenhaften Übertritten „alt“deutscher und anderer Europäer zum Islam ist nichts bekannt. Oder meinen Schliehe und die Verfasser des Islam-Prinzips etwa, es drohe ein islamischer Gottesstaat Deutschland bzw. Europa? Auf solche abstrusen Gedanken kommt nicht einmal der zurzeit amtierende Bundesinnenminister.

RZ 20.07.07

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Sogar Lenin, der in seiner Kirchen- und Religionskritik nicht gerade zimperlich war und die „völlige Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche“ verlangt hat, sowie „die uneingeschränkte und vorbehaltlose Erklärung der Religion zur Privatsache“, sagte am 19. November 1918 auf einem Arbeiterinnenkongress:
„Im Kampf gegen religiöse Vorurteile muß man außerordentlich vorsichtig vorgehen; großen Schaden richtet dabei an, wer in diesem Kampf das religiöse Gefühl verletzt. (…) Die tiefsten Quellen religiöser Vorurteile sind Armut und Unwissenheit; eben diese Übel müssen wir bekämpfen.“

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[Religiöse] Glaubensfragen sollten psychologisch verstanden und philosophisch diskutiert werden. Verhindert werden muss jeder Versuch, eine Religion zu politisieren. Selbstverständlich trifft dies auch auf den Islam zu. Nur wäre es falsch, hier nicht zu differenzieren, nicht zu unterscheiden zwischen willkürlicher Exegese (Auslegung) religiöser Texte durch einige Geistliche, um damit Machtmissbrauch und Unterwerfung zu ermöglichen und zu rechtfertigen und – auf der anderen Seite − friedlicher (pazifistischer), Menschenfreundlicher und Weltoffener Religiosität.

1. Der KORAN – Aufklärung statt Verbote

(Ein Brief aus 2004)

Lieber …,

um es vorweg zu sagen:
Von Verboten halte ich nichts, denn sie bedeuten eine Entmündigung und sind, wie die Erfahrung zeigt, leicht zu unterlaufen. Eine absolut sichere Kontrolle ist in unserem Zeitalter der elektronischen Kommunikation unmöglich, es sei denn in einem totalen Überwachungsstaat, der das, was ein Staat schützen soll, die Freiheitsrechte – mithin das Recht auf Glaubens- und Gedankenfreiheit, das Recht auf Meinungsäußerung und –bildung, das Recht auf Selbstentfaltung usf. – abgeschafft hat.

Geistige Autonomie und Immunität können nicht dadurch entstehen, dass man anfällige, nämlich leichtgläubige und autoritätshörige Menschen auf Quarantäne setzt und versucht, sie von allem, was sie infizieren könnte, fernzuhalten, sondern allein durch eine zwar mühsame, langwierige, aber nachhaltig wirkende geistige Auseinandersetzung mit allem, was wir Menschen hervorbringen, kurz: durch eine umfassende Bildung und Aufklärung in allen Schichten und auf allen Ebenen der Gesellschaft.

Es hat lange Zeit gebraucht und viele Generationen haben sich schwer getan, bis der Humanismus, der Wert und Würde jedes einzelnen Menschen betont, das, was wir heute Menschenrechte nennen, in Westeuropa verbreitet war, im 14. und 15. Jh. Und es war nicht die Leitkultur des christlichen Abendlandes, an der sich der Humanismus orientiert hat, sondern die klassische Antike. Ebenso wie die Aufklärung des 17./18. Jh., deren Früchte viel Zeit zum Reifen gebraucht haben, bis am 26. August 1789 die Menschen- und Bürgerrechte in der französischen Nationalversammlung verkündet worden sind. Und auch heute sind diese Rechte im Bewusstsein der europäischen Völker noch nicht genügend verwurzelt und daher gefährdet.

Aufklärung ist keine einmalige Angelegenheit, die bestenfalls in der Schule stattfindet, sie ist ein permanenter Prozess, ein Lernprozess, der nie endet, denn stets von Neuem entsteht „Verdunkelungsgefahr“.

