Die katholische Kirche hat ein Problem…

Die katholische Kirche hat ein Problem, noch eins, ein fast unlösbares, aber geistREeich, wie sie nun mal ist, sie wird eine Lösung finden. Denn es handelt sich um Heiligen-Reliquien – in Recklinghausen. Selbige werden „umgebettet“, lesen wir in der Recklinghäuser Zeitung vom 2. Juli 2019.

    Worum geht`s? Die Pfarrkirche in Oer-Erkenschwick wird umgebaut. Sie wurde 1963 geweiht und steht seit dem Frühjahr dieses Jahres unter Denkmalschutz. Die Kirche hat nur noch so wenige Mitglieder, die am Gottes-Dienst teilnehmen, dass St. Marien räumlich verkleinert werden muss. Das Pfarrheim wird in den Kirchenbau integriert. Kosten: 1,8 Millionen EURO. Jetzt soll der Bischof tätig werden. Nicht wegen der Kosten, sondern weil die Reliquien im Altar sind, Knochensplitter von zwei Frauen, einer  Ursula, die mit 11.000 jungfräulichen Gefährtinnen nach Rom geflüchtet ist, um einer Verheiratung (mit dementsprechenden ehelichen Pflichten. dst.) zu entkommen, und einer polnischen Ordensschwester, die im Jahr 2000 von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen worden ist. Die heilige Ursula, heißt es, sei mit einem Pfeilschuss des Hunnenkönigs getötet worden.

   Das Problem: Die Kirche muss wegen des Umbaus entweiht und nachher wieder geweiht werden (!).   

Eine Realsatire.   

Zwei Lebensläufe. 2.Teil

Die Titelgeschichte „Auf der Erde ist der Teufel los“ *)  ist eine Satire mit den zumeist üblichen Überzeichnungen. Sie soll zum Nachdenken anregen, zum Infragestellen, zum Hinterfragen, sie soll Widersprüche aufdecken und zum Widerspruch aufrufen, zur Skepsis, um die eigene Position zu bestimmen, die des Lesers und die des Autors, in diesem Fall meiner eigenen. […]

Ich bin durch die vielen Begegnungen und Anregungen, sowie durch eigene Lektüre, vor allem Deschners Bücher, Agnostiker geworden, und durch ihn und, angeregt durch die Philosophie der Aufklärung, durch die neue Physik und die Urschriften des Gautama Buddha, Atheist. Dazu habe ich eigentlich alles gesagt bez. geschrieben und in meinen Schriften veröffentlicht.

Während Deschner nie mehr von den Jesuiten zum Disput eingeladen worden ist, mein Freund Wolfgang Beutin wurde es. Wir kennen uns seit 1962 durch –  Deschner. Wolfgang hat Beiträge in vielen Büchern Deschners und publiziert, in den letzten Jahren zusammen mit seiner Frau Heidi, ein literaturwissenschaftliches, historisches, biografisches oder zeitdokumentarisches Buch nach dem andern. Fast alles mit Bezug auf unsere Gegenwart.

Der Disput mit Jesuiten: Vor etlichen Jahren durfte ich mit Wolfgang an einem Kolloquium in einer jesuitischen Akademie bei Dortmund teilnehmen. Thema: Robert Musils Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“. Musil war Agnostiker und Atheist. In dem Roman beginnt Ulrich, ein junger Intellektueller, ein inzestuöses Verhältnis mit seiner verheirateten Schwester Agathe. Einer der geistlichen Herren lenkte die Diskussion auf die Frage, ob Ulrich und Agathe wohl den Geschlechtsakt vollzogen haben, und verhalf damit den anderen anwesenden geistlichen Herren zu einer hitzigen Diskussion, welche die übrigen Fragen zeitweilig überlagerte.

Die Einladung zu diesem Kolloquium an Wolfgang Beutin war erfolgt, weil der Literaturwissenschaftler über Musil publiziert hat.

Jesuiten sind stets auf dem neusten Stand der Wissenschaften. Sie kannten und anerkannten das kopernikanische Weltbild. Für sie war die Erde keine Scheibe und Galilei im Recht. Sie forschen im Auftrag des Papstes, dem sie absoluten Gehorsam und Schweigen über ihr Wissen geschworen haben.

Von Wolfgang Beutin gibt es u. a. eine Luther-Biografie: „Der radikale Doktor Martin Luther“. Frankfurt a. M. 2016, 3. Aufl. Hierzu meine Rezension: „Wer war Martin Luther? Was hat er gelehrt? Was hat er gewollt?“  →  https://stahlbaumszeitfragenblog.wordpress.com/2017/01/06/wer-war-martin-luther-was-hat-er-gelehrt-was-hat-er-gewollt-rezension/

War er „Der radikale Doktor Matin Luther“, den Wolfgang Beutin uns in seinem gleichnamigen Buch präsentiert? Oder war er ein innerlich zerrissener, daher auch in seinem Denken widersprüchlicher Psychopath? **)

*) → https://stahlbaumszeitfragenblog.wordpress.com/2015/08/14/auf-der-erde-ist-der-teufel-los-oder-jesus-anarchist/

**) Siehe auch:“Tiefe Wurzeln – Eine Kurzgeschichte aus dem Jahre 1954 zum Reformationstag 2015″  → https://stahlbaumszeitfragenblog.wordpress.com/2015/10/30/tiefe-wurzeln-eine-kurzgeschichte-aus-dem-jahre-1954-zum-reformationstag-2015/ […]

