Wilhelm Neurohr: „Schweigt die Friedensbewegung zur privaten „Münchener Sicherheitskonferenz?“

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, zur Berichterstattung über die Münchener Sicherheitskonferenz:

„Schweigt die Friedensbewegung zur privaten „Münchener Sicherheitskonferenz?“

Die Berichte über die so genannte „Münchener Sicherheitskonferenz“ (früher hieß sie ehrlicherweise „Wehrkundetagung“ der Militärexperten und Rüstungslobby) und zuvor über den „Weltwirtschaftsgipfel von Davos“ offenbaren  uns eine äußerst bedenkliche Tendenz, die alle Demokraten eigentlich wachrütteln sollte: Nicht mehr die dafür eigentlich zuständigen und demokratisch legitimierten Gremien etwa der UN oder der EU organisieren offiziell den internationalen politischen Dialog über globale Wirtschafts- oder Friedensfragen. Sondern zunehmend sind es privat organisierte inoffizielle Großveranstaltungen auf Initiative von Wirtschafts- und Rüstungslobbyisten, die den erlauchten Teilnehmerkreis und die Themen bestimmen.  Stolz brüsten sie sich damit, diese Privatkonferenzen zu den „bedeutendsten informellen Foren“ der „Eliten“ aufgewertet zu haben, mit denen sie die offiziellen Gipfelkonferenzen der Staats- und Regierungschefs in den Schatten stellen.

Und sie bestimmen auch, welche ausgewählten Politiker – diesmal Einhundert an der Zahl – bedeutend genug sind, um von Ihnen exklusiv und selektiv eingeladen und als Redner auserkoren zu werden, nebst der Überzahl der diesmal 400 selbst ernannten zahlreichen Teilnehmern aus Wirtschaft, Lobbyverbänden, Militär und sogar Geheimdiensten. Die so geschmeichelten Politiker geben sich dort gerne die Klinke in die Hand auf den illustren Treffen, so dass auch die Medien meist unkritisch diese von staatlichen Sicherheitskräften bewachten jährlichen privaten Großveranstaltungen wie offizielle internationale Staatskonferenzen oder Wirtschaftsgipfel behandeln. Damit gehen sie alle den Interessengruppen auf den Leim und belegen die enge Verquickung zwischen Politik, Wirtschaft und Militär sowie Medienschaffenden. Nicht zuletzt geben sie damit sogar den „Verschwörungstheoretikern“ neue Nahrung, denn deren Behauptung, dass die eigentlichen politischen Entscheidungen in solchen hochkarätigen „informellen“ Zirkeln vorbereitet werden statt in den gewählten Parlamenten oder durch das Volk als Souverän, erscheint plötzlich nicht so abwegig. Nickt der Bundestag nur noch die ausgetauschten Militär-Strategien der privaten „Sicherheitskonferenz“ ab und akzeptiert die neue teure Rüstungsspirale?

Gerade die letzten drei Münchener Sicherheitskonferenzen von 2016 und 2018 haben ohne begleitende Parlamentsdebatten oder öffentlichen Diskurs bedenkliche Militär- und rüstungspolitische Vorentscheidungen als Paradigmenwechsel politisch unwidersprochen präjudiziert. Die derzeit nur geschäftsführende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, im Vorjahr in München flankiert vom damaligen Außenminister Steinmeier und Bundespräsidenten Gauck, legt sich  in München erneut auf deutsche Auf- und Nachrüstungsverpflichtungen in nie dagewesener Höhe mit haushaltspolitischer Priorität fest. Zugleich definiert sie mit markigen Worten, am Grundgesetz meines Erachtens vorbei,  eine ganz neue militärische Rolle Deutschlands und Europas. Wen interessiert es, dass Umfragen zufolge über 70% der Deutschen sich gegen eine weitere Aufrüstung und Erhöhung des Verteidigungsetats aussprechen?