Mit den besten Grüßen aus dem Ruhrgebiet,
in dem es letztendlich immer wieder gelungen ist, EinwanderInnen trotz unterschiedlichster Ethnien und Kulturen in unsere Gesellschaft zu integrieren,
Dietrich Stahlbaum

2. Müssen wir anderen Völkern helfen,
sich aus der islamistischen Zwangsjacke zu befreien?

Das Völkerrecht verbietet, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Völker einzumischen. Menschenrechte verlangen dies, wenn sie missachtet werden. Die Frage ist, welche Art der Einmischung wäre gerechtfertigt? Das sollte von der Völkergemeinschaft, von den Vereinten Nationen (UN), geklärt und von Fall zu Fall entschieden werden.
Der Islamismus und der islamistisch begründete Terrorismus sind nicht zuletzt Folge einer Identitätskrise in den islamischen Ländern, hervorgerufen durch neokolonialistische Globalisierung und Korrumpierung arabischer Ölmagnaten durch westliche Staaten und Konzerne, in erster Linie US-amerikanischer und britischer. Viele Moslems sehen sich durch den Westen gedemütigt und von ihren eigenen Herrschern verraten. Sie sehen ihre Kultur durch unsere modernistische Zivilisation bedroht und geraten in den Bann fanatischer Mullahs, die ihnen das Paradies versprechen. Das macht sie gewaltbereit und gewalttätig bis zur Selbstaufopferung.

Was können wir dagegen tun? Da gibt es viele Möglichkeiten, auf politischer Ebene wie auf privater. Auf jeden Fall sollten wir uns mit allen Moslems und Moslimen, die sich von den alten patriarchalen, autoritären Strukturen des Islams befreit haben oder befreien wollen und Reformen anstreben, wie z. B. der marokkanische König und seine Frau, solidarisieren und sie, soweit möglich, unterstützen. Auch ist der Friedensnobelpreis 2003 an die iranische Bürgerrechtlerin Schirin Ebadi ein gutes Signal. Und wir müssen selber vorleben, was wir von anderen erwarten: demokratisches Verhalten, eine hoch entwickelte Kultur freier Diskussion und fairer Entscheidungen, gewaltfreien Umgang mit Konflikten und Toleranz.

3. Sind Religionen Brutstätten der Gewalt? Oder machen sie gegen Gewalt immun? Ethik und Gewalt, Spiritualität und Gewalt, Geist und Macht, besser gesagt: UNGEIST und Macht

…und andere Beiträge aus dem ZEITFRAGENFORUM (HP) zum Thema RELIGIONEN
http://www.mx-action.de/dietrich/Einleitung_und_Themen/Religionen/religionen.html

Externe Beiträge:

Der aufgeklärte Islam hat das Wort
http://www.arte.tv/de/geschichte-gesellschaft/Aufgeklaerter-Islam/TV-Programm/1626714.html

Heba Raouf Ezzat: „Leider stimmt es, dass der Islam missbraucht wird. Aber auch Liberale oder Sozialisten missbrauchen ihre Ideologien. In unserem globalen Zeitalter müssen wir uns über Ideologien, Religionen und Kulturen hinwegsetzen und uns gemeinsam vor Extremisten jeder Art schützen. Durch konstruktive Debatten könnten wir demokratische Erfahrungen sammeln, die Hegemonie und Arroganz in unserer Welt wegfegen würden und dem Islam erlaubte, seine Botschaft der Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und der wiederzuerlangen.“

Heba Raouf Ezzat ist Dozentin für Politologie und Wirtschaft an der Universität in Kairo, Ägypten. Sie ist in ihrem Heimatland bekannt als gemäßigte Islamistin, Publizistin und Frauenrechtsaktivistin. Sie arbeitet außerdem als Beraterin für den Internetdienst IslamOnline.net, in der englischsprachigen Abteilung. Sie berät in Fragen des zeitgenössischen Islam und der Politikwissenschaften. ber
[Frankfurter Rundschau 04.10.2004]

Anhang:

Aus Koran und Bibel

In der Koran-Ausgabe, die ich besitze [Übersetzung des anerkannten jüdischen Religionswissenschaftlers Lazarus Goldschmidt aus dem Jahre 1920, neu erschienen beim Komer Verlag, Frechen 2000], steht z. B. in der Sure 3,110: „Die an Gott glauben und an den Jüngsten Tag, Fug gebieten, Böses verhindern und im Guten eifrig sind. Diese sind die Rechtschaffenen.“

