In Arbeit: mein 15. eBook DER WIDERSPENSTIGE PATIENT

Klappentext:

Die Zustände in deutschen Krankenhäusern sind miserabel – nicht erst seit der Coronapandemie. Ärzt*innen und Pflegepersonal sind überfordert, es fehlt an Personal. Die Folgen sind Stress und Unmut, Fehldiagnosen, Fehlentscheidungen, Behandlungsfehler, unnötige Medikationen, unnötige Operationen. Der Autor (94) dieses 15. eBooks hat es erlebt, gehört, erfahren und literarisch in der Titelgeschichte verarbeitet, teilweise realsatirisch. Seine Philosophie: Der Mensch kann im hohen Alter trotz körperlicher Beschwerden und Behinderungen geistig vital und kreativ bleiben und das Zeitgeschehen kritisch begleiten und historisch einordnen. Auch seinen Humor hat er nicht verloren.

Hierzu 

»Teams Wallraff«  https://gesundheit-soziales.verdi.de/mein-arbeitsplatz/krankenhaus/++co++397f6d86-e24c-11e6-a4f9-525400afa9cc

und

Die behandelnden Ärzt*innen sichern sich gegen Regressansprüche und andere juristische Probleme ab, indem sie ihre Klinikentlassungsbriefe an weiterbehandelnde Kolleg*innen als „Entwurf – nicht vidiertes Dokument“ adressieren.

Widmung:

Dieses Buch widme ich den „Ärzte(n) ohne Grenzen“ und ihren Kolleg*innen in den Kliniken und Praxen, die sich, allen Widerständen zum Trotz, für radikale, menschengerechte und ökologische Reformen des Gesundheitssystems einsetzen.

Stichwörter:

Ärzt*innen, Ärzt*innenmangel,  Apparatemedizin, Bauchkatheter, Computertomographie, Coronapandemie, eBooks, Fehldiagnosen, Ganzheitsmedizin, Gesundheit, Gesundheitsdiktatur?, Gesundheitssystem, Gesundheitswesen, Humor, Kommentare, Krankenhauskost, Krankenhauspersonal, Krankenpfleger*innen, Literatur, Medien, Medikamente, Medizin, Missstände, Notaufnahme, Patientenkritik, Philosophie, Politik, Psychologie, Psychosomatik, Satiren, Schulmedizin, Sexismus, Spezialisten,  Stahlbaums eBooks, Stress, Zeitkritik

26. 01. 2021

Heute endlich kam das Schreiben der Stadt RE, in dem mir in schönstem Beamtendeutsch mitgeteilt wird, dass bei mir mit Ablauf des 25.01.2021 „alle Kriterien vorliegen“, [um] mich „sowohl aus der Quarantäne als auch aus der Unterwerfung einer behördlichen Beobachtung im Zusammenhang einer zuvor nachgewiesenen Infektion mit dem Corona-Virus (Sars-CoV-2) entlassen zu können.

Vor diesem Hintergrund hebe ich meine Ordnungsverfügung […] vom 20. 01. 2021 mit Ablauf des 25. 01. 2021 vollumfänglich wieder auf […]

Vorankündigung: Dietrich Stahlbaum : „Das Buch in der Wolke. Work in Progress“

Coverbild für "Das Buch in der Wolke"

Klappentext:

„Book in Progress“? Dieses 14. E-Book soll nun wirklich das allerletzte sein, vorausgesetzt, der Buchhandel übernimmt die neuen Kapitel, die folgen werden. Ein Experiment. Ich bin 93 und kann den natürlichen Alterungsprozess nicht aufhalten, höchstens verzögern. Die Produktivität lässt, wie der Geschlechtstrieb, nach. Das Gehirn arbeitet langsamer.  Gedächtnis, Denken, Sprechen und Schreiben brauchen mehr Zeit. Das Langzeitgedächtnis ist besser als das kurzzeitige. Mir fallen Ereignisse, Erlebnisse, Begegnungen, Menschen und Orte und deren Namen ein, die mich irgendwann mal in meinem Leben beeindruckt haben müssen, längst vergessen sind oder überhaupt nicht existiert haben. „Dichtung und Wahrheit“. Goethe.

Zum Beispiel das Gedicht „Frühlingsglaube“ von Ludwig Uhland, das ich persifliert habe, obwohl ich es wahrscheinlich nie gekannt habe. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, ob wir es im Deutschunterricht „durchgenommen“ haben. Dennoch kam mir die Anfangszeile „Die linden Lüfte sind erwacht“ bekannt vor. Bei Wikipedia fand ich dann die Bestätigung, dass es dieses Gedicht tatsächlich gibt.

Ich werde bis zu meinem Lebensende oder solange ich sehen, denken und empfinden kann, Sehenswertes fotografieren, das Zeitgeschehen beobachten und kommentieren, literarisch arbeiten und die Produkte nach und nach in diesem E-Book publizieren.

Das Buch ist in Arbeit und soll es bleiben. Es wird freigeschaltet, sobald der erforderliche Textumfang erreicht ist und bleibt kostenlos, bis der noch zu bestimmende Umfang und der Preis festgelegt werden. dst.

 

In Schweden 1955/57

In Schweden 1955/57 

Die deutschen Medien, allen voran die Boulevardpresse, hat uns Heimkehrern aus der Fremdenlegion das Einleben und die Suche nach einem angemessenem Job schwer gemacht, wenn nicht sogar verhindert, so, dass viele von uns in den nächsten Zug gestiegen und nach Landau in der Pfalz gefahren sind, um sich wieder rekrutieren zu lassen. Die meisten hatten ihre Kriegserlebnisse noch nicht verarbeitet. Bei mir stellten sich die Kriegstraumata erst ein, als ich zur Ruhe kam – vorläufig. Ich hatte an zwei Kriegen teilgenommen, 1944-45 am Zweiten Weltkrieg und 1949-55 am Indochinakrieg. 1962/63 habe ich nachts geschrien. Meine Frau hat mich aus dem Traum geholt. Ich sollte hingerichtet, erschossen werden wie ein Deserteur.