Mit einer europäischen Armee neben der NATO in einer „europäischen Militärunion“, wie kürzlich von der EU-Exekutive (am Bundestag vorbei) beschlossen,  wird die Militarisierung der Europapolitik vorangetrieben statt eine neue Abrüstungsinitiative zu starten oder Entspannungspolitik mit dem Osten. Stattdessen das Motto der 1950-er Jahre: „Wenn die Russen kommen…“. Alles läuft auf einen neuen „kalten Krieg“ hinaus, wie schon in der „Sicherheitspolitischen Agenda“ der Bertelsmann-Stiftung im Auftrag der EU vor Jahren entwickelt und empfohlen.  Demgemäß der markige Originalton von der Leyen in München: „Deutschland braucht mehr militärisches Gewicht und darf sich nicht hinter seiner Geschichte verstecken, sondern muss akzeptieren, dass unsere Soldatinnen und Soldaten auch tatsächlich eingesetzt werden, um für Sicherheit und Freiheit zu kämpfen.“ Erschreckend ist das Schweigen der Zivilgesellschaft und der kaum noch existenten Friedenbewegung dazu.                                                                                            

Wilhelm Neurohr

Wilhelm Neurohr: „Geschäftsführende Bundesminister überschreiten ihre Kompetenzen“

Leserbrief an das Medienhaus Bauer zur aktuellen Berichterstattung über spektakuläre  Regierungsaktivitäten:

 „Geschäftsführende Bundesminister überschreiten ihre Kompetenzen“

Sprachlos nehmen wir als Bürger aktuell die überraschenden Alleingänge und „aktionistischen Schnellschüsse“ einiger Bundesminister aus der momentanen „Übergangsregierung“ zur Kenntnis: Obwohl sie nur noch „geschäftsführend“ amtieren bis zur Bildung einer neuen Koalitionsregierung mit parlamentarischer Mehrheit, haben sie sich offenbar selber dazu ermächtigt, vorher bereits vollendete Tatsachen zu schaffen  und erhebliche Haushaltsverpflichtungen auszulösen – alles ohne vorherige Parlamentsbeteiligung und ohne einen öffentlichen Diskurs mit der Bevölkerung und den Kommunen, von wegen „parlamentarische Demokratie“. Der Artikel 69 des Grundgesetzes legt nach Auffassung von Verfassungsrechtlern einer nur geschäftsführenden Übergangsregierung größtmögliche politische Zurückhaltung auf. Vor allem darf sie keine Entscheidungen und Beschlüsse treffen, die eine Nachfolgeregierung binden oder erhebliche  haushaltswirksame Ausgaben nach sich ziehen – genau das aber passiert derzeit. Die geschäftsführenden Bundesminister überschreiten ihre Kompetenzen!

Die Rede ist einerseits von der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit ihrer alleinigen Festlegung für eine neue militärische NATO-Logistik- und Kommandozentrale in Deutschland am Standort Bonn – als Hauptquartier für die Koordination und Planung der Truppen- und Materialtransporte in Europa – mit erheblichen Kostensteigerungen für den deutschen Verteidigungshaushalt! Zum anderen von dem Trio Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) mit ihrer unausgegorenen Festlegung gegenüber der EU-Kommission für kostenfreien ÖPNV in lediglich 5 von Ihnen ausgesuchten Modellstädten – derweil in über 70 bundesdeutschen Ballungsräumen die Grenzwerte der Schadstoffbelastung regelmäßig überschritten werden. (Dort bleiben einstweilen arbeitslose Schwarzfahrer, die ihr Strafgeld nicht zahlen können, im Knast…).

Es handelt sich also dabei um einen noch völlig unabgestimmten Vorstoß, einerseits  zur Kostenentlastung der Autoindustrie bei deren verweigerter Diesel-Umrüstung und zur Vermeidung von Diesel-Fahrverboten nunmehr durch Verkehrsverlagerung, ohne die Automobilkonzerne (wohl aber die Kommunen) an den erhöhten Kosten für den ticketfreien  ÖPNV zu beteiligen. Andererseits zur Besänftigung des EU-Umweltkommissars, der Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der jahrlangen Grenzwertüberschreitung bei den gesundheitsschädigenden Luftschadstoffen verklagen will. Immerhin haben diese zu  bislang 70.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland und 400.000 europaweit geführt – insofern verwunderlich, dass noch kein Bürger die Regierung wegen Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung oder sogar „Meineid“ verklagt hat, da sie laut Amtseid geschworen haben, „Schaden vom Volk abzuwenden“. Doch dieser Eid ist leider juristisch „nicht strafbewehrt“ und damit quasi unverbindlich.

