Notizen, Kommentare, Tagebuchaufzeichnungen

Donald Trump ist ein gefährlicher, wahrscheinlich unheilbarer Psychopath. Er gehört in eine geschlossene psychiatrische Station. Medien berichten, dass prominente Mitglieder seiner Partei, immer mehr hochrangige Mitarbeite*innen, sogar ehemals engste Vertraute sich von ihm abwenden. „Der Mann ist ein Lügner, ein geistiger Brandstifter und ein Volksverhetzer. Sein Verständnis von Recht und Gesetz gleicht dem eines Mafia-Paten. Seit langem ist Donald Trump psychisch instabil, und sein traumatischer Absturz bei der Wahl hat die mentalen Probleme des Narzisten beängstigend vergrößert. Keine Frage: Der Möchtegern-Diktator ist des Amtes nicht gewachsen. Er gleicht einer tickenden Zeitbombe. Sein Finger muss schleunigst vom Atomknopf entfernt werden.“ (Frankfurter Rundschau vom 11. 01 2021)

Außerdem ist er ein übler Sexist.

Donald Trump hat wie Hitler mit seinem Größenwahn die Massen angesteckt. Es ist eine politische Pandemie. 

11. 01. 2021

Wird fortgesetzt.

DER WIDERSPENSTIGE PATIENT

Manipulationen oder Die Apparate sehen das nicht

Seit Tagen hatte Hans Krückemeier Schmerzen im Unterleib. Er ging zum Arzt, ließ sich betasten, Blut abnehmen und von der Notwendigkeit einer klinischen Untersuchung überzeugen.

Der Arzt: „Es könnte eine Darmverschlingung sein. Es könnte auch… Jedenfalls ist das Blutbild so schlecht, dass es unverantwortlich wäre, Sie wieder nach Hause zu schicken. In den Händen von Spezialisten sind Sie

am besten aufgehoben.“

Eine halbe Stunde später befand sich Hans Krückemeier in den Händen von Spezialisten, in der chirurgischen Abteilung, mit „akuten Unterbauchbeschwerden“.

Er ließ sich abermals betasten, Blut abnehmen und von der Notwendigkeit weiterer Untersuchungen überzeugen. Sie sollten am nächsten Morgen beginnen, mit einer Darmspiegelung.

Ob es nun das Gefühl war, in den Händen von Spezialisten gut aufgehoben zu sein oder das leise Röcheln seiner Zimmergenossen oder die sanfte Stimme der Schwester, die ihm das Thermometer brachte, ob es die beinahe absolute Ruhe war oder das Gemisch warmer Luft und chemischer Dünste: Hans Krückemeier schlief ein und schlief und schlief und schlief… von drei Uhr nachmittags bis sechs Uhr früh. Da wurde er geweckt, von der Nachtschwester, die mit Pillen und Thermometern durch das Zimmer huschte. 

Und Hans Krückemeier wurde ein zweites Mal geweckt, etwa eine halbe Stunde später, diesmal nicht so sanft: von den Scheuerfrauen.

Er betastete seinen Bauch und sagte: „Schon besser…“ Dann schlief er wieder ein, denn zu essen bekam er nichts: Ihm war absolute Nüchternheit verordnet worden.

Er schlief, bis ein junger, bärtiger Mann in weißem Kittel ihn am Ärmel zupfte: “Herr Krückemeier…! Wir müssen jetzt…“

„Wie – schon?“

„Ja, Herr Krückemeier.“

Der junge Bärtige hatte den Blick eines Spezialisten, und es stellte sich bald heraus, dass er nur durch seine Funktion sich von einem Arzt unterschied: Er sagte nämlich: „Wir machen das auf der Toilette, Herr Krückemeier. Möchten Sie auf den Stuhl?“

Hans Krückemeier entdeckte den Rollstuhl, den der junge Bärtige vor sein Bett geschoben hatte.

„Ja, ich fühle mich ziemlich schwach.“

Als Hans Krückemeier völlig entleert vom Rollstuhl wieder ins Bett gestiegen war, schlief er weiter…, bis der junge Bärtige abermals erschien, um ihn zur Darmspiegelung abzuholen.

Bei der Visite erfuhr Hans Krückemeier, daß die Darmspiegelung keinen positiven Befund erbracht hatte. Und er sagte den Spezialisten, er habe keine Beschwerden mehr, er wolle nach Hause.

Dennoch begann nun eine unabsehbare Folge von Manipulationen an und in seinem Körper: Nach der Darmspiegelung anderntags eine Magenuntersuchung, nach der Magenuntersuchung anderntags eine Röntgenuntersuchung seines Darms, nach der Röntgenuntersuchung seines Darms anderntags eine Gallenuntersuchung, nach…

Hans Krückemeier war ausgenüchtert bis auf die Knochen, denn Kontrastbrei und -flüssigkeiten, dünne Suppen und Zwiebäcke waren schnell verdaut. Und weil er weniger als ein Durchschnittsmensch zu essen bekam, schlief er mehr als ein Durchschnittsmensch.

Er mußte jedesmal, wenn die Spezialisten, mit denen er sich erfolglos auseinandersetzte, hereinkamen, erst geweckt werden.

Am fünften oder sechsten Tag seines Aufenthaltes in diesem Hause trat die Schwester mit der sanften Stimme ins Zimmer und kündigte ihm die nächste Untersuchung an: „Herr Krückemeier, Sie dürfen heute wieder nichts essen: Nierenspiegelung, morgen früh.“

Da erhob sich Hans Krückemeier aus seinem Bett und sagte unsanft: „Teilen Sie bitte dem Stationsarzt mit, daß ich auf diese und alle weiteren Untersuchungen verzichte: Ich möchte Morgen entlassen werden. Ich habe keine Beschwerden mehr!“

„Doktor U. ist jetzt nicht da.“

„Dann sagen Sie es einem andern!“

„Das kann allein er entscheiden.“

„Dann sagen Sie es ihm, sobald er da ist, Schwester!“

Hans Krückemeier wartete vergebens. Er konnte nun nicht mehr schlafen. Gegen dreiundzwanzig Uhr ging er ins Schwesternzimmer: „Sie müssen mir nicht übelnehmen, daß ich Sie so angefahren habe, Schwester. Seit ich hier bin, habe ich beinahe vier Kilo abgenommen. Das macht einen nervös.“