1955 war mein vom Sold Erspartes fast aufgebraucht, der Robot-Fotoapparat, Kamera mit mechanischem Motoraufzug für Serienaufnahmen, ein tragbarer Weltempfänger, großes, schweres Radiogerät, mit dem ich in Vietnam deutsche Sender hören konnte, die Armbanduhr und anderes lagen im Pfandhaus.

Ich war in Hamburg und habe in einem Bunker übernachtet, Schuhe unter dem Kopf, damit sie nicht gestohlen wurden. Dort erfuhr ich, dass es im Hafen Arbeit gäbe. Es wurden jeden Morgen Schauerleute ausgesucht, Arbeiter, die für einen Stundenlohn Frachtschiffe be- und entladen. Knochenarbeit. Ich habe mich ein paar Mal am Kai in die lange Kolonne zumeist junger Männer eingereiht und wurde weggeschickt.

In Hamburg hatte ich 1948 eine Lehre in einem Buchverlag begonnen und ein Jahr später aus verschiedenen Gründen abgebrochen. Die beiden Verleger waren freundliche Herren und die Angestellten sehr kollegial. Vielleicht, hoffte ich, könnten sie mir helfen. So fuhr ich zum Verlag im Pressehaus und wurde herzlich empfangen. Hier war keine Stelle frei. Aber die beiden Verleger hatten gute Beziehungen zur Internationalen Buchhandlung in Stockholm und konnten mir da einen Job vermitteln, weil sie an Angestellten mit Sprachkenntnissen interessiert waren. Ich beherrschte damals Französisch und Deutsch.

Die Formalitäten (Vertrag, Reisepass, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung) waren schnell erledigt. Schon im späten Sommer trat ich die neue Stelle an, und es begann eine ereignisreiche Zeit.

Stockholm
Stockholm. Im Hintergrund der Frachthafen

Schlosskirche in Stockholm
Schlosskirche in Stockholm

Es kam eine Sendung aus den USA mit Norman Mailers The Deer Park“ in von Salz (See-)wasser getränkten Folien an. Sie stammten aus der Andrea Doria“, einem Luxusliner, der  am 25. Juli 1956 auf dem Weg nach New York vor der Küste von Nantucket mit dem ostwärts fahrenden Passagierschiff „Stockholm zusammenstieß und unterging [nach Wikipedia]. Ich durfte ein Exemplar mit nachhause nehmen.

Der liberale jüdische Inhaber beschäftigte in der Buchhandlung Immigranten, die nach Schweden geflüchtet waren: unter anderem einen jüdischen Antiquar, der mehrere Sprachen beherrschte und mit wertvollen alten Büchern durch die Welt reiste; einen Österreicher, der in der Nazizeit der deutschen Botschaft in Kairo angehört hat und mir erzählte, dort hätten sich reiche Britinnen von jungen Ägyptern mit langen, großen Schwänzen bedienen lassen; und mich Ex-Fremdenlegionär, den die Presse wie alle deutsch-französischen Legionäre diskriminiert und zu Landesverrätern erklärt hat.

Bald lachte ganz Schweden über ein Ereignis, das in dem renommierten Bücherhaus stattfand und unter dem Titel „Die Stinkbombe“ erzählt werden soll:

An einem Morgen wurden wir von einem penetranten Aasgeruch, der sich vom Keller bis zum Dachgeschoss ausgebreitet hatte, empfangen. Wir alle begaben uns auf die Suche nach Ort und Ursache dieses Geschehens. Tagelang. Kein Erfolg. Feuerwehr und Polizei wurden alarmiert; es wurden die Abwasserrohre untersucht, Toiletten und Waschbecken. Die Presse erschien, machte Fotos und schrieb ernste und heitere Berichte.

Ich habe schließlich das Übel entdeckt – im Keller, an den niemand gedacht hatte. Dort befanden sich Bücher, die nicht mehr gefragt und aussortiert waren. Ich musste einen Arm voll weiterer Exemplare ´runterbringen und fand auf der Toilette, die selten benutzt wurde, das corpus delicti oben auf dem Spülkasten über dem Topf: die halbverwesten Reste eines Smörrebröds mit fleisch- oder fischähnlichem Belag in einer offenen Pappschachtel.

    Durch junge Schwed*innen lernte ich Land und Leute kennen. Sie sprachen fließend Deutsch, damals ein Pflichtfach in den höheren Schulen.

    Eine Kunststudentin zeigte mir den Millesgården bei Stockholm mit den Skulpturen des Bildhauers Carl Milles (1875-1955)

Wir hatten uns in einem Schnellimbiss, in dem ich oft zu Mittag aß, kennengelernt.

Sie legte Wert darauf, mir klar zu machen, dass der Ruf sexueller Freizügigkeit, der den Schwedinnen vorausgeht, nur in der Fantasie ausländischer Männer existiert.