Als bereits in den 1970-er Jahren die Jusos spektakulär den  Nulltarif beim ÖPNV gefordert hatten und 1980 ebenfalls die Grünen diese sinnvolle Idee sogar mit einem Praxisversuch in einem Freiburger Stadtteil forcierten, sowie zuletzt  auch die Piratenpartei dies forderte, wurde das von den großen Parteien als „unbezahlbare Utopie und Wunschdenken“ abgetan. Dabei verlangen längst mehr als hundert Städte und Regionen weltweit, darunter auch in Estland die Hauptstadt Tallin, kein Geld für den öffentlichen Nahverkehr. Würde man in  Deutschland den billigen Diesel-Treibstoff ebenso besteuern wie Benzin, hätte man bereits 8 Mrd. € zur Halbierung der Ticketpreise, so haben Verkehrsexperten errechnet. Das aber sieht der wirkungslose Vorstoß der Minister-Trios nicht vor, sondern man will lieber den Bundeshaushalt und die Kommunen belasten – geschäftsführend….

 

Wilhelm Neurohr: Die Koalition der Rüstungslobbyisten „GABRIEL WANDELT SICH ERNEUT VOM SAULUS ZUM PAULUS“

Raketen
Collage mit dem Holzschnitt „Die Mutter“ von Käthe Kollwitz

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, zur Berichterstattung über Gabriels „Sorge vor Atombewaffnung“:

 Die Koalition der Rüstungslobbyisten

„GABRIEL WANDELT SICH ERNEUT VOM SAULUS ZUM PAULUS“

 „Waffenexporte sind Exporte des Todes“. Diese Aussage stammt vom Friedensnobelpreisträger Willy Brandt, dem großen Vorbild aller nachfolgenden SPD-Vorsitzenden. Das hat der Ex-SPD-Vorsitzende und jetzige kommissarische SPD-Außenminister Sigmar Gabriel offenbar nicht verinnerlicht. Denn in seiner Zeit als SPD-Wirtschaftsminister in der letzten GroKo waren die Rüstungsexporte im Wert von 6,24 Mrd. € so hoch wie nie zuvor, berichteten uns jüngst die Medien. Insbesondere die Waffenverkäufe in Drittstaaten und Krisengebiete außerhalb der EU und NATO machten 2017 mit 3,8 Mrd. € über 60 Prozent aller Waffenexporte aus. Deutschland ist drittgrößter Waffenexporteur und hinzu kommen demnächst noch die Aufrüstungsverpflichtungen durch die gerade neu gegründete „Europäische Militärunion“ der EU.

Dabei hatte Sigmar Gabriel  noch 2014 vollmundig versprochen, Deutschlands Rüstungsexporte zu reduzieren und stärker zu kontrollieren, mit der Begründung in Anlehnung an Willy Brandt:  „Wenn man die Waffen in die falschen Regionen gibt, kann es zu einem Geschäft mit dem Tod werden“. Dessen ungeachtet hatte er dann laut Presse beim Privatbesuch seines türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Goslar die umfangreiche Modernisierung der türkischen Leopard-Panzer durch den Deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall versprochen, der schon im letzten Jahr 13 Prozent Umsatzsteigerung verbuchte.

Dafür haben zweifellos auch die beiden Rheinmetall-Lobbyisten Dirk Niebel (ehemaliger FDP-Entwicklungshilfeminister und seit 2014 Rheinmetall-Cheflobbyist) und Franz Josef Jung (ehemaliger CDU-Verteidigungsminister und seit 2017 Aufsichtsrat bei Rheinmetall) mit gesorgt, die als „Seitenwechsler“ aus der Politik dorthin gewechselt haben. Aber auch der frühere SPD-Staatssekretär im SPD-Bundeswirtschaftsministerium und frühere Chef der NRW-Staatskanzlei unter Clement, Georg Wilhelm Adamowitsch (SPD), betätigte sich bis Juli 2017 als oberster deutscher Rüstungslobbyist, nämlich als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV). Also eine schwarz-rot-gelbe Koalition der politischen Rüstungslobbyisten in einmütiger Mission, verborgen vor der kritischen Öffentlichkeit.