„Sie können gehen, wann Sie wollen, Herr Krückemeier. Sie sind hier nicht im Gefängnis. Nur… wenn Sie wieder eingeliefert werden, morgen…, nächste Woche oder… Wir haben das schon erlebt. Die Kasse übernimmt dann keine Kosten mehr.“

„Schwester, ich bewundere Ihre Geduld. Aber…“

„Herr Krückemeier, die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Sie abbrechen – kein Arzt geht dieses Risiko ein. Überlegen Sie sich`s, Herr Krückemer!“

„Hab` ich längst, Schwester. Die Beschwerden sind weg. Sie sind weg, weil ich hier endlich mal ausschlafen konnte. Das hat die Verkrampfung gelöst. Ja, eine Verkrampfung war`s. Die Apparate sehen das nicht.“

Damit ließ Hans Krückemeier sie an ihrem Schreibtisch sitzen.

Am nächsten Morgen schrieb er einen Brief an den Stationsarzt. Darin bat er, sofort nach Hause entlassen zu werden, weil „die Darmbeschwerden, die zu meiner Einweisung Anlaß gegeben haben, verschwunden sind und die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen keinen Aufschluß über die Ursachen der Beschwerden gegeben haben. Die Ursachen sind beruflicher und außerberuflicher Streß, sowie eine verschleppte Erkältung, die ambulant behandelt werden kann.“

Den Brief steckte er in einem Umschlag und übergab ihn der Schwester. Er hatte den Umschlag zugeklebt.

Der Stationsarzt ließ diesmal nicht lange auf sich warten. Er kam eine Stunde vor der Visite und bat Hans Krückemeier zu einer kurzen Untersuchung in sein Zimmer. 

Was dort geredet wurde, ist unschwer zu erraten. Hans Krückemeier bekam seinen Entlassungsschein.

Zuhause entdeckte er in einer der Zeitungen, die er sozusagen verschlafen hatte, einen interessanten Bericht, überschrieben: „In den Krankenhäusern gibt es zu viele Betten.* Vielleicht erinnerte er sich auch an jenen Bericht, der überschrieben war: „Sinkende Konjunktur hat erneut Krankmeldungen gedrückt. Absinken im Schnitt bis um zehn Prozent / Gewerkschaften: Sorge um Arbeitsplätze nötigt zum „Durchhalten.“**

—–  

*  Frankfurter Rundschau vom 17.12.1975

** Frankfurter Rundschau vom 27.11.1974

Anmerkung:

Erstveröffentlichung in der Deutschen Volkszeitung (1953–1989) Nr. 9 am 26.2.1976

Die Brötchen kleben am Gaumen

Die Brötchen, die Hans Krückemeier hier gekaut hatte, klebten immer noch am Gaumen; er hätte auch einen Schwamm verspeisen können; die beiden Brotscheiben wurden ihm zum Abendbrot serviert – mit einem „Guten Appetit“.

Hans Krückemeier wurde mit einem Krankenwagen in die Notaufnahme einer Klinik gebracht. Er hatte eine Schwellung im Unterbauch an der Blase.

Nach langem Warten wurde er untersucht. Befund: Abszess an der Blase, ein Eiterbeutel. Folge einer Entzündung.

Am nächsten Tag wurde er durch die „Röhre“ geschoben. Bei einer Computertomographie des Unterbauches wurden Gewebeproben entnommen, der erkrankte Bereich geröntgt und vermessen. Bei weiteren Eingriffen mit örtlicher Betäubung wurden durch einen Katheter eine Drainage (Spülung) durchgeführt und der Abszess, stinkender, klebriger Eiter, in einem Beutel aufgefangen.

Hans Krückemeier hatte nun neben einem Bauchkatheter zwei Beutel, die er mit einer Hand hochhalten musste, wenn er am Stock zur Toilette ging.  

Er war vierzehn Tage im Krankenhaus, hat dort viel erlebt, gesehen und erfahren. Er war jetzt 94 Jahre alt.

Der Tag beginnt morgens um sieben

Der Tag begann morgens um sieben. Da passierte fast alles zur selben Zeit.

Um sieben:

Die Blase ist voll, der Urinbeutel ist voll, daneben hängt der Beutel mit der klebrigen Masse.

Hans Krückemeier muss auf`s Klo. Eine Krankenpflegerin will den Blutdruck messen und den Puls. Eine andere Krankenpflegerin will ihn an einen Tropf hängen, um den Abszess zu durchspülen. Zwei Putzfrauen beginnen, den Fußboden zu wischen. Hans Krückemeier will seine Sandalen retten und beugt sich tief nach unten. Das Bett ist zu hoch. Hans Krückemeier fällt heraus und stößt den Wassereimer um. Er will zu den Krankenpflegerinnen sagen:

„Meine Blase ist voll, der Urinbeutel ist voll. Ich muss erst mal aufs Klo!“

Aber sie waren gegangen. Sie kamen nach einer Stunde wieder.

Das Frühstück – schwammiges Brot, das lange am Gaumen klebt – wurde serviert. Eine der beiden Krankenpflegerinnen – sie wußte, dass er schwerhörig ist – schrie.

Hans Krückemeier: „Wenn Sie so laut sind, verstehe ich Sie nicht. Wenn Sie langsam und deutlich sprechen, verstehe ich Sie – vielleicht.“

„Können wir jetzt den Blutdruck messen und den Puls?“

„Können Sie! Aber diese Messungen sind überflüssig. Sie zeigen nicht meine Durchschnittswerte. Sie zeigen meinen momentanen Zustand, und der ist Stress. Der Blutdruck ist hoch, der Puls ist hoch. Der Arzt sieht die Ergebnisse und verordnet Blutdrucksenker und Beruhigungsmittel – statt Ruhe. Ich brauche nichts anderes.

Blutdruck und Puls müssen im Ruhezustand gemessen werden, wenn man wissen will, ob Herz und Kreislauf normal sind. Mein Herz ist gesund. Die Durchschnittswerte sind unter 139 zu 85.