 *  *  *

 

Buchtipp: Dietrich Stahlbaum: DIES UND DAS Kurzgeschichten, Kôans, Gathas, Gedichte, Aphorismen, Fotos aus fünf Jahrzehnten. 2., aktualisierte Auflage 2018

DIES UND DASS-eBook-Cover 2018

 

Inhalt:

 Teil I: Kurzgeschichten

Teil II: Kôans und Gathas

Teil III: Gedichte

Teil IV: Aphorismen

 Klappentext:

 Wie schon im Lesebuch «DER KLEINE MANN» sind auch diese Texte „aus dem Leben gegriffen“: Da ist zum Beispiel die Geschichte einer alten, ausgedienten Aktentasche, die sich plötzlich als sehr nützlich erweist. Eine Real-Satire. Oder: «Der Wasserturm». Ein Bubenstreich mit unvorhergesehenen Folgen. Geschichte aus der Kindheit des Autors. Ein «Sommernachts-Albtraum» und andere merkwürdige Ereignisse. Im 2. Teil bieten «Kôans und Gathas» einen Einblick in die zen-buddhistische Welt. Gedichte im 3. Teil, entstanden zwischen 1959 und 2011. Der vierte Teil ist eine Sammlung von Aphorismen. Gedankensplitter aus fünf Jahrzehnten. Ein weites Feld. Und Fotos. Eben: Dies und das.

Das BOOKRIX-eBook kann jetzt für 4,99 EURO auf Ihren Computer oder auf ein Lesegerät hier heruntergeladen werden  →  https://www.bookrix.de/_ebook-dietrich-stahlbaum-dies-und-das/

 

 

 

Das Kreuz als Waffe damals und heute

Friedrich Gehring: Das Kreuz war eine brutale Waffe der Unterdrücker

Zu: „Nun wendet sich das Kreuz gegen Söder“ , FR-Politik vom 30. April 2018

Sowohl Markus Söder als auch die meisten seiner Kritiker übersehen, dass das Kreuz kein urchristliches Symbol ist. Für das Christentum stand symbolisch ursprünglich der Fisch oder das Boot. Das Kreuz wird im Christentum erst populär einige Zeit nach der konstantinischen Wende, als das Christentum staatstragend geworden war im römischen Reich. Es ist tatsächlich zunächst als grausame Todesfolter mit öffentlicher Abschreckung eine Waffe bei der Unterdrückung von Widerstand gegen die kaiserliche Macht.

Historisch-kritisch betrachtet ist es tragisch und paradox, dass es der Opfertheologie gelungen ist, diese brutale Waffe als Heilstatt Gottes für alle Welt zu interpretieren. Die Folge war, dass im Abendland brutale Machtausübung hoffähig wurde ganz im Gegensatz zu dem, was der Religionsgründer Jesus von seinen Nachfolgern forderte (Mk 10,42-44). In einem solchen unchristlichen Abendland darf es nicht wundern, dass Söder dieses Kreuz wieder als Waffe einsetzt in Konkurrenz zur ebenso unchristlichen AfD.

Alle, die sich jetzt als Christen über Söder aufregen, wären gut beraten, zunächst Kritik am Kreuz als christliches Symbol zu üben und das Boot in Erinnerung zu bringen, in dem wir alle sitzen und das uns an weltweite christliche Solidarität gemahnt, nicht erst, wenn die Flüchtlinge an Bayerns Grenze stehen, sondern schon wenn eine unchristliche Politik Fluchtursachen schafft. Da geht es zunächst um die Waffenexporte und die Machtpolitik angeblich christlicher Länder, die Stellvertreterkriege schürt oder selbst andere Länder überfällt, destabilisiert und ausbeutet, aber genauso um eine aggressive Handels- und Wirtschaftspolitik dieser Länder, die tötet. Wenn die unchristliche westliche Welt die Balken aus dem eigenen Auge entfernt haben wird, mag sie sich um die Splitter in den Augen der muslimischen Länder kümmern (Mt 7, 1-5). Dann könnte Markus Söder Boote als christliche Symbole gegen muslimischen Terrorismus aufhängen lassen und sich mit den Muslimen verbünden, die an einen barmherzigen Allah glauben wollen.

Friedrich Gehring, Backnang

[Leserbrief in der Frankfurter Rundschau vom 4. Mai 2018]

Seehofers Biertisch- und Weißwurstdisput

„Historiker: Islam hat hiesige Kultur geprägt“

Mit Blick auf die Äußerungen des neuen Innenministers Horst Seehofer (CSU) hat der Mittelalterhistoriker Michael Borgolte den Beitrag des Islams zur hiesigen Kultur betont. Dieser Beitrag sei „geradezu grundlegend“, sagte der emeritierte Mediävist der Berliner Humboldt-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Es waren Araber und Syrer muslimischen Glaubens, die große Teile der Werke antiker griechischer Naturwissenschaft und Philosophie retteten, übersetzten und kommentierten und diese damit der lateinischen Welt des westlichen Europa überlieferten.“

Der wissenschaftliche Aufbruch des hohen Mittelalters, der die Voraussetzungen für die moderne Welt geschaffen habe, beruht nach Ansicