Ernesto Cardenal. Ein Leserbrief: Kritik an einem Zeitungsartikel

… an das Medienhaus Bauer, Marl:

  •  Von: Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen
  • Betr.: Artikel „Poet, Priester, Revolutionär” von Denis Düttmann
  • Vom 3. März
In den Zeitungen d. Mhs. Bauer, Marl, 03.03.2020
Am 3. März 2020 in den Zeitungen des Medienhauses Bauer, Marl
Am 9. März 2020 in den Zeitungen des Mediernhauses Bauer, Marl
Am 9. März 2020 auf der Seite KULTUR der Recklinghäuser Zeitung
Zeichnung von Tisa mit Gedicht von E. Cardenal
Zeichnung von Tisa von der Schulenburg mit Gedicht von Ernesto Cardenal

 

 

 

 

„Frohe Botschaft“. Weihnachtsgedicht und Neujahrsgruß

25.
Dezember

Frohe Botschaft

Wanderprediger
verkündeten die Geburt eines Gottes
in dem Gehirn eines Dichters
ohne Namen.
Der als Mensch zu den Menschen herabgestiegene Gott
kehrte unverrichteter Dinge
in den Himmel zurück.
Es wird wieder heller.
Ist das nicht
genug?!
Freue dich
über die Spatzen im Gras.
25.
12.

  © Dietrich Stahlbaum 2005, 2019

Anmerkung: Die ursprüngliche Fassung lautete: “Freue dich über die Spatzen im Schnee”. Schnee wird es wohl kaum noch geben. Er ist dem Klimawandel zum Opfer gefallen, während bei uns im Garten das Gras grün geblieben ist. Mein Gedicht bezieht sich auf Heinrich Heine:

Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.“

 [Aus „Deutschland. Ein Wintermärchen. Caput 1“]

 Allen Leserinnen und Lesern meiner Webseiten diesseits und jenseits des Atlantiks und anderer Meere wünsche ich friedliche, besinnliche und erholsame Feiertage und viele positive Energien im kommenden Jahr!

Meilleurs vœux de Noël et de Nouvel An à toutes mes amies et à tous mes amis!

Merry Christmass and good wishes for the New Year!

 

 

 

Eine Mücke und eine Fliege

 

Eine Mücke und eine Fliege

Eine Mücke und eine Fliege
legten sich auf eine Liege
und stritten sich um ein Stückchen Haut.
Die Mücke hatte es geklaut.
Die Mücke schrie:
„Du dummes Vieh
hast nichts getan, nur zugeschaut.“
Plötzlich war da eine Klatsche
und haute sie zu Matsche.
Ohwei!

Anmerkung:

Der Dalai Lama wurde von Reportern gefragt, wie er sich der vielen Moskitos erwehre, ob er sie töte. Seine Antwort: „Ich töte keine Lebewesen, auch Moskitos nicht. Mein Bodyguard hält sie von mir fern. Er hat eine Klatsche.“

Frohe Botschaft

Frohe Botschaft
Allen Leserinnen und Lesern meiner Webseiten diesseits und jenseits des Atlantiks und anderer Meere wünsche ich friedliche, besinnliche und erholsame Feiertage und viele positive Energien im kommenden Jahr!
Meilleurs vœux de Noël et de Nouvel An à toutes mes amies et à tous mes amis!
Merry Christmass and good wishes for the New Year!

Mein kategorischer Imperativ. Zwei Gedichte zur Auswahl

P1070014

Mein kategorischer Imperativ

I.

Die Herbstzeitlosen sind erblüht.

Der Sommer ist schon längst verglüht.

Unwetter weit und breit.

Sie kommen Schlag auf Schlag.

Sicher bist du nirgendwo.

Lebe so,

als wäre heute dein letzter Tag.

Vergeude keine Zeit.

II.

Die Herbstzeitlosen sind erblüht.

Der Sommer ist verglüht.

Vergeude keine Zeit.

Lebe so,

als wäre heute dein letzter Tag.