Ich habe dreimal am Tag gemessen, es notiert und eine Grafik angelegt.

Die Kardiologin, die mich untersucht hat und beim Ultraschall mehrere Minuten lang mein Herz beobachtet hat, sagte: ´Sie haben das Herz eines jungen Mannes. Sie brauchen wirklich keine Medikamente.`“

Die hatte er vor Jahren abgesetzt. Seiner damaligen Hausärztin hat er das verschwiegen. Sonst hätte sie womöglich einen Herzinfarkt bekommen.“

Die beiden Krankenschwestern an seinem Bett: „Wir handeln nach Vorschrift.“

Hans Krückemeier: „Ich mache Ihnen auch keinen Vorwurf. Sie sind daran nicht schuld. Es ist das System, in dem alle, die hier arbeiten, drinstecken. Und alle, die hier arbeiten, sind im Stress. “

Die beiden Krankenschwestern verließen sichtlich erleichtert den Raum.

Die morgendliche Visite

Der Chefarzt betrat mit fünf Kollegen und einer Kollegin sein Zimmer, wendete sich seinem Bettnachbarn zu, einem jungen Mann mit einer Wunde am Kopf, hörte sich den kurzen Bericht eines anderen Arztes an, kam zu Hans Krückemeier und fragte:

„Herr Krückemeier?“

„Ja, der bin ich.“

Der Chefarzt nickte und verließ sichtlich zufrieden den Raum. Sie alle trugen eine Corona-Maske.

Auch Hans Krückemeier hatte, als sie hereinkamen, pflichtbewusst eine Maske aufgesetzt.

Der neue Bettnachbar   

Das Bett, in dem der junge Mann mit der Wunde an der Stirn gelegen hatte, wurde nach seiner Entlassung zur Reinigung und Desinfektion hinausgeschoben, ein neues, mit einer Plastikfolie eingehülltes hereingeschoben.

In einem dritten Bett, das von zwei Pflegern mit großem Geschick durch die Tür bugsiert wurde, lag ein großer, korpulenter Mann.

„Ihr neuer Bettnachbar“, sagt einer der Pfleger. Er und ein zweiter Pfleger hoben ihn in das gereinigte und desinfizierte Bett und packten dessen Habseligkeiten aus einem Koffer in den Schrank.

Der neue Bettnachbar war noch etwas benommen und schlief ein. Als er nach einer Stunde aufwachte, sah er Hans Krückemeier und sagte: „Ich bin Max. Und du?“

„Hans.“

Max erwies sich als hilfreicher und streitbarer Kumpel. Er hatte sich schnell auf Krückemeiers Schwerhörigkeit eingestellt und dolmetschte, wenn es kommunikationsprobleme gab.

Hans Krückemeier wollte zuhause anrufen und gab ihm die Telefonnummer. Er rief an und hörte mit. So konnte er Krückemeier sagen, was seine Frau ihm berichtete. Auch was die Schwestern, die Krückemeier nicht verstand, sagten, dolmetschte er.

Proteste

Hans Krückemeier wurde das Frühstück serviert.

Er beschwerte sich bei der Schwester, die das Essen brachte: „Ich bekomme, seit ich essen darf, immer dasselbe, jeden Morgen; mittags und abends etwas anderes. Ich kann das nicht mehr sehen! Nehmen Sie das bitte wieder mit! Warum wird mir die Speisekarte vorenthalten? Warum kann ich mir nichts aussuchen?“

„Da müssen Sie die Kollegin fragen, die für die Speisekarte und die Auswahl zuständig ist.“

„Die Speisekarten gelten jeweils für die nächste Woche“, hörte er, als die Kollegin endlich Bestellungen aufnahm. 

„Dann soll ich diese Woche lang dasselbe essen? Nein, danke! Dann brauchen Sie mir in dieser Woche kein Frühstück und kein Abendbrot zu bringen, aber heiße Milch. Meine Frau hat Rosinenbrot, Knäckebrot, Bananen und Trockenmüsli hergeschickt. Das macht mich satt – wenn ich nicht nüchtern bleiben muss, wie es hier oben auf der Karte am Galgen steht.“

Als sie wieder allein waren, sagte Max: „Du hast auch an allem was auszusetzen, Hans. Warum regst du dich auf – in deinem Alter!? Mich juckt das alles nicht. Wir können es nicht ändern.“ 

Ein Pfleger mit einem Rucksack auf dem Rücken kam herein und kündigte an, dass Hans Krückemeier in die Röhre komme.

„Bleiben Sie nüchtern!“

Am Nachmittag war er wieder da: „Die OP ist auf morgen früh verschoben worden. Sie können jetzt etwas essen. Nach dem Abendbrot müssen Sie wieder nüchtern bleiben.“

Hans Krückemeier aß eine Banane und abends das Müsli mit warmer Milch. Sie wurde ihm morgens und abends gebracht. Meistens war sie kalt, bis er sie ins Müsli schütten konnte, weil Puls und Blutdruck gemessen wurden, der Abszess behandelt wurde, ein Arzt, eine Ärztin sich bei der Visite etwas Zeit nahm.

Morgens um halb sieben: Hans Krückemeier ging auf`s Klo, wusch sich, putzte die Zahnprothesen, zog den Bademantel an, wartete.

Gegen Mittag fuhren ihn zwei Pfleger in seinem Bett ins Erdgeschoss, wo die OP-Räume sind. Dort waren bereits vier Patienten und eine Patientin.

Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger liefen geschäftig durch die langen Gänge.

Hans Krückemeier musste lange warten, bis er „dran“ war. Er schlief ein und wurde geweckt. Sein Bett wurde in einen OP-Raum geschoben, zwei Pfleger hoben ihn auf einen OP-Tisch. Die Röhre bewegte sich über ihm hin- und her. Eine Computerstimme ertönte. So lag er eine Weile, Arme hinter seinem Kopf, in diesem Prokrustesbett.

Dann wurde er nach oben gebracht und legte sich schlafen.

Gegen Abend schaute die Ärztin herein. Sie fragte nach seinem Befinden.