Gemeint sind die „Schriftleute“, die Schriftgelehrten oder Schriftkundigen! Vorher heißt es nämlich: „Unter ihnen gibt es Gläubige, aber die meisten ihrer sind Gottlose.“ [Sure 3/107]
„Sie sind aber nicht gleich. Und unter den Schriftleuten gibt es eine rechtschaffene Gemeinde (…)“ [Sure 3/109]

Dagegen heißt es im Neuen Testament, Lutherübersetzung): „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.“ [Matthäus 10,34-39]

Sure 4/34 in meiner Ausgabe:
„Wer dies in Frevelhaftigkeit und Ungerechtigkeit tut, den braten wir einst im Fegefeuer; und leicht ist dies für Gott.“

Gemeint ist hier der Umgang mit den „Weibern“ und mit dem ererbten Vermögen.

N. T. Paulusbrief an die Korinther:
„Der Mann aber soll [beim Beten] sein Haupt nicht bedecken, denn er ist Gottes Bild und Abglanz; die Frau aber ist des Mannes Abglanz. Denn Der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib vom Manne. Und der Mann ist nicht geschaffen um des Weibes willen, sondern das Weib um des Mannes willen. Darum soll die Frau eine Macht [Anmerkung: „bedeutet wohl: Schleier“] auf dem Haupte haben um der Engel (!) willen.“ [Kor. 11,7-10]
Im A. T. heißt es: „Die Frau sei dem Manne untertan.“ (Aus dem Gedächtnis)

Die (weltweite) Verbreitung des Christentums war, wie in Deschners Kriminalgeschichte nachzulesen ist, alles andere als eine friedliche und Menschenfreundliche. Die Verbreitung des Islams dagegen war es, wo es durch den Handel und Kulturaustausch geschah. Zum Beispiel in Spanien.

Ergänzungen:

Neue Studie widerlegt Schliehe, WIR & Co:

„Mehr Muslime, besser integriert“

Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge:

In Deutschland leben deutlich mehr Muslime als bisher geschätzt. Nach einer neuen Studie wohnen zwischen 3,8 Millionen und 4,3 Millionen in der Bundesrepublik, was einem Anteil an der Gesamtbevölkerung von rund fünf Prozent entspricht. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der repräsentativen Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“, die das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz erstellt hat.

Bisher waren die Behörden von 3 bis 3,5 Millionen Menschen muslimischen Glaubens ausgegangen. Laut der Studie haben 45 Prozent der in der Bundesrepublik lebenden Muslime ausländischer Herkunft einen deutschen Pass.

Integration besser als angenommen…

Die Integration der Muslime in die Gesellschaft ist nach den Erkenntnissen der Studie besser als vielfach angenommen. So sind zum Beispiel mehr als die Hälfte der Muslime Mitglied in einem deutschen Verein. Die Untersuchung bestätigt aber auch Defizite bei der sprachlichen Integration.

Generell weisen Muslime niedrigere Integrationswerte auf als Angehörige anderer Religionen aus denselben Herkunftsländern. Die Autoren der Studie schlagen deshalb vor, vorschulische, schulische und außerschulische Förderung der muslimischen Migranten konsequent voranzutreiben.

… deutliche Defizite bei türkischen Migranten

Deutliche Integrationsdefizite gibt es auch bei der großen Gruppe der türkischen Migranten, die bei der Schulbildung schlecht abschneiden. Dies ist teilweise auf die extrem schlechten Werte der türkischen Frauen der ersten Zuwanderergeneration zurückzuführen. In Deutschland geborene Muslime (die sogenannte zweite Generation) sind insgesamt deutlich besser integriert als ihre Eltern, die häufig aus bildungsfernen Schichten stammen.

Viele Muslime sehen sich als gläubig

Die Mehrheit der Muslime bezeichnet sich selbst als gläubig. Ein gutes Drittel stuft sich als „stark gläubig“, die Hälfte als „eher gläubig“ ein. Knapp 14 Prozent gaben an, „eher nicht“ oder „gar nicht“ zu glauben. In religiösen Vereinigungen oder Gemeinden ist allerdings nur eine Minderheit aktiv.

Religiöse Veranstaltungen besucht nur ein gutes Drittel „häufig“, die Mehrheit „selten oder nie“, wobei Frauen häufiger als Männer fernbleiben. Der Wunsch nach einem islamischen Religionsunterricht ist indes stark. 76 Prozent sprechen sich dafür aus. Das in der Öffentlichkeit besonders umstrittene Kopftuch tragen 70 Prozent der muslimischen Frauen nie. Der Unterschied zwischen der ersten und zweiten Generation ist hier gering, wobei ein Viertel der zuerst zugewanderten Musliminnen immer ein Kopftuch umbindet.