Millesgården bei Stockholm mit den Skulpturen des Bildhauers Carl Milles (1875-1955):

Skulpturen von Carl Milles im Skulpturen von Carl Milles im Kunstmuseum Millesgården bei Stockholm
Skulptur des Bildhauers Carl Milles (1875-1955) im Millesgården bei Stockholm

Skulpturen von Carl Milles im Skulpturen von Carl Milles im Kunstmuseum Millesgården bei Stockholm

Skulpturen von Carl Milles im Skulpturen von Carl Milles im Kunstmuseum Millesgården bei Stockholm

Skulpturen von Carl Milles im Skulpturen von Carl Milles im Kunstmuseum Millesgården bei Stockholm

Skulpturen von Carl Milles im Skulpturen von Carl Milles im Kunstmuseum Millesgården bei Stockholm

Skulpturen von Carl Milles im Skulpturen von Carl Milles im Kunstmuseum Millesgården bei Stockholm

Mehr über Carl Milles: https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Milles

Vorort von Stockholm
Vorort von Stockholm

Wir wohnten in einem Vorort von Stockholm in einem Hochhaus, das auf Felsen stand, zwischen hohen Kiefern, und fuhren mit der S-Bahn zur City.  Im Winter schnallten wir die Skier an der Haustür an.

Winter bei Stockholm
Winter

Wir, das waren Birgit, eine Kollegin, und ich. Wir waren uns schnell einig geworden.

Die Geschichte „FIETE DER GROSSE“ in „Der kleine Mann“, Recklinghausen 2005, S, 9 ff., beruht auf Ereignissen, die ich in Schweden erlebt habe. Birgit betreute den Sohn einer Freundin, während seine alleinerziehende Mutter dienstlich verreist war. Der Junge hat sich so verhalten, wie beschrieben: Er hat uns beklaut, um sein Kriegsarsenal auszustatten und als Admiral Kriege zu führen. Als der Schwindel herauskam, hat er es bitter bereut.

Ich habe diese Geschichte nach Schleswig-Holstein verlegt. Hier wie da lag viel Schnee.

Schweden und Dänen können sich nicht riechen, wird behauptet. Dänisch sei, frotzeln die Schweden, keine Sprache, sondern eine Halskrankheit. Eine Ausnahme machte jedenfalls der „verrückte Däne“, wie er sich selber nannte. Wir trafen uns ab und an in einem Kaffee. Er kam, wenn die Straßen zugeschneit waren, auf einem Motorrad. Er hatte eine Skikufe anmontiert.

Heinz, ein Kollege, Sohn eines aus dem Nazi-Deutschland nach Schweden geflüchteten Sozialdemokraten, war mit einer Schwedin verheiratet. Er nahm mich im Sommer mit zu einer Insel in den Schären, die ihnen gehörte.

Stockholmer Schärengarten:

Stockholmer Schärengarten

Stockholmer Schärengarten

Stockholmer Schärengarten

Stockholmer Schärengarten

Stockholmer Schärengarten

Stockholmer SchärengartenDort bauten wir ein traditionelles, ohne Nägel zusammengefügtes Blockhaus auf. Flößer hatten das in Einzelteile zerlegte Gebäude aus dem Norden zur Insel gebracht.

.Schweden bleibt mir in guter Erinnerung, nicht nur, weil dieser beispiellose Sozialstaat mir jeden Monat eine kleine, angemessene Rente überweist.

In Stockholm
In Stockholm

Fotos © Dietrich Stahlbaum 1955/57

[Im Entwurf zum 14. eBook Das Buch in der Wolke. Work in Progress]

 

 

 

»Alt werden und jung bleiben. Eine kleine Philosophie des Alterns« – Neueste Fassung abrufbar

Die neueste Fassung ist jetzt abrufbar!

Coverbild von Stahlbaums 13. eBook

Meine Frau hat nochmals gegengelesen und ich habe ein paar Fehler korrigiert.

Vollkommen überarbeitet und mit weiteren Kapiteln ergänzt:

Mein letztes, das 13. eBook mit Notizen, Berichten, Aphorismen, Kurzprosa und zeitkritischen Aufzeichnungen kann hier → https://www.bookrix.de/_ebook-dietrich-stahlbaum-alt-werden-und-jung-bleiben/ für 4,99 € erworben und auf jeden PC und jedes Lesegerät heruntergeladen werden.

»Alt werden und jung bleiben. Eine kleine Philosophie des Alterns –
Notizen, Berichte, Aphorismen, Kurzprosa und zeitkritische Aufzeichnungen eines alten Mannes«

 Klappentext:

     Ich alter Mann (+–93…) könnte sagen: “Mich geht das nichts mehr an. Ich habe mein Leben gelebt. Macht doch, was ihr wollt!“

Das will ich nicht, denn solange ich anderen Menschen, jungen und alten, Mut machen kann, den Widrigkeiten des Alltags zu widerstehen und das gegenwärtige Weltgeschehen rational, nüchtern und vernünftig zu betrachten, ohne depressiv zu werden, kann ich mich nicht wegducken.

Deshalb sage / schreibe, berichte ich, was ich erlebt habe, gehbehindert und mit einem “Klotz am Bein“, einem Urinbeutel mit Bauchkatheder, wie ich damit umgehe, und sage / schreibe, was ich wahrnehme und denke, z. B. über  Religionen, Kirchen, „Künstliche Intelligenz“ (KI), Greta Thunberg und Mutter Teresa. Auch der Humor kommt nicht zu kurz.

Ein Erlebnis, das mich sehr bewegt hat, war der unerwartete Besuch eines vietnamesischen Freundes aus Hanoi und seiner Frau. Dazu Fotos und Facebook-Beiträge auf Vietnamesisch. Sein Vater war Việt Minh-Soldat und hat 1953-54 in Dien Bien Phu gegen die französische Kolonialarmee gekämpft. Ich war am 5. und 6. Dezember 1953 als Dispatcher in der Stabskompanie des 1. Bataillons der französischen Fremdenlegion (1. BEP) ebenfalls in Dien Bien Phu.