Hans Krückemeier erzählte ihr, was er den Krankenschwestern, die den Blutdruck und den Puls gemessen hatten, gesagt hatte.

Er konnte nicht sehen, ob sie es verstanden hatte und ob sie ihm zustimmte: Sie trug eine Maske.

Max dolmetschte: „Sie sagt, auch wenn deine Durchschnittswerte so gut sind, dass du keine Kreislaufmedikamente brauchst und dein Herz gesund ist, muss sie dir die Medikamente verordnen. Es steht im Medikationsplan.

„Sie hängen mich also wieder an den Tropf.“

„Ja. Sie bekommen auch Injektionen.“

„Ich verstehe, dass Sie, wenn Sie Ihren Job nicht verlieren wollen, nicht anders handeln können. Es ist das System. Das gegenwärtige Gesundheitssystem. Alle, die hier arbeiten, sind davon abhängig. Und alle, die hier arbeiten, sind im Stress, weil nicht genug Personal da ist.

Frau Doktor, für den desolaten Zustand des Gesundheitssystems sind nicht Sie verantwortlich. Das Gesundheitssystem wird von der Schulmedizin, der Pharma- und von der Lebensmittelindustrie bestimmt. Ja, auch die Krankenhauskost ist Teil dieses Systems.

Das bedeutet: Profitmaximierung auf Kosten der Gesundheit des Menschen, Vergesellschaftung der Schulden. Kapitalismus pur.

Aber es geht auch anders. Das beweisen die Kliniken, in denen ganzheitliche Medizin nach den Kriterien ökologischer Nachhaltigkeit und der Psychotherapie praktiziert wird, wie zum Beispiel im Gemeinschaftskrankenhaus Witten-Herdecke.

Jeder und jede Einzelne kann selber viel für die eigene Gesundheit tun: sich, soweit möglich, von Produkten aus dem Bioladen ernähren, wenig Fleisch essen, sich viel im Freien bewegen, Sonnenlicht tanken, Yoga üben, meditieren, Nordic Walking, Zen praktizieren. Wir können die Verhältnisse ändern! Durch unseren Konsum, unsere Lebensweise, unser politisches Engagement.

Auch Sie müssen nicht alles, was von ihnen erwartet, was Ihnen vorgeschrieben wird, hinnehmen.

Frau Doktor, Sie können mit Anderen gegen die Zustände protestieren und sich der transnationalen Fridays for Future-Bewegung oder anderen Initiativen anschließen.

Wir müssen unser Denken, unsere Philosophie hinterfragen, „unsere Welt neu denken“, wie Maja Göpel postuliert. Nicht erst die Corona-Pandemie zwingt uns dazu, weil wir überleben wollen als freie, selbstbestimmte, weltoffene Menschen, fähig zu Empathie und Mitgefühl.“

Die Ärztin hatte interessiert zugehört. Hans Krückemeier konnte nur ihre Augen sehen, die Maske verhüllte ihr Gesicht.  Max dolmetschte: „Frau Doktor sagt, dass sie dir zustimmt.“

Ein paar Tage später wurden die Habseligkeiten von Hans Krückemeier in einen großen Koffer gepackt, und er verabschiedete sich.

Max, sichtlich aufgeregt: „Hans, ich habe viel von dir gelernt. Danke.“

Krückemeier: „Max, ohne dich wäre ich hier anfangs aufgeschmissen. Auch ich muss dir danken. Mach`s gut!“

Die neuen Bettnachbarn waren lauter Senioren, der älteste ein Neunzigjähriger.

Bei der Visite erfuhr Hans Krückemeier, die Heilung des Abszesses sei so weit fortgeschritten, dass er vom ambulanten Pflegedienst weiter behandelt werden kann. Er wurde entlassen.

Zwei Malteser brachten ihn im Krankenwagen heim, trugen ihn ins Haus. 

Die Angst der regierenden Parteien, von den Grünen überflügelt zu werden. Leserbriefe

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl*), und an die Frankfurter Rundschau:

Zu „Die Klima-Hysterie schadet“ von Annegret Zessin vom 19. Juni 2019

Warum bieten Sie Frau Zessin hier so viel Platz für einen Leserbrief, mit dem sie die bekannten halbwahren, vor fake News und Gehässigkeit strotzenden Ansichten von Pegida und der AfD verbreitet?

   Auch ich übe Kritik an den Grünen, aber ich werde meine ehemaligen Parteifreunde nicht in die Pfanne hauen, sondern mich an die Fakten halten, die ich besser kenne als Frau Zessin, Pegida und die AfD.

   Bei den regierenden Altparteien herrscht große Angst, von den Grünen überflügelt zu werden. Denn jetzt werden von den cleveren „Ökos“, die unter dem Druck einer neuen, internationalen Jugendbewegung die sozialistische Komponente der LINKEN in ihr Vokabular übernommen haben und medienwirksam alle Altparteien in den Schatten stellen, die wichtigsten politischen Probleme auf die Tagesordnung gesetzt.

  Geschickt setzen sie neue, unverbrauchte Gesichter kluger, wissenschaftlich und rhetorisch kompetenter, moralisch integrer und philosophisch gebildeter junger Männer und vor allem Frauen ein, um Zustimmung zu gewinnen.       

   Übersehen wird dabei, dass auch die Grünen ihre Widersprüche nicht gelöst haben, Parteispenden von der Wirtschaft erhalten (in den Jahren 2013 bis 2015 u. a. 495.460,78 EURO von BMW und der Fam. Quandt/Klatten, 444.999,94 von Daimler, 751.136 von der Allianz. Quelle: Lobbypedia) Das macht sie von der Wirtschaft abhängig und lässt vom Pazifismus einer Petra Kelly (1947-1992) nichts mehr übrig.

  Man könnte es realpolitisches Wellenreiten nennen.

  Aber der internationale Aufstand junger Menschen, die sich um ihre Zukunft betrogen sehen, wenn nicht nur geredet, sondern sofort gehandelt wird, wird auch den Grünen das Taktieren austreiben. 

—–

*) Medienhaus Bauer. Am 24. Juni 2019 leicht gekürzt veröffentlicht.