Entrüstet sehen wir daraufhin  im Fernsehen deutsche Gewehre und Panzer aktuell beim Kriegseinsatz der Türkei gegen die Kurden in Syrien, deren mutiger Einsatz als Bodentruppen im Bündnis mit dem  NATO-Partner USA  die IS-Kämpfer vertrieben hatte. „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan?“

Der Gipfel der Scheinheiligkeit ist jedoch das ganz aktuelle Ablenkungsmanöver von Noch-Außenminister Sigmar Gabriel zu diesem Skandal, indem er jetzt besorgt die Stirn runzelt: Lauthals kritisiert er „im Sinne der besorgten Bürger“ die US-Pläne für neue Atomwaffen und warnt vor einer Spirale eines neuen Wettrüstens,  mit dem der Frieden in Europa bedroht wird. So hat er sich erneut vom Saulus zum Paulus gewandelt. Denn in Wirklichkeit hat er mit seiner GroKo in 2017 zusammen mit den Atommächten die Unterzeichnung  des UN-Atomwaffenverbotsvertrages von 122 Staaten durch Deutschland verweigert. Auch der vom deutschen Bundestag 2010 mit großer Mehrheit gefasste gültige Beschluss zum Abzug der letzten noch verbliebenen US-Atomwaffen aus Deutschland (Büchel in der Pfalz), die Trump jetzt modernisieren will, wurde einfach nicht umgesetzt. Dieser unglaubwürdige Vizekanzler darf nie wieder ein hohes Regierungsamt bekleiden!

Wilhelm Neurohr

Wilhelm Neurohr: „EUROPÄISCHE VERTEIDIGUNGSUNION EIN VERKAPPTES RÜSTUNGSPROJEKT?“

Leserbrief an die Recklinghäuser Zeitung. Betr:. Bericht über die Europäische Verteidigungsunion (EU-Gipfel)

 „EUROPÄISCHE VERTEIDIGUNGSUNION

EIN VERKAPPTES RÜSTUNGSPROJEKT?“

Ohne vorherigen öffentlichen Diskurs wurde auf dem letzten EU-Gipfel in diesem Jahr mit  aktuellem Verweis auf Trump und Putin die „Europäische Verteidigungsunion“ von 24 EU-Staaten aus der Taufe gehoben  – wohl auch in der Hoffnung, mit dem gemeinsamen militärischen Engagement als Klammer einem weiteren Auseinanderdriften der EU-Nationalstaaten vorzubeugen.

In Wirklichkeit ist die Idee zu diesem Vorhaben schon Jahrzehnte alt und seither mit eigenen schnellen EU-Eingreifruppen neben der NATO längst vorbereitet worden. Zwar erklärt man eine europäische Armee zum Tabu, weil man keine Doppelstrukturen mit der NATO will, aber die Anzahl und Größe schneller EU-Eingreiftruppen soll erheblich wachsen.

Vor allem wird der  Öffentlichkeit verschwiegen, dass dies mit einer verbindlichen und kostenträchtigen  Aufrüstungsverpflichtung einhergeht sowie mit gleichzeitigem Abschied von jedweden Abrüstungsbemühungen – beginnend mit einem europäischen Verteidigungsfond von 5 Mrd. € und späteren Aufstockungen  aus nationalen Mitteln.

Deutlich mehr Geld für Militär und Rüstung ist deshalb aktuell ein zentrales Thema in der EU (als Friedensnobelpreisträger 2012), das in der öffentlichen Debatte leider untergeht.

Das kommt vor allem der deutschen Rüstungsindustrie zugute, die laut aktueller Veröffentlichung des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes (Sipri) erhebliche Umsatzsteigerungen verzeichnet, allein 13% Plus bei Krauss-Maffai und Rheinmetall. Bekanntlich sind sowohl der ehemalige deutsche Verteidigungsminister Jung (CDU) als auch  der ehemalige Entwicklungshilfeminister Niebel (FDP) als Seitenwechsler nunmehr Lobbyisten bei Rheinmetall.