Die Vergangenheit ist nach meinem Verständnis stets gegenwärtig und wirkt in die Gegenwart hinein. Auch das versuche ich in diesem eBook zu vermitteln.

In einem Nachtrag ein paar Worte über seine Entstehung mit einer Würdigung meines Freundes Wolfgang Beutin (seit 1962), seiner Frau Heidi und ihres Sohnes Lorenz Gösta.

Das Buch „wächst“. Hinzu gekommen sind:

ein ergänzender Kommentar des ehemaligen VHS-Direktors Richard Paetzold zum Geschichtswerk »100 Jahre Volkshochschule Recklinghausen« seines nachfolgenden Kollegen Jürgen Pohl.

Paetzold erwähnt die kulturpolitischen Aktivitäten der VHS, des Kulturamtes, der Ruhrfestspielverwaltung und des DGB in den 74er und 80er Jahren.

VHS-Gruppen sahen die Eigeninszenierungen der Ruhrfestspiele, die Kunstausstellungen und diskutieren mit Theaterfachleuten. Daran waren partei- und bildungspolitisch interessierte Bürger*innen ebenso wie Arbeiter*innen beteiligt.

1974 saßen acht Arbeiter*innen auf dem Podium, darunter Mitglieder der DKP. Sie prangerten sozial- und kulturpolitische Missstände an und bestanden auf dem demokratischen Recht aller, eben auch der „Malocher*innen“, aktiv am Kulturleben teilzunehmen, es mitzugestalten.

Hiernach folgen

ein Beitrag über Deutsche mit „Migrationshintergrund“, Einwanderer seit dem Mittelalter, zwei konträre Krankengeschichten und zum Schluss „Gemischtes und Gereimtes“ (mit einigen Fotos).

Dietrich Stahlbaums 13., sein letztes eBook erschienen!




Mein letztes, das 13. eBook mit Notizen, Berichten, Aphorismen, Kurzprosa und zeitkritischen Aufzeichnungen ist erschienen, kann hier → https://www.ebook.de/de/quickSearch?searchString=Dietrich+Stahlbaum%3A+Alt+werden+und+jung+bleiben&mainsearchSubmit=Suche&facetNodeId=-1 für 4,99 € erworben und auf jeden PC und jedes Lesegerät heruntergeladen werden.

Alt werden und jung bleiben. Eine kleine Philosophie des Alterns
Notizen, Berichte, Aphorismen, Kurzprosa und zeitkritische Aufzeichnungen eines alten Mannes
Ich alter Mann [93 + … ] könnte sagen: “Mich geht das nichts mehr an. Ich habe mein Leben gelebt. Macht doch, was ihr wollt!“
   Das will ich nicht, denn solange ich anderen Menschen, jungen und alten, Mut machen kann, den Widrigkeiten des Alltags zu widerstehen und das gegenwärtige Weltgeschehen rational, nüchtern und vernünftig zu betrachten, ohne depressiv zu werden, kann ich mich nicht wegducken.
   Deshalb sage / schreibe, berichte ich, was ich erlebt habe, gehbehindert und mit einem “Klotz am Bein“, einem Urinbeutel mit Bauchkatheder, wie ich damit umgehe, und sage / schreibe, was ich wahrnehme und denke, z. B. über „Künstliche Intelligenz“ (KI), Greta Thunberg und Mutter Teresa. Auch der Humor kommt nicht zu kurz.  
  Ein Erlebnis, das mich sehr bewegt hat, war der unerwartete Besuch eines vietnamesischen Freundes aus Hanoi und seiner Frau. Dazu Fotos und Facebook-Beiträge auf Vietnamesisch. Sein Vater war Việt Minh-Soldat und hat 1953-54 in Dien Bien Phu gegen die französische Kolonialarmee gekämpft. Ich war am 5. und 6. Dezember 1953 als Dispatcher in der Stabskompanie des 1. Bataillons der französischen Fremdenlegion (1. BEP) ebenfalls in Dien Bien Phu.
   Die Vergangenheit ist nach meinem Verständnis stets gegenwärtig und wirkt in die Gegenwart hinein. Auch das versuche ich, in diesem eBook zu vermitteln.
   Weitere neue Beiträge werden folgen. Fortsetzungen können neuerdings eingearbeitet werden.
  

Am 7. Mai erinnert Vietnam an die Schlacht um Dien Bien Phu, die vor 65 Jahren zum Ende der Kolonialherrschaft Frankreichs in Ostasien geführt hat

Am 7. Mai 1954 erlitten die in 300 km Luftlinie westlich von Hanoi eingekesselten französischen Truppen eine folgenschwere Niederlage.  Sie ergaben sich nach 57 Tagen der Übermacht. Die Verluste waren auf beiden Seiten sehr hoch, besonders bei uns in der Legion, wo jeder Zweite Deutscher war.

Ich habe nach Recherchen aus authentischen französischen und vietnamesischen Quellen und nach Berichten von Legionären und Offizieren der französischen Fremdenlegion darüber in meinem Roman »Der Ritt auf dem Ochsen oder auch Moskitos töten wir nicht« berichtet. Ein Roman über Gewalt, Krieg und buddhistischen Pazifismus in Vietnam, zügig niedergeschrieben in den Jahren 1995-99.

   Deshalb verstehe ich mein Buch als Beitrag zur Versöhnung zwischen den einst verfeindeten Völkern. dst.