– Frankfurter Rundschau: Kursiver Text. Am 25. Juni 2019 ungekürzt veröffentlicht.

Farbenspiele: DIE LINKE, die Grünen und die neue, internationale Jugendbewegung

DIE LINKE, die in der Öffentlichkeit auch von den Medien als eine von Senioren dominierte und zerstrittene (Altherren-) Partei wahrgenommen und dargestellt wird, als eine Partei ohne wesentlichen Einfluss auf die wichtigsten politischen Probleme, – sie sind nicht einmal in ihrem ganzen Ausmaß erkannt worden, analysiert worden, diskutiert worden und werden jetzt von den Grünen, die unter dem Druck einer neuen, internationalen Jugendbewegung die sozialistische Komponente unseres Programms in ihr Vokabular übernommen haben und medienwirksam alle Altparteien in den Schatten stellen, auf die Tagesordnung gesetzt, unterstützt von namhaften Wissenschaftler*innen und Künstler*innen.

Geschickt setzen sie neue, unverbrauchte Gesichter kluger, wissenschaftlich und rhetorisch kompetenter, moralisch integrer und philosophisch gebildeter junger Männer und vor allem Frauen ein, um Zustimmung zu gewinnen. Übersehen wird dabei, dass auch die Grünen ihre Widersprüche nicht gelöst haben, Parteispenden von der Wirtschaft erhalten, von ihr abhängig und vom Pazifismus einer Petra Kelly (1947-1992) weit entfernt sind. Man könnte es realpolitisches Wellenreiten nennen.

Aber der internationale Aufstand junger Menschen, die sich um ihre Zukunft betrogen sehen, wenn nicht nur geredet, sondern sofort gehandelt wird, wird auch den Grünen das Taktieren austreiben.

Probleme aussitzen und verdrängen, existenzielle Fragen nicht beantworten: Bundesregierung in der Bredouille

Die Recklinghäuser Zeitung berichtete am 11. 06. 2019 unter der Schlagzeile „Die Fehler der Konzerne“: „Zehntausende Stellen sollen in NRW wegfallen. Unter Druck durch Globalisierung und Digitalisierung haben die Firmen Fehler gemacht.“

Auf dieses Problem, eigentlich auf einen ganzen Komplex von Problemen habe ich vor einem Jahr im Februar in einem Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, und an die Frankfurter Zeitung aufmerksam gemacht und die Verantwortung dafür vor allem der GroKo zugeschrieben. Beide Leserbriefe wurden, in wesentlichen Punkten gekürzt, abgedruckt. Und es erschien auch keine Reaktion darauf. Hier der Text:

                                 Eine Runderneuerung mit gravierenden Mängeln.
Die GroKo und ihr Vertrag

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, und an die Frankfurter Rundschau zum GroKo-Vertrag vom 7. Februar 2018:

Eine weitere Groko? Das wäre eine Runderneuerung mit gravierenden Mängeln: Zum Beispiel fehlen im Koalitionsvertrag Hinweise auf die negativen Folgen der Digitalisierung. Existentielle Fragen, die sich daraus ergeben, werden nicht beantwortet. (Kapitel IV.5. „Digitalisierung“ und V.1. „Gute Arbeit“ (S. 37, 50 im Entwurf).

Nach einer Umfrage des IT-Verbands Bitkom unter 500 deutschen Unternehmen werden in Deutschland rund 3,4 Millionen Stellen allein in den kommenden fünf Jahren weg fallen, weil Roboter oder Algorithmen die Arbeit übernehmen. (FAZ, 02.02.2018) Viele Aufgaben können heute leicht zerlegt und über Internetplattformen verteilt werden – ohne feste Arbeitsverträge.

Ein Manager der Plattform Crowdflower: „Bevor es das Internet gab, wäre es sehr schwierig gewesen, jemanden zu finden, der zehn Minuten für einen arbeitet und den man, nachdem er diese zehn Minuten gearbeitet hat, wieder entlassen kann.“ (ZEIT ONLINE, 21.1.2016)

Heimarbeit auf Abruf – wo sie am billigsten ist, in Asien zum Beispiel.

Unter der Digitalisierung am meisten leiden werden jedoch Menschen, die dort heute noch unsere Schuhe und Kleidung, Smartphones, Spielzeug etc. anfertigen. Die Automatisierung wird sie massenhaft arbeitslos machen.
Gravierend sind auch die sozialpsychologischen Folgen: Immer mehr Berufstätige werden an Burn-out, Erschöpfungssyndromen, stressbedingten Erkrankungen, an sozialer Entfremdung und Isolation leiden.

Die Digitalisierung wird unsere gesamte Arbeits- und Lebenswelt völlig verändern, auch den Menschen; sie wird vor allem die heranwachsenden Generationen vor Probleme stellen, die nicht mehr zu lösen sind.

Währenddessen driftet unsere Gesellschaft immer weiter auseinander. Eine weitere GroKo wird das nicht ändern. Denn mit den kleinen, systemimmanenten Korrekturen ihres Programms kann sie ihrer Klientel Sand in die Augen streuen, aber nicht die politischen Voraussetzungen für eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen in Deutschland schaffen.

Am 15. Februar in der Frankfurter Rundschau und am 21. gekürzt in den Zeitungen des Medienhauses Bauer. Herausgenommen wurden die meines Erachtens ebenso wichtigen Sätze „Viele Aufgaben können heute leicht zerlegt und über Internetplattformen verteilt werden – ohne feste Arbeitsverträge.“

Ein Manager der Plattform Crowdflower: „Bevor es das Internet gab, wäre es sehr schwierig gewesen, jemanden zu finden, der zehn Minuten für einen arbeitet und den man, nachdem er diese zehn Minuten gearbeitet hat, wieder entlassen kann.“ (ZEIT ONLINE, 21.1.2016)

Heimarbeit auf Abruf – wo sie am billigsten ist, in Asien zum Beispiel.

Unter der Digitalisierung am meisten leiden werden jedoch Menschen, die dort heute noch unsere Schuhe und Kleidung, Smartphones, Spielzeug etc. anfertigen. Die Automatisierung wird sie massenhaft arbeitslos machen.