Schon derzeit geben die europäischen Nato-Länder mit 250 Mrd. € oder 237 Mrd. Dollar ein Vielfaches fürs Militär aus als Russland, wo die Militärausgaben nur 69 Mrd. Dollar betragen bzw. 75 Mrd. Dollar in der gesamten russischen Föderation in Osteuropa. Allein die beiden EU-Länder Deutschland und Frankreich wenden zusammen 97 Mrd. € fürs Militär auf, also deutlich mehr als Russland mit 61 Mrd. €, das seine Rüstungsausgaben sogar kürzt (alles Stand 2016, Statistik-Portal „Statista“ und FAZ vom 24.03.2017). Die EU dreht also kräftig an der Rüstungsspirale.

Auf ihrem Jubiläumsgipfel in Rom, anlässlich des 60-jährigen Bestehens der kriselnden EU, hat deshalb die EU-Spitze vierZiele für die nächsten Jahre beschlossen, darunter das wohl wichtigste Ziel: „Ein stärkeres Europa in der Welt mit internationalen Partnerschaften, das dazu beiträgt, eine stärker wettbewerbsfähige und integrierte Verteidigungsindustrie zu schaffen.“ Ist also die „Europäische Verteidigungsunion“ in Wirklichkeit ein verkapptes Rüstungsprojekt gigantischen Ausmaßes?

Schon der Art. 42 des gültigen Lissabonner EU-Grundlagenvertrages von 2009 sieht jährliche Aufrüstungsverpflichtungen und deren Kontrolle durch die europäische Verteidigungsagentur (EDA) vor. Jüngst wurde von den meisten EU-Staaten einschließlich Deutschland folglich auch die Unterzeichnung des UN-Atomwaffenverbotsvertrages verweigert, der von 122 Staaten weltweit unterstützt wird. (Die zivilgesellschaftlichen Initiatoren erhielten dafür gerade den Friedennobelpreis). Ein gültiger, aber nie umgesetzter Beschluss des deutschen Bundestages von 2010 für den Abzug der letzten US-Atomwaffen in Deutschland (Büchel in der Pfalz)  wurde von der großen Koalitionsregierung einfach unter den Tisch gekehrt.

Warum wird das nicht Thema der Koalitions-Sondierungen zwischen SPD und CDU? Schließlich war die SPD mal die Partei des Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt, der um Abrüstung und Entspannung bemüht war und den kalten Krieg mit dem Osten beendete, der jetzt wieder auflebt…

Wilhelm Neurohr (Haltern am See)

BUCHTIPP: Jean Ziegler: Der schmale Grat der Hoffnung. Meine gewonnenen und verlorenen Kämpfe und die, die wir gemeinsam gewinnen werden

Klappentext:

Seit vielen Jahren setzt sich Jean Ziegler im Auftrag der Vereinten Nationen mit all seinen Kräften für die Menschen ein, die Frantz Fanon die Verdammten der Erde genannt hat. Zunächst als UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, dann als Vize-Präsident des Beratenden Ausschusses des Menschenrechtsrats kämpft er gegen Hunger und Unterernährung, für Menschenrechte, für Frieden.

Von diesen Kämpfen, seinen Erfolgen – aber auch den Niederlagen – berichtet Jean Ziegler aus unmittelbarer Erfahrung, beleuchtet die imperialen Machenschaften hinter den demokratischen Kulissen, analysiert die Strategien der Beutejäger des globalisierten Finanzkapitals. In Sieg und Niederlage fragt sich der unversöhnliche Zeitzeuge angesichts der mörderischen Spiele der Mächtigen dieser Welt: Was können wir tun, damit die von Roosevelt und Churchill inspirierte Vision einer Weltorganisation politische Praxis wird und die Vereinten Nationen instand gesetzt werden, den Frieden, die Menschenrechte und den Völkern der Welt ein Existenzminimum zu sichern?

Nicht zuletzt übermittelt uns der unbeirrbare Streiter für Recht und Gerechtigkeit mit diesem lebendigen, leidenschaftlichen und sehr persönlichen Buch eine Botschaft der Hoffnung

C. Bertelsmann Verlag (13. März 2017), gebundene Ausgabe: 320 Seiten – EUR 19,99

ISBN-10: 3570103285 ·  ISBN-13: 978-3570103289

Siehe auch: Jean Ziegler „Der planetarische Klassenkampf ist in der Endphase“

Der Soziologe und Autor Jean Ziegler über die „kannibalische Weltordnung“ und die „Proto-Faschisten der AfD“.  Interview in der Frankfurter Rundschau vom 27.03.2017.