Dietrich Stahlbaum

Soldauszahlung in DBP
Soldauszahlung in Bien Phu am 5. Dezember 1953. Dritter von links: Dietrich Stahlbaum

Der Roman:

Reinhard Ganz, Veteran der französischen Fremdenlegion, erhält 40 Jahre nach dem Ende des Indochinakrieges Post aus Hanoi: Aufzeichnungen seines Freundes Miroslav Prochazka, der 1954 in Dien Bien Phu verwundet wurde und seitdem verschollen ist. Er erinnert sich an ihre gemeinsame Zeit in Algerien und Vietnam (1949-54), an einen Krieg, der sie verändert, und an ein Volk, das sich vom Kolonialismus befreit hat.

Im zweiten Teil des Romans schildert Miroslav seinen Weg zu einem engagierten Buddhismus. Er ist mit Hilfe einer jungen Vietnamesin desertiert und lebt bis 1966 in einer buddhistischen Dorfgemeinschaft in den Bergen Nordvietnams. Hier haben Deserteure beider Kriegsparteien und ein verwundeter Ranger Asyl und traumatisierte Waisenkinder ein neues Zuhause gefunden. Mönche, die aus Süd- und Nordvietnam geflüchtet sind, berichten über den gewaltfreien Widerstand gegen das US-amerikanische Eingreifen in Vietnam, gegen die Saigoner Militärdiktatur und gegen Unter- drückung und Verfolgung durch das kommunistische Regime in Hanoi. Am Ende wird auch das Friedensdorf Opfer militärischen Wahns.

   Ein pazifistischer Roman über Soldaten, die erkennen müssen, dass sie nicht töten und zerstören können. Ein zeitdokumentarischer Roman über historische Hintergründe, mit Rückblenden auf eine faschistische Kindheit, auf Erlebnisse eines jungen Tschechen im antifaschistischen Widerstand und auf die ersten Nachkriegsjahre in Ost und West. Ein Entwicklungsroman, der das Wesentliche buddhistischer Lehre und Kultur aus der Sicht eines vermeintlich aufgeklärten Europäers vermitteln und auf ihre Aktualität hinweisen soll.

Mein Carnet des services aériens mit Eintrag 5..-6.12.1953 DBP
Mein Carnet des services aériens mit Eintrag 5..-6.12.1953 DBP

Die Printausgabe des Buches (Aachen 2000) ist vergriffen, Neuauflage seit I/2012 als eBook →  http://www.bookrix.de/_ebook-dietrich-stahlbaum-der-ritt-auf-dem-ochsen-oder-auch-moskitos-toeten-wir-nicht/ 

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Zwei Lebensläufe

Zwei Lebensläufe, zwei Auffassungen, zwei Ansichten, zwei Denkweisen, zwei (Welt-) Anschauungen, zwei Lebensweisen –  da zeigt sich, wie Ereignisse, Menschen, Zufälle, wie das, was wir erfahren haben und was uns widerfahren ist, uns tief beeinflusst hat, prägt. Unsere Erinnerungen mögen verblassen; manches scheint vergessen zu sein, nicht mehr rückholbar und ist ins Unbewusste verdrängt worden, weil wir es als bedrohlich, als peinlich oder auch als unwichtig empfunden haben. Dennoch ist die Vergangenheit, die wir erlebt und erfahren haben und die teilweise nicht mehr in unserm Gedächtnis ist, vorhanden. Sozusagen in der Cloud, und uns fehlt das Passwort, der Schlüssel, um Einzelheiten abzurufen, und wir bilden uns Ereignisse und Dinge ein, die es nicht gab oder die anders waren.

Du schreibst, lieber . . .:  „Aus mir ist ein Familienvater mit 3 Kindern geworden, der sich den gesellschaftlichen Konventionen angepasst hat und gut bürgerlich sein Leben gelebt hat.“ Aus mir ist ein Familienvater mit 3 Kindern geworden, der sich den gesellschaftlichen Konventionen nicht angepasst hat und das Bürgertum, seine Herkunft, seine Geschichte und sein Wirken erforscht und kritisch hinterfragt hat.

Gesellschaftskritik ist einer meiner Schwerpunkte, auch heute. Dabei habe ich mir nicht nur Zustimmung eingehandelt, sondern zum Teil auch erhebliche Nachteile, in den 70er Jahren sogar eine rechtswidrige Kündigung durch einen nationalkonservativen Bürger und Unternehmer, dem meine gewerkschaftlichen Aktivitäten nicht gepasst haben, darunter Aufklärung der Belegschaft über ihre Rechte und Ermunterung, ihre miserablen und ihre Gesundheit gefährdenden Arbeitsbedingungen nicht unterwürfig hinzunehmen.

Aktiv im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, entstand damals diese realsatirische Geschichte: »Ein Schuss vor den Bauch. Alte Geschichte, wieder aufgetaucht« →  https://stahlbaumszeitfragenblog.wordpress.com/?s=Ein+Schuss+vor+den+Bauch

Seitdem habe ich Foto- /Text-Reportagen über politisch und ökologisch relevante Ereignisse in Deutschland und Frankreich veröffentlicht (Vorträge, Ausstellungen).

Woher meine kritische, mitunter skeptische Einstellung kommt? Sie entstand bereits, als ich in der Nazizeit den Konfirmandenunterricht verweigerte und, indoktrinierter Pimpf, dem Pfarrer sagte, Jesus sei Jude gewesen, und er, ich vermute, ein Deutscher Christ (DC), darauf  geantwortet hat: „Jesus  war blond wie du. Er war kein Jude.“  Das war in Friedland.

Dieter als Pimpf
Dietrich Stahlbaum als Pimpf

Ich war hell-, nicht dunkelblond und machte mir die Haare nass, um älter auszusehen.

Karlheinz Deschner PKarte

Später habe ich fast die gesamte Religions- und kirchenkritische Literatur gelesen (u. a. Voltaire, Ludwig Feuerbach, Kant, Marx, Sigmund Freud, Karlheinz Deschner, arabische und israelische Historiker und Archäologen…) und bin Agnostiker und Atheist geworden.