Vergleich gekürzter Leserbrief mit Original: ein Bumerang für die Redaktion

Gekürzter Leserbrief zur Verantwortung der Medien,12.01.2019
Gekürzter Leserbrief zur Verantwortung der Medien, 12.01.2019

Es lohnt sich ein Vergleich mit dem Originaltext → https://stahlbaumszeitfragenblog.wordpress.com/2019/01/07/alter-mann-92-ueber-die-verantwortung-der-medien-und-die-allgemeine-achtlosigkeit-leserbrief/   . Denn die Redaktion des Medienhauses Bauer tut genau das, was ich ihr vorhalte: Sie schneidet das aus dem Text heraus, was ich an ihr auszusetzen habe.

Alter Mann (92) über die Verantwortung der Medien und die allgemeine Achtlosigkeit (Leserbrief)

   Ich hatte mir vorgenommen, keine Leserbriefe mehr zu schreiben, denn ich bin ein alter Mann (92) und wollte es den Jüngeren überlassen, sich um den Zustand unseres Planeten und die Zustände in unserer Welt zu kümmern. Für mich ist das eine Frage der Selbstachtung: Ich kann nicht zusehen, wie die Dinge den Bach ´runtergehen und dazu schweigen.  

     Ein paar Beispiele:

  1. Verantwortung der Medien. Das Zeitungshaus Bauer ist da keine Ausnahme.

Radio, Fernsehen und Presse sind verpflichtet, möglichst umfassend zu informieren und Nachricht und Kommentar zu trennen. Fakt ist jedoch, was nicht der politischen Einstellung der Journalist*Innen und Redakteur*Innen entspricht und dem Mainstream zuwiderläuft, wird entweder verschwiegen, mit einer kleinen Kolumne und/oder einer verharmlosenden Schlagzeile abgetan. Der Titel eines Artikels beeinflusst bei vielen Leser*Innen die zumeist selektive Wahrnehmung des Inhalts.

2. Besonders regierungsfreundliche Medien erwähnen zuerst ganz kurz kritische Äußerungen von Expert*Innen und anderen politisch engagieren Bürger*Innen. Die Gegendarstellung der Regierung erscheint dann lang und breit, als wäre sie wichtiger und stichhaltiger als die kritischen Einwände gegen die Regierungspolitik.

3. Fast alle Presseerzeugnisse berichten über den Klimawandel, die Not-wendigkeit eines radikalen ökologischen Umbaus der Wirtschaft und kritisieren unsere wertvolle Ressourcen verschwendende Lebensweise. Radikal im Sinne von „das Übel bei der Wurzel“ packen. Im selben Blatt ist eine Werbeanzeige und in der Rubrik Auto und Motor ein affirmativer Bericht über SUVs, die bewirken, dass durch den höheren Kraftstoffverbrauch und den damit verbundenen hohen Cw-Wert der Schadstoffausstoß nicht sinkt, sondern noch steigt. „SUV – in Blech gepresste Rücksichtslosigkeit“ (Jens Tartler im TAGESSPIEGEL vom 19.09.2017)

4. Im Fernsehen werden ökologische Probleme und Projekte thematisiert (z. B. bei Quarks & Co.). Auch bei Lokalzeit des WDR 3, Studio Dortmund. Die selben Moderator*Innen und ein Reporter vor Ort berichten begeistert und begeisternd über das „Anstehende Ski-Wochenende in Winterberg“ (03.01.2019). Die durch Schneekanonen und Massentourismus angerichteten Umweltschäden werden jedoch ignoriert.

5. Die Schließung der letzten Steinkohlezechen in Deutschland veranlasst das Gros der Medien, den Bergbau zu würdigen. Der habe durch eine rapide, vorbildliche Industrialisierung Deutschland zu wirtschaftlichem Aufstieg und zu Wohlstand und Reichtum verholfen. Bei den Feierlichkeiten in Bottrop singt Bundespräsident Steinmeier das Steigerlied mit. Es fließen Tränen.

Am 3. Januar dieses Jahres wird in den Zeitungen des Hauses Bauer, Marl, unter der Überschrift „344 Pumpwerke in der Region“ über Emschergenossenschaft und Lippeverband berichtet, sie schützen die Region vor dem „Absaufen“. Das mag zwar stimmen, aber die hohen Kosten und die Besorgnis betroffener Anwohner über die Gefährdung durch das explosionsfähige Grubengas werden verschwiegen.

Anfang der achtziger Jahre habe ich bei Landtagswahlveranstaltungen mit dem damaligen Landrat Marmulla über den Raubbau in den Zechen nach 1945 diskutiert. Der Abraum hätte wie vorher unter Tage verbracht werden müssen, sagte ich (Untertageversatz). Die Abraumhalden, kontaminierte Böden, Bergschäden und die geplante Nordwanderung der Kohle werden Kosten und Probleme verursachen, die von der mächtigen SPD-Kohlefraktion ignoriert werden.

Marmulla und der Kreistagsfraktionschef Niggemeier ließen sich, wie erwartet, nicht davon überzeugen, dass eine über 100 m hohe Halde in Herten-RE/Hochlarmark (der „Monte Marmulla“) sowohl der Ökologie als auch der Ökonomie erheblich schaden würde. Die Frischluftzufuhr in RE-Süd und in anderen Stadtteilen werden blockiert, Bergschäden entstehen und werden, wenn die Zechen verschwunden sind, nicht mehr entschädigt. Die Hohlräume unter Tage werden ständig unter Wasser gesetzt und sind für immer unzugänglich. 

Marmullas Antwort: Der Zug ist abgefahren. Das lässt sich nicht mehr ändern. Die Diskussion fand während der Planungsphase statt!

6. Ein weiteres Thema wäre die Amokfahrt eines gebürtigen, hellhäutigen Deutschen in Oberhausen und Essen. In vielen Medien die Tat eines schizophrenen Psychopathen. Seine Schuldfähigkeit wird dadurch in Frage gestellt. Das Medienhaus Bauer hat darüber den Tatsachen entsprechend berichtet (2. Januar). Attentate und Übergriffe von Schwarzafrikanern und Arabern hingegen werden vorverurteilend als terroristische Taten aus dem IS-Umfeld bezeichnet. Oft handelt es sich um Suizide und Suizidversuche, die mit terroristischen Motiven begründet werden, um der Tat einen „Sinn“ zu geben.