Wilhelm Neurohr: „WILL DEUTSCHLAND OPTION FÜR ATOMBEWAFFNUNG?“

Raketen

Collage mit dem Holzschnitt „Die Mutter“ von Käthe Kollwitz

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Politikredaktion:

 „WILL  DEUTSCHLAND  OPTION  FÜR  ATOMBEWAFFNUNG?“

 Sind die regierenden Koalitionsparteien in Deutschland von allen guten Geistern verlassen? Die am 27. März begonnenen Verhandlungen der UNO-Generalversammlung mit 130 Staaten über ein vollständiges Verbot der Atomwaffen weltweit wurden von der Bundesrepublik Deutschland nicht unterstützt, sondern boykottiert! Ihre Ablehnung von atomaren Abrüstungs-Verhandlungen wollte die deutsche Regierung sogar mit einer Protestnote untermauern.

Was ist das im Superwahljahr für ein erschreckendes  Signal des humanitären Deutschland an die Weltgemeinschaft, ganz ohne vorherige öffentliche Diskussion und Bürgerbeteiligung? Damit folgte unsere Regierung willfährig der Ablehnung der fünf offiziellen Atomwaffenmächte USA, Russland, Großbritannien und Frankreich, während sich China sogar für ein Verbotsabkommen ausgesprochen hat. Will sich Deutschland damit eine Option für atomare Aufrüstung offenhalten, nachdem man sich neuerdings zur „führenden Macht in Europa“ erklärt, mit dem dazu „notwendigen“ militärischen Engagement seit den entsprechenden Bekundungen auf der „Münchener Sicherheitskonferenz“?

Dies erfuhren die Zeitungsleser und Fernsehzuschauer vorige Woche alles nur so nebenbei in den Nachrichten unter „ferner liefen“. Für die politischen Talkshows war dieses skandalöse Verhalten der deutschen Regierung  überhaupt kein Thema, denn dort waren die „Regionalwahlen“ im Saarland – mit nur wenig mehr Einwohnern als der Kreis Recklinghausen – das dominierende Tagesthema als willkommene Ablenkung. Offensichtlich wollte man keine neue  Friedensbewegung im Superwahljahr 2017 aufwecken, wie seinerzeit 1958, als Hunderttausende gegen die von Bundesverteidigungsminister Franz-Josef-Strauß geplante atomare Bewaffnung der Bundesrepublik und der NATO auf die Straße gingen. Schon zwischen 1950 und 1955 wollten die Bundesbürger überhaupt keine Wiederbewaffnung ihrer Republik.

Vorausgegangen war dem Atomstreit damals die auslösende „Göttinger Erklärung“ von  18 renommierten deutschen Physikern sowie eine entlarvte Lüge des damaligen Bundeskanzlers Adenauer sowie der Rücktritt von Bundesinnenminister Gustav Heinemann. Nur zu gut hatten sich die Menschen an die Folgen von Atomwaffeneinsätzen in Hiroshima und Nagasaki erinnert. Nun also 72 Jahre später ein neuer Versuch und Anlauf, sich für die Zukunft eine Hintertür aufzuhalten für eine atomare Bewaffnung in Deutschland und Europa, über die Atommächte England und Frankreich hinaus? Warum wird die UNO sonst in ihrem atomaren Abrüstungsbemühen geschwächt statt unterstützt?

Generell ist ja in Deutschland, als einem führenden Waffenexporteur,  das Thema Abrüstung seit Jahren komplett von der Tagesordnung und aus dem Bundeswehr-Weißbuch genommen worden zugunsten massiver Aufrüstung mit aufgestocktem  Verteidigungsetat. Der neue „kalte Krieg“ mit Russland und die fernen Auslandseinsätze in aller Welt werden dafür als fadenscheinige Begründung angeführt. Und das unter SPD-Außenministern Steinmeier und Gabriel? Der Friedensnobelpreisträger Willy Brandt würde sich im Grab umdrehen, so kommentierte die „taz“, wenn er miterleben müsste, wie sich seine Genossen  drehen und wenden, um ihre Ablehnungs- und Verweigerungshaltung zu rechtfertigen….