In Vietnam (1951-54) begegnete ich Buddhist*innen und las später buddh. Literatur, z.B. die überlieferten (Pali-) Urschriften der Reden und Lehren des Gautama Buddha. Auch er war Agnostiker und lehnte den Gottesglauben und den hinduistischen Glauben an eine „Ewige Seele“ ab.

Die Begegnungen mit Buddhist*innen haben mich zum zeitdokumentarischen Roman »DER RITT AUF DEM OCHSEN oder AUCH MOSKITOS TÖTEN WIR NICHT« angeregt. →  https://www.bookrix.de/_ebook-dietrich-stahlbaum-der-ritt-auf-dem-ochsen-oder-auch-moskitos-toeten-wir-nicht/

Der Deserteur ist Miros, mein zweites Ich, eine Kunstfigur. Ich hätte nur zu den Vietminh desertieren können. Das wollte ich nicht. Ich war längst Pazifist und, wie Goethe, Dag Hammarskjöld, Camus, Bertrand Russell, Kosmopolit.

Soweit ein kleiner Ausschnitt aus meiner Vita. Mehr in meinen Schriften. Siehe E-Books.

Allen Leserinnen und Lesern meiner Webseiten diesseits und jenseits des Atlantiks und anderer Meere wünsche ich friedliche, besinnliche und erholsame Feiertage und viele positive Energien im kommenden Jahr!
Meilleurs vœux de Noël et de Nouvel An à toutes mes amies et à tous mes amis!
Merry Christmass and good wishes for the New Year!

 

 

Buchtipp (Neuerscheinung): »Bevor meine sterblichen Reste der Ostsee übergeben werden … Autobiografisches, Zeitkritische Beiträge, Reiseberichte, Fotoserien, Aphorismen, Humor«

coverpic E-Book "Bevor..."

 Klappentext:

    Bevor die Urne mit meiner Asche der Ostsee bei Oldenburg in Holstein übergeben wird, soll hier eine Sammlung autobiografischer, zeitkritischer Beiträge und einiger noch nicht veröffentlichter Erinnerungen, Erkenntnisse und Fotografien präsentiert werden. Denn ich habe in meinem ereignisreichen Leben viel erfahren. Meine Biografie hat Brüche. Darüber habe ich berichtet und dazu einiges fotografisch dokumentiert.

Dieses, mein zwölftes E-Book, wird wahrscheinlich mein letztes sein. Es ist ein sehr persönliches. Darin am Anfang ein zeitdokumentarischer Bericht über Werbemethoden eines Leserings, die ich Ende der 50er Jahre in einer Klinkenputzerkolonne erfahren habe, und am Schluss eine kleine Realsatire über eine merkwürdige Färbung meines Bartes. Auch Reiseberichte, Ausschnitte aus meinem autobiografischen Roman, philosophische Betrachtungen, Aphorismen, Repliken aus politischen Kontroversen, viele Bilder und ganze Fotoserien sind darin. –

Natürlich weiß ich nicht, ob ich meine Zielmarke 100 erreichen werde, aber ich will, solange ich bei klarem Verstand bin und meine Augen es erlauben, politisch, kulturpolitisch-literarisch aktiv bleiben und werde weiter schreiben und fotografieren.

INHALT

  1.   Bei Bertelsmann in der Drückerkolonne
  2.   Altnazis, Gründe für Flucht aus D.
  3.   Die Freiheiten, die wir heute haben. Brief an Enkel
  4.   Linke Politik in der Weimarer Zeit und heute
  5.   Das Internet verleitet zu selektiver Wahrnehmung
  6.   Digitalisierung, künstliche Intelligenz – neue Technologien
  7.   Antwort an einen Pegida-Anhänger
  8.   GroKo: SPD-Mitgliedervotum – ein jämmerliches Ergebnis
  9.   Deutsche mit Migrationshintergrund
  10.  „biodeutsch“

11.  Die Friedensbewegung hat dazu beigetragen, den Vietnamkrieg 1975 zu beenden

12.  DIE LINKE, Demokratischer Sozialismus, Utopien. Replik

  1.  Horstens Biertisch und Weißwurstdisput

14.  „Das Maß aller Dinge“

15.  Kultur.gebiet Consol Gelsenkirchen. Multikulturelles Projekt. Fotos

16.  Araberinnen, Begegnung in Algerien 1951

17.  Zwei Legionäre in einem Freudenhaus

18.  Ein Gedanke zu zwei Legionäre… (17.)

19.  Spätsommer im Naturpark Teuto/Eggegebirge. Reisebericht. Fotos (Auschnitt)

  1.  Naturwanderungen – Biogarten im Klimawandel (Fotoserie)

21.  Stahlbaums Fotogalerie 2018

22.  Aphorismen und andere Reflexionen

23.  Humor: Eine merkwürdige Färbung meines Bartes, Der Guru (Fotos)

Widmung

    Allen, die sich dem Mainstream widersetzen und sich unter Gefahren für Leib und Leben für die elementaren Menschenrechte einsetzen. Nicht vergessen will ich die Menschen, die mir in schwierigen Situationen mit Rat und Tat geholfen, und die Vielen, die mein Leben bereichert und mich zu kritischem Denken angeregt haben. Auch ihnen widme ich dieses Buch. Vor allem danke ich meiner Frau, die seit 57 Jahren die Familie umsorgt, in der Frauenbewegung aktiv war und sich sozial und ökologisch engagiert, sowie Wolfgang Beutin, mit dem ich fast ebenso lange freundschaftlich, politisch und kulturell verbunden bin.