                                                                  *  *  *

GroKo: SPD-Mitgliedervotum – ein jämmerliches Ergebnis für eine staatstragende Partei. Neue Fassung

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, zur Medienwerbung für die GroKo und zu den Berichten über das SPD-Mitgliedervotum:

Fast alle Medien, auch diese Zeitung, haben einseitig für die neue GroKo geworben, die Argumente der Gegner dieser Koalition hingegen verschwiegen oder verkürzt  dargestellt. So wurden z. B. aus meinem Leserbrief vom 21. 2. über die Folgen der Digitalisierung diese m. E. wichtigen Sätze herausgenommen: „Viele Aufgaben können heute leicht zerlegt und über Internetplattformen verteilt werden – ohne feste Arbeitsverträge.

 Ein Manager der Plattform Crowdflower: ´Bevor es das Internet gab, wäre es sehr schwierig gewesen, jemanden zu finden, der zehn Minuten für einen arbeitet und den man, nachdem er diese zehn Minuten gearbeitet hat, wieder entlassen kann.` (ZEIT ONLINE, 21.1.2016)

 Heimarbeit auf Abruf – wo sie am billigsten ist, in Asien zum Beispiel. Unter der Digitalisierung am meisten leiden werden jedoch Menschen, die dort heute noch unsere Schuhe und Kleidung, Smartphones, Spielzeug etc. anfertigen. Die Automatisierung wird sie massenhaft arbeitslos machen.“

Ergo: Die Digitalisierung kann, jeder politischen Kontrolle entzogen, über alle Staatsgrenzen hinweg beliebig genutzt werden. Sozialsysteme werden dadurch kaputt gemacht.

Nun zum SPD-Mitgliedervotum: Es ist falsch zu behaupten, die SPD bzw. die Mitgliederbasis der SPD habe für die neue Koalition gestimmt. Die SPD hatte während der Abstimmungszeit 463 723 Mitglieder. 239 604 von ihnen haben mit JA gestimmt. Das sind nach meiner Berechnung nur 51,7%. Ein jämmerliches Ergebnis für eine staatstragende Partei. 

Am 10. März in den Zeitungen des Medienhauses Bauer, Marl

 

Wilhelm Neurohr: „Schweigt die Friedensbewegung zur privaten „Münchener Sicherheitskonferenz?“

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, zur Berichterstattung über die Münchener Sicherheitskonferenz:

„Schweigt die Friedensbewegung zur privaten „Münchener Sicherheitskonferenz?“

Die Berichte über die so genannte „Münchener Sicherheitskonferenz“ (früher hieß sie ehrlicherweise „Wehrkundetagung“ der Militärexperten und Rüstungslobby) und zuvor über den „Weltwirtschaftsgipfel von Davos“ offenbaren  uns eine äußerst bedenkliche Tendenz, die alle Demokraten eigentlich wachrütteln sollte: Nicht mehr die dafür eigentlich zuständigen und demokratisch legitimierten Gremien etwa der UN oder der EU organisieren offiziell den internationalen politischen Dialog über globale Wirtschafts- oder Friedensfragen. Sondern zunehmend sind es privat organisierte inoffizielle Großveranstaltungen auf Initiative von Wirtschafts- und Rüstungslobbyisten, die den erlauchten Teilnehmerkreis und die Themen bestimmen.  Stolz brüsten sie sich damit, diese Privatkonferenzen zu den „bedeutendsten informellen Foren“ der „Eliten“ aufgewertet zu haben, mit denen sie die offiziellen Gipfelkonferenzen der Staats- und Regierungschefs in den Schatten stellen.

Und sie bestimmen auch, welche ausgewählten Politiker – diesmal Einhundert an der Zahl – bedeutend genug sind, um von Ihnen exklusiv und selektiv eingeladen und als Redner auserkoren zu werden, nebst der Überzahl der diesmal 400 selbst ernannten zahlreichen Teilnehmern aus Wirtschaft, Lobbyverbänden, Militär und sogar Geheimdiensten. Die so geschmeichelten Politiker geben sich dort gerne die Klinke in die Hand auf den illustren Treffen, so dass auch die Medien meist unkritisch diese von staatlichen Sicherheitskräften bewachten jährlichen privaten Großveranstaltungen wie offizielle internationale Staatskonferenzen oder Wirtschaftsgipfel behandeln. Damit gehen sie alle den Interessengruppen auf den Leim und belegen die enge Verquickung zwischen Politik, Wirtschaft und Militär sowie Medienschaffenden. Nicht zuletzt geben sie damit sogar den „Verschwörungstheoretikern“ neue Nahrung, denn deren Behauptung, dass die eigentlichen politischen Entscheidungen in solchen hochkarätigen „informellen“ Zirkeln vorbereitet werden statt in den gewählten Parlamenten oder durch das Volk als Souverän, erscheint plötzlich nicht so abwegig. Nickt der Bundestag nur noch die ausgetauschten Militär-Strategien der privaten „Sicherheitskonferenz“ ab und akzeptiert die neue teure Rüstungsspirale?

Gerade die letzten drei Münchener Sicherheitskonferenzen von 2016 und 2018 haben ohne begleitende Parlamentsdebatten oder öffentlichen Diskurs bedenkliche Militär- und rüstungspolitische Vorentscheidungen als Paradigmenwechsel politisch unwidersprochen präjudiziert. Die derzeit nur geschäftsführende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, im Vorjahr in München flankiert vom damaligen Außenminister Steinmeier und Bundespräsidenten Gauck, legt sich  in München erneut auf deutsche Auf- und Nachrüstungsverpflichtungen in nie dagewesener Höhe mit haushaltspolitischer Priorität fest. Zugleich definiert sie mit markigen Worten, am Grundgesetz meines Erachtens vorbei,  eine ganz neue militärische Rolle Deutschlands und Europas. Wen interessiert es, dass Umfragen zufolge über 70% der Deutschen sich gegen eine weitere Aufrüstung und Erhöhung des Verteidigungsetats aussprechen?