Doch darin hat Deutschland gute Übung. Schon  bei der Unterzeichnung der UNO-Konvention zur Ächtung von Streumunition und Landminen 2008 tat sich das zögerliche Deutschland mit der Unterzeichnung zunächst schwer. Und die UNO-Konvention gegen Abgeordnetenbestechung  hatte Deutschland erst  11 Jahre später, als einer der letzten Staaten nach Nordkorea und Libyen, widerstrebend unterzeichnet… Man kann nur hoffen, dass jetzt die Friedensbewegung wieder aufersteht und den Aufrüstungsparteien den Wahlkampf verdirbt!

Wilhelm Neurohr

Günter Meyer: Syrien-Krieg – „Hauptverantwortung liegt bei den USA“

Syrien-Krieg – „Hauptverantwortung liegt bei den USA“

Wenn man nach Verantwortung fragt, dann liegt diese bei den Assad-Gegnern“, sagt Günter Meyer.

Für seine Luftangriffe auf Aleppo und die Blockade im UN-Sicherheitsrat wird Russland heftig kritisiert. Nahost-Experte Günter Meyer macht im heute.de-Interview aber vor allem die USA für die Not der Menschen in Syrien verantwortlich. Und Deutschland? „Hat de facto keinen Einfluss auf die Lage.“

heute.de: Die Hilfsorganisation World Vision vergleicht Aleppo mit Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen spricht von einem „kompletten Kollaps der Menschlichkeit“ in Aleppo. Und der UN-Generalsekretär gibt zu: „Wir alle haben die Menschen in Syrien bislang kollektiv hängenlassen.“
Herr Meyer, was hat die Welt in Syrien falsch gemacht?

Günter Meyer: Die Welt hat in Syrien sehr vieles falsch gemacht, aber wir müssen auch sagen, wer was falsch gemacht hat: Und hier liegt die Hauptverantwortung bei den USA. Nach Aussagen des ehemaligen Oberkommandeurs der NATO, General Wesley Clark, begann die US-Regierung bereits unmittelbar nach den Terrorschlägen am 11. September 2001 mit den Planungen des Regimewechsels in sieben Ländern, die von den USA als Gegner angesehen wurden, darunter Irak, Libyen und auch Syrien.

Um dort dieses Ziel zu erreichen, haben die USA seit 2005 die Rahmenbedingungen geschaffen. Dazu gehörte neben zahllosen medialen Propagandaaktionen gegen das Assad-Regime die Finanzierung und Ausbildung einer Armee von Terroristen gemeinsam mit Israel und Saudi-Arabien. Diese Truppen sollten für den Sturz der Regierungen in Damaskus und Teheran eingesetzt werden, wie der renommierte Journalist Seymour Hersh 2007 aufdeckte.

heute.de: 2011 begann der Krieg in Syrien. Welche Fehler wurden da gemacht?

Meyer: Der Westen, also insbesondere die USA, hat die aufständischen Dschihadisten mit Waffen versorgt und teilweise auch ausgebildet. Die materielle und personelle Logistik wurde vor allem von der Türkei abgewickelt, während die finanzielle Unterstützung zum größten Teil aus Saudi-Arabien und Katar kam. Saudi-Arabien hat dabei salafistische Extremisten gefördert, um in Syrien eine radikal-islamistische Regierung zu etablieren. Hier war die Eroberung von Aleppo 2012 für die Dschihadisten ein wichtiger Schritt…

→  http://www.heute.de/interview-mit-syrien-experte-guenter-meyer-sieht-verantwortung-fuer-syrien-krieg-beim-westen-46114990.html

Friedrich Gehring: Gesucht: kollektive Sicherheit

Leserbrief zu: „EU regt Rüstungsfonds an“, FR-Politik vom 1. Dezember 2016

Jean-Claude Junckers Ruf nach europäischen Rüstungsprojekten in der Hoffnung, damit „unsere kollektive Sicherheit zu garantieren“, verrät den militärisch verengten Blickwinkel der EU-Kommission. Wie viel Kriegsleid muss noch geschehen, bis unsere europäischen Verantwortlichen Abstand gewinnen von militärisch gestützter „kollektiver Sicherheit“.

Dieser Begriff aus der Friedensbewegung wurde bereits auf den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 als Absage an militärische Konfliktlösungen geprägt und hat als solcher 1949 Eingang gefunden in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 24 Abs. 2). Nahezu alle Völkerrechtsgelehrten sehen in Systemen kollektiver Sicherheit den Versuch, die Sicherheit aller möglichen Konfliktpartner miteinzubeziehen. Solches Bemühen steht im krassen Gegensatz zu Verteidigungsbündnissen wie etwa der Nato, die Gegner auf der Basis des Faustrechts unterwerfen wollen. Insofern ist Trumps angekündigter US-Rückzug aus militärischen Sicherheitsgarantien eine Chance für ein Umdenken.

Wer den baltischen Staaten oder Polen oder der Ukraine militärisch Sicherheit verschaffen will vor russischem militärischem Machtstreben, sollte jetzt in den Nahen Osten schauen. G. W. Bushs Irakkrieg gegen das Böse hat die Bosheit in Gestalt des IS noch größer gemacht, weil die Sicherheitsinteressen der nach Hussein entmachteten Sunniten von der neuen Regierung grob missachtet wurden. Die Aufrüstung der Assad-Gegner hat einen multilateralen Stellvertreterkrieg in Syrien verstärkt und das furchtbare Leid in Städten wie Aleppo verschärft. Der Kardinalfehler war, dass nach Ende des Kalten Kriegs der westliche Triumphalismus verhindert hat, auch Russland in ein „System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ nach Art. 24 (2) GG einzubinden.

Insbesondere die deutsche Politik ist jetzt herausgefordert, den Vorgaben der eigenen Verfassung gemäß einen US-Rückzug als Chance zu begreifen und in Europa für nichtmilitärische kollektive Sicherheit zu sorgen. Dazu brauchen wir keinen Rüstungsfonds, sondern einen Friedensfonds.

Friedrich Gehring, Backnang

[Frankfurter Rundschau vom 12.12.2016]

Warum kandidiert Prof. Dr. Christoph Butterwegge für das Amt des Bundespräsidenten? Wer ist Butterwegge?

 Agenda der Solidarität für eine inklusive Gesellschaft

Prof. Dr. Christoph Butterwegge ist der Kandidat der LINKEN für das Amt des Bundespräsidenten

Am 12. Februar 2017 wählt die 16. Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten. Die Bundesversammlung ist ein nichtständiges Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland, dessen einzige Aufgabe es ist, den Bundespräsidenten zu wählen. Die 16. Bundesversammlung besteht aus den 630 Mitgliedern des Deutschen Bundestages und einer gleichen Zahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden – insgesamt also aus 1.260 Mitglieder. DIE LINKE ist durch 94 Mitglieder in der 16. Bundesversammlung vertreten. Professor Christoph Butterwegge bewirbt sich für DIE LINKE um das Amt des Bundespräsidenten.

Beweggründe von Christoph Butterwegge für die Bewerbung um das Bundespräsidentenamt

Mit meiner Kandidatur möchte ich die Öffentlichkeit für soziale Probleme sensibilisieren, denn obwohl die Gesellschaft immer stärker auseinanderfällt, nimmt das Establishment diesen Polarisierungsprozess nicht oder falsch wahr. Außerdem möchte ich der weiteren Zerstörung des Wohlfahrtsstaates durch neoliberale Reformen entgegentreten – gerade wird die Privatisierung der Autobahnen und damit ein neuerlicher Höhepunkt der Ökonomisierung und Kommerzialisierung aller Lebensbereiche vorbereitet – sowie jenen Teilen der Bevölkerung eine politische Stimme geben, die immer stärker ausgegrenzt werden. weiterlesen

Pressekonferenz mit Christoph Butterwegge

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger sowie den Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch am 21. November 2016 hat Christoph Butterwegge über die Beweggründe für seine Bewerbung gesprochen. Hier das Video.

Links

www.christophbutterwegge.de

www.linksfraktion.de/…/bundesversammlung-2017

Rückblick: Christoph Butterwegge im DISPUT

https://www.die-linke.de/die-linke/wahlen/bundespraesidentenwahl-2017/