Verlag: BookRix GmbH & Co., Erscheinungsdatum: 15.10.2018,                               Dateigröße: 27216 KB, ISBN: 9783743883772

Das BOOKRIX-E-Book kann jetzt für 4,99 EURO auf Ihren Computer oder auf ein Lesegerät hier heruntergeladen werden →  https://www.bookrix.de/_ebook-dietrich-stahlbaum-bevor-meine-sterblichen-reste-der-ostsee-uebergeben-werden-1/

 

Zwei Legionäre in einem „Freudenhaus“

Sétif, Algerien 1950. Die Sonne ist hinter dem Berg weggetaucht, und ein kühler Wind weht herüber, vermischt sich mit der Backofenwärme, ausgestrahlt von den Hauswänden, den Steinplatten des Bürgersteigs und der Asphaltstraße. Die Gleichzeitigkeit von heiß und kalt. Später werden wir in einem Araberdorf mit glühendem Gesicht vor offenem Feuer sitzen, während uns die Nachtkälte den Rücken heraufkriecht.

Wir [Reinhard und Miros] bezahlen unseren Kaffee und gehen ins Bordell. Ein altes, graues Gebäude, mehrgeschossig, in einer schmalen Seitenstraße. Eine große Holztür, gefertigt vor vielen Generationen, mit Klappfenster und Klopfer. Der Lack ist rissig, teilweise abgeplatzt, am Klopfer und am Türgriff abgenutzt.

Miros hat es wohl eiliger als ich und betätigt den Klopfer. Das Türfenster wird aufgeklappt. Es erscheint ein breites, ältliches Gesicht. Es ist maskenhaft geschminkt. Eine Araberin. Sie mustert uns wie ein Unteroffizier beim Abendappell. Das Fenster klappt  wieder zu. Jetzt wird die Tür geöffnet, und wir dürfen eintreten.

Vor uns ein langer, hoher Korridor mit kahlen, weißgekalkten Wänden und vielen Türen. An jeder Tür… Da werden wir von der alten Araberin, die auf einem Rohrstuhl an einem kleinen Tisch sitzt, mit einer Handbewegung auf einen Blechteller aufmerksam gemacht. Sie nennt einen Betrag, den ich vergessen habe. Wir blättern ein paar Scheine hin und wollen schnurstracks in den Korridor.

„Messieurs, ici!“ Ihre Hand weist auf die nächste Tür, die erste gleich hinter ihr. Diese öffnen wir und identifizieren, noch bevor wir eingetreten sind, den scharfen Geruch eines Desinfektionsmittels als denselben Stoff, mit dem wir die Latrinen gesäubert haben.

An einem Holztisch, roh gezimmert und blankgescheuert, steht ein Mensch in weißem Kittel und herrscht uns an: „Schwänze raus! Vorhaut, wenn vorhanden, hochziehen!“

Wir folgen diesem Befehl, ohne an eine andere Möglichkeit überhaupt zu denken; und der Mensch, ein Sanitäter unseres Regiments, betrachtet die beiden Penisse, nickt zustimmend, taucht einen Holzspachtel in einen großen, weißen Keramiktopf, schmiert uns eine Salbe auf den Zeigefinger und befiehlt: „Einreiben!“

Als dies geschehen, langt er in einen hohen Pappkarton voller Präservative und entläßt uns jeden mit einem dieser Gummi und den Worten: „So, jetzt könnt ihr feuern! Oder seid ihr katholisch?“ Sein Grinsen verrät uns, daß diese Frage nicht ernst gemeint ist.

Bei vollem Bewußtsein sind wir erst wieder auf dem Korridor, wo an jeder Tür eine Frau steht oder auf dem Boden hockt: Araberinnen, ein paar Europäerinnen, fast jeden Alters, Dunkelhäutige, Hellhäutige, alle sehr sparsam bekleidet, einige in schwarzen, andere in dunkelroten Dessous, dazwischen in weiße, durchsichtige Schleier Gehüllte, behängt mit Fuß- und Armreifen und silbernen Ketten um Stirn und Hals, daran münzenartige Plättchen, die bei jeder Bewegung klimpern.

Wir gehen an erwartungsvollen, einladenden Blicken vorbei und lassen uns schließlich von zwei Europäerinnen hineinziehen in ihre Kammer. Auch hier der uns bekannte Geruch, mit dem wir es zehn Tage lang zu tun hatten, oder nur die Erinnerung daran, und auf der Haut der beiden Frauen ein offenbar billiges Veilchenparfüm.

Die Lust ist uns vergangen, noch bevor wir uns ausgezogen haben. Dies wird uns, nachdem wir es erklärt haben, nicht übel genommen: „Das kommt hier öfters vor.“

Gemeinsam trinken wir eine Tasse arabischen Tee und erzählen uns unsere Geschichten, bis an die Kammertür geklopft und an die Zeit erinnert wird.

Die beiden Frauen, wie alle Europäerinnen in algerischen Bordellen natürlich „aus wohlhabenden Familien“, waren bei einem Afrikatrip hier gelandet und besaßen nichts mehr als ihre Haut. Nun sparen sie für ein anderes und besseres Leben, das wohl ein Traum bleiben wird; es sei denn, ein alter, ausgedienter Legionär holt sie hier heraus und tut sich mit ihnen zusammen.