Mit einer europäischen Armee neben der NATO in einer „europäischen Militärunion“, wie kürzlich von der EU-Exekutive (am Bundestag vorbei) beschlossen,  wird die Militarisierung der Europapolitik vorangetrieben statt eine neue Abrüstungsinitiative zu starten oder Entspannungspolitik mit dem Osten. Stattdessen das Motto der 1950-er Jahre: „Wenn die Russen kommen…“. Alles läuft auf einen neuen „kalten Krieg“ hinaus, wie schon in der „Sicherheitspolitischen Agenda“ der Bertelsmann-Stiftung im Auftrag der EU vor Jahren entwickelt und empfohlen.  Demgemäß der markige Originalton von der Leyen in München: „Deutschland braucht mehr militärisches Gewicht und darf sich nicht hinter seiner Geschichte verstecken, sondern muss akzeptieren, dass unsere Soldatinnen und Soldaten auch tatsächlich eingesetzt werden, um für Sicherheit und Freiheit zu kämpfen.“ Erschreckend ist das Schweigen der Zivilgesellschaft und der kaum noch existenten Friedenbewegung dazu.                                                                                            

Wilhelm Neurohr

Wilhelm Neurohr: „WIE TIEF IST UNSERE DEMOKRATISCHE KULTUR GESUNKEN?“

 Leserbrief an die Recklinghäuser Zeitung zur Berichterstattung und Kommentierung über das „Kanzlerduell“ am 3. September

Wie tief ist unsere demokratische Kultur in Unkenntnis unserer Verfassung gesunken? Wie schon vor der letzten Bundestagswahl suggerieren  auch diesmal sämtliche Medien fälschlich, es stünde angeblich die Wahlentscheidung zwischen Kanzlerin Merkel und ihrem „Herausforderer“ Martin Schulz an. Im so genannten “Kanzlerduell“ auf 4 öffentlichen und  privaten Fernsehkanälen  – unter Ausschaltung der Oppositionsvertreter als die eigentlichen Herausforderer – wurde verstärkt der falsche oder irreführende Eindruck erweckt, die Wähler könnten scheinbar in einer Art Direktwahl zwischen diesen beiden Spitzenkandidaten an der Wahlurne entscheiden.

Tatsächlich haben wir aber in Deutschland laut Verfassung eine parlamentarische Demokratie. Folglich wählen wir bei der Bundestagswahl mit unserer Erststimme nichts anderes als die Direktkandidaten in den jeweiligen Wahlkreisen und mit der Zweitstimme die Landesliste der zur Wahl antretenden Parteien. Die Wahlergebnisse hängen also wesentlich davon ab, wie sich der jeweilige Wahlkreiskandidat für seine Wähler eingesetzt hat und mit welchen Parteiprogrammen (nicht „Regierungsprogrammen“) die einzelnen Parteien um Wählerstimmen werben.

Das wird durch ein mediales „Spitzenduell“ allein der „Kanzlerkandidaten“ in unserer „Zuschauerdemokratie“ verschleiert und verfälscht. Der Bundeskanzler oder die Kanzlerin werden nämlich nach der Konstituierung des neu gewählten Bundestages vom Bundespräsidenten ernannt, wenn sie eine tragfähige Koalition zustande bringen, und dann von den gewählten Abgeordneten des Bundestag gewählt. Rein theoretisch könnte dort auch jemand anderes als der Spitzenkandidat der „siegreichen Volkspartei“ zum Kanzler gewählt werden, sogar jemand ohne Parteibuch und ohne Bundestagsmandat.

Das ist nicht nur ein bloß formaler Unterschied zur öffentlichen Wahlkampfdebatte über die angebliche „Kanzlerwahl durch das Wahlvolk“, sondern ein elementares Prinzip unseres Demokratiemodells. Denn wir haben eben eine parlamentarische Demokratie und keine Präsidialdemokratie wie etwa in den USA, in Russland oder Frankreich (oder demnächst in der Türkei), wo die Präsidenten auch weitreichende Regierungsvollmachten haben und sich einer Direktwahl stellen, aber sich dort nur maximal ein bis zweimal zur Wiederwahl stellen können und nicht zeitlich unbegrenzt wie die Kanzlerin in Deutschland.

Ein Kanzler oder eine Kanzlerin ist hingegen mit dem Bundeskabinett als Regierung lediglich das Exekutivorgan in unserer demokratischen  Gewaltenteilung. Unsere Regierung handelt nicht eigenmächtig im Rahmen ihrer selbstgesetzten „Regierungsprogramme“, wie im medialen Wahlkampf suggeriert wird, sondern immer im Handlungsauftrag und unter Kontrolle des Parlamentes bei der bloßen Ausführung der im Bundestag beschlossenen Gesetze. Der Bundestag bestimmt also eigentlich die „Richtlinien der Politik“, während die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin sich lediglich auf die Weisungsbefugnis gegenüber ihren Ministern im Bundeskabinett beschränkt.

Das entspricht leider nicht immer dem Selbstverständnis unserer Kanzlerin und unseres leider überhaupt nicht repräsentativ zusammengesetzten Bundestages, so dass selbst die eigenen Abgeordneten aus Merkels Parteifraktion sich im Vorjahr über die eigenmächtigen Alleingänge der Kanzlerin unter Umgehung des Parlamentes oftmals beklagten. Damit entfallen leider die früher oft leidenschaftlich geführten inhaltsvollen Bundestagsdebatten, die immer mehr vor leeren Rängen ausfallen. Dabei sind die eigentlichen „Herausforderer“ der Regierung die Oppositionsfraktionen im Bundestag, die man beim „Spitzenduelle“ im Fernsehen außen vor gelassen  hat, so dass allein zwei Kandidaten der beiden Regierungsparteien in alternativloser Übereinstimmung „wetteiferten“ – und 20 Millionen Wähler als „Souverän“ schauten gelangweilt zu? Wie tief ist unsere demokratische Kultur mit Entwertung unseres Parlamentes und der dortigen Volksvertreter gesunken…?

Wilhelm Neurohr