Die Ruhrfestspiele und die Poahlbürger von Recklinghausen

Es war ja nicht der erste Skandal, der mit so lautem Donner über die Bühne gegangen ist, dass die Bretter, die manchem die Welt bedeuten, gekracht haben und das Ende der Ruhrfestspiele nahe schien. Am Morgen des 1. Mai 1974 war es schon fast einmal so weit.

Was war passiert? Ich war von der Ruhrfestspielleitung gebeten worden, für die Festspielzeitung einen Beitrag aus dem Werkkreis Literatur der Arbeitswelt zu liefern, ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte, eine Glosse, irgendeinen kleinen Text mit Bezug auf die „Arbeitnehmerfestspiele“, die jedes Jahr am 1. Mai feierlich eröffnet wurden. Es gab damals, wie in fast allen westdeutschen Großstädten und in vielen kleinen Orten auch in Recklinghausen eine Literaturwerkstatt des Werkkreises, und wir kooperierten unter anderem mit den Ruhrfestspielen, vornehmlich mit deren Jungen Forum. So lag es nahe, schreibende „Arbeitnehmer“ an der Festspielzeitung zu beteiligen.

Nun standen wir ein paar Schritte weiter links als die SPD und der DGB, gleichwohl die meisten von uns deren Mitglieder waren, und waren mit dem Status der Ruhrfestspiele als „Arbeitnehmerfestspiele“ so gar nicht einverstanden. Wir forderten Arbeiterfestspiele. Waren es doch Bergarbeiter in Recklinghausen, die im Winter 1946/7 Hamburger Schauspielern und ihrem Publikum zu warmen Theatersälen verholfen hatten.

Mit Kohlen, die sie hier eigenhändig aus der Erde herausgeholt und hinter dem Rücken der britischen Besatzer in die Hansestadt geschafft hatten. So entstand das Projekt “Kunst gegen Kohle“. Es entstanden die Ruhrfestspiele.

Am Tag der Arbeit
Bergmann um 1900 am Tag der Arbeit

Bergbau
Lore und Seilscheibe

Mit diesen Gedanken im Kopf und einem kleinen Gedicht in der Tasche bin ich im April den Hügel hinaufgegangen zur Festspielleitung und freute mich auf das Kommende. Ich hatte unter den Texten aus unserer Werkstatt nichts Geeignetes gefunden, dafür aber einen Sechszeiler aus der Kölner Werkstatt. Der wurde dann auch akzeptiert und in der Festspielzeitung abgedruckt. Das Gedicht erschien gleich oben links auf der Titelseite.

Es gab einen Eklat. Der oben erwähnte Donner war sechs Wochen lang in ganz West-Deutschland zu hören bzw. zu lesen, sogar im Bayern-Kurier. Die Aufregung über dieses „Machwerk“ war am größten bei einer sich christlich nennenden Partei („Ich schäme mich für die Ruhrfestspiele!“ „Hier wird der Boden für den Terrorismus beackert..! Und dgl. mehr) Zwei Mal tagte der Rat der Stadt und stritt stundenlang über die Verse. Ein Gutachter und ein Schlechtachter wurden bestellt. Beide Professoren, die über sechs Gedichtzeilen befanden.

Am Morgen des 1. Mai stand nicht mehr fest, ob die Festspiele überhaupt in diesem Jahr (1974) stattfinden würden. Die Telefonleitungen zwischen Recklinghausen, Düsseldorf und Bonn liefen heiß. Sozialdemokraten und Gewerkschafter bekamen weiche Knie, besannen sich dann aber auf ihren traditionellen Auftrag und boten der christlich sich nennenden Opposition die Stirn. Die Festspiele wurden fortgesetzt, aber nach und nach gelang es den gutbetuchten Recklinghäuser Poahlbürgern, die Ruhrfestspiele auf ihre bildungsbürgerlichen Maße zuzuschneiden, die Widerspenstigen zu zähmen.

Übrigens, vom 1. Mai-Gedicht, das 1974 für so viel Aufregung gesorgt hat, erinnere ich mich nur an die letzte Zeile: „Dann sind die Bosse arbeitslos“. Schon damals standen die Zeichen nicht auf WIRTSCHAFTSDEMOKRATIE.

Siehe auch „Kohle für Kunst – Kunst für Kohle“