Fast alle Muslime leben in den alten Ländern

Diese erste repräsentative Studie belegt in den Augen der Autoren die Vielfältigkeit des muslimischen Lebens in Deutschland. Es wurden 6004 Personen ab 16 Jahren aus 49 muslimisch geprägten Herkunftsländern zu Religion und Integration befragt. Mit den Angaben über Haushaltsmitglieder stützt sich die Auswertung auf fast 17.000 Personen. Fast alle Muslime (98 Prozent) leben in den alten Bundesländern einschließlich des Ostens Berlins.

[ARD-Tagesschau vom 23.06.2009 22:08 Uhr]

Ergänzend aus der Frankfurter Rundschau:

„Die gern mit Allgemeinvertretungsanspruch auftretenden muslimischen Dachverbände sprechen nur für knapp 25 Prozent der Muslime hierzulande.“ [FR vom 24.06.2009]

Volltext → http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1809326&

Von blog.de (21. 06. 2009) übernommen.

Islam / Islamismus / Faschismus

Wenn man den Faschismus / Nationalsozialismus auf die heutige Politik bezieht, muss man wissen, wovon man redet, d. h. man muss mit seiner Geschichte und Ideologie einigermaßen vertraut sein. Kaum bekannt ist z. B., dass so namhafte Araber wie Hadji Mohammed Amin el Hussein, der „Großmufti von Jerusalem“, und seine Anhänger Hitler verehrt und dem Naziregime gedient haben, dass Rommels Truppe in Nordafrika ihre Anfangserfolge nicht zuletzt arabischer Hilfe verdankt, dass es Muslime waren, die den Holocaust begrüßt haben. Dem Afrikakorps auf dem Fuße gefolgt sind – das wurde erst kürzlich bekannt – Gestapokommandos, die mit Wissen Rommels Jüdinnen und Juden aufgetrieben, zusammengetrieben und ermordet haben.

Ein anderer Artikel von mir befasst sich mit der Frage:

Müssen wir anderen Völkern helfen,
sich aus der islamistischen Zwangsjacke zu befreien?

Das Völkerrecht verbietet, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Völker einzumischen. Menschenrechte verlangen dies, wenn sie missachtet werden. Die Frage ist, welche Art der Einmischung wäre gerechtfertigt? Das sollte von der Völkergemeinschaft, von den Vereinten Nationen (UN), geklärt und von Fall zu Fall entschieden werden.
Der Islamismus und der islamistisch begründete Terrorismus sind nicht zuletzt Folge einer Identitätskrise in den islamischen Ländern, hervorgerufen durch neokolonialistische Globalisierung und Korrumpierung arabischer Ölmagnaten durch westliche Staaten und Konzerne, in erster Linie US-amerikanischer und britischer. Viele Moslems sehen sich durch den Westen gedemütigt und von ihren eigenen Herrschern verraten. Sie sehen ihre Kultur durch unsere modernistische Zivilisation bedroht und geraten in den Bann fanatischer Mullahs, die ihnen das Paradies versprechen. Das macht sie gewaltbereit und gewalttätig bis zur Selbstaufopferung.

Was können wir dagegen tun? Da gibt es viele Möglichkeiten, auf politischer Ebene wie auf privater. Auf jeden Fall sollten wir uns mit allen Muslimen, die sich von den alten patriarchalen, autoritären Strukturen des Islams befreit haben oder befreien wollen und Reformen anstreben, wie z. B. der marokkanische König und seine Frau, solidarisieren und sie, soweit möglich, unterstützen. Auch ist der Friedensnobelpreis 2003 an die iranische Bürgerrechtlerin Schirin Ebadi ein gutes Signal. Und wir müssen selber vorleben, was wir von anderen erwarten: demokratisches Verhalten, eine hoch entwickelte Kultur freier Diskussion und fairer Entscheidungen, gewaltfreien Umgang mit Konflikten und Toleranz.
[In: GEWALT/-FREIHEIT im ZEITFRAGENFORUM → http://www.dietrichstahlbaum.de ]

Von blog.de (20. 06. 2007) übernommen.