[Aus: Der Ritt auf dem Ochsen oder auch Moskitos töten wir nicht, Aachen 2000 und eBook 2012]

Klinkenputzer in der Drückerkolonne oder Als Reinhard Mohn begann, einen der mächtigsten Medienkonzerne aufzubauen

1954, als ich aus der Fremdenlegion nach Deutschland zurückgekehrt war, suchte ich einen Job. Das war dank der deutschen Presse, die uns Veteranen samt der Legion in Verruf gebracht hatte, eine fast aussichtslose Unternehmung. Man nannte uns abschätzig Söldner, ohne daran zu denken, dass jeder Soldat Sold empfängt und kein Gehalt und dass der englische Begriff soldier lautet. Und wer als ein solcher in fremden Diensten stand oder gestanden hat, galt bei deutschen Unternehmern, Kaufleuten oder Handwerksmeistern, die nun niemanden mehr hatten, vor dem sie stramm stehen konnten, als vaterlandsloser Geselle.

Mein Erspartes war fast aufgebraucht und ich schlenderte rat-, ziel- und wohnungslos durch die Straßen einer Großstadt. Vielleicht war es Zufall, vielleicht Absicht: Neben mir hielt ein nagelneuer VW Bulli, zehn bis zwölf junge Menschen stiegen aus und verteilten sich straßenweise auf das Viertel; jeder trug die gleiche kleine Aktentasche unterm Arm. Einer der Insassen des Busses saß noch am Steuer. Er winkte mich zu sich heran und fragte, ob ich aus dieser Gegend sei. Ich war es nicht, und ihm schien dies Recht, denn er wollte mich, wie man so schön sagt, von der Straße weg engagieren. Er habe einen lukrativen Job anzubieten. Wenn ich fleißig wäre und geschickt, könne ich binnen kurzem ein Vermögen machen.

„Wir verkaufen eine Idee“, sagte er, „nicht irgendeine Ware. Sondern eine Idee! Wenn Sie mitmachen wollen, kommen Sie heute Abend in das Lokal »Zum lustigen Seemann« in der …straße.“ (Den Namen habe ich vergessen) „Wir beginnen um 19 Uhr 30. Eine kleine Verköstigung ist dabei.“

Pünktlich um 19 Uhr 30 stellte sich ein Herr in grauem Straßenanzug den etwa 25 Zuhörern als Beauftragter der Firma Bertelsmann vor und hielt einen Vortrag über den Verkauf einer Idee und die großen Erfolge bei der Umsetzung derselben. Nach einer halben Stunde meldeten sich acht der Zuhörer, die sich entschlossen hatten, beim Verkauf dieser Idee mitzuwirken. Und schon wurden wir acht eingeladen, an einer kurzen Schulung teilzunehmen. Dabei erfuhren wir von dem Herrn im grauen Straßenanzug, dass der Boss vor kurzem von einer Managertagung aus den USA zurückgekehrt sei und eine neue Verkaufsmethode eingeführt habe, und wir erfuhren, wie diese Methode angewendet wird. Wer es sich zutraue, „möchte sich bitte in die Liste eintragen!“

Ich habe mich ohne besseres Wissen ebenfalls in „die Liste“ eingetragen und am nächsten Morgen an der Ecke eines anderen Stadtviertels mit anderen Klinkenputzern getroffen. Zu zweit sind wir losgegangen, treppauf treppab, von Wohnung zu Wohnung, jeder mit der gleichen kleinen Aktentasche unterm Arm. Das Sprüchlein, das wir alle gemeinsam eingeübt und dann vor jeder Wohnungstür, die geöffnet wurde, einzeln aufgesagt haben, lautete:

»Guten Tag, Herr.. (oder Frau…) ! Ich komme im Zuge einer allgemeinen Meinungserforschung zu Ihnen. Wir möchten Sie nicht belästigen, aber sicherlich können Sie einige Fragen beantworten, die von großem Interesse sind. Erlauben Sie, dass wir hereinkommen?«

Die meisten der Hausfrauen haben es uns erlaubt, so dass wir eine Mappe auf ihren Küchen- oder Wohnzimmertisch legen und fortfahren konnten:

»Haben Sie Kinder? (oder Enkelkinder?) Dann haben Sie doch sicherlich die entsetzliche Geschichte von dem Jungen gehört, der einen anderen Jungen gehängt hat, weil er einmal sehen wollte, wie das ist, wenn einer aufgehängt wird. Der Junge, das haben wir inzwischen erfahren, hat lauter Schundliteratur gelesen, diese Zehnpfennig-Heftchen, wissen Sie?«

Wir schlugen die Mappe auf und zeigten die Zeitungsberichte über diesen Fall.

»Nun unsere Frage: Sollte man den Kindern nicht bessere Bücher geben, Bücher, die noch viel spannender sind und die nicht zu solchen schrecklichen Taten verführen?«

Die Antwort war jedes Mal eindeutig, so dass wir geradezu auf das Ziel zusteuern konnten:

»Das können wir Ihnen bieten…«

Wir blätterten die Seiten der Mappe mit den Kinderbüchern auf und fragten nach dem Alter der Kinder.

»Sehen Sie, dies zum Beispiel…«

Oder, wenn es keine Kinder oder Enkelkinder gab, wurde die Mappe mit den Erwachsenenbüchern aufgeschlagen:

»Da haben wir auch etwas für Sie! Schauen Sie!«

So haben wir Haus für Haus, Wohnung für Wohnung abgeklappert, uns den Mund fusselig geredet und „die allgemeine Meinung erforscht“. Wahrlich, eine grandiose Idee.

Immerhin, die wenigen Vertragsabschlüsse für ein Abonnement des Bertelsmann-Leseringes, die wir abends abgeliefert haben, verhalfen in der Summe dem Kolonnenführer, zu überleben, und dem Verlag, in deutschen Haushalten Fuß zu fassen. Ich aber hatte nicht die Absicht, mit solchen kleinen, fiesen Tricks groß zu werden, und schlenderte drei Tage später wieder rat-, ziel- und wohnungslos durch die Straßen.

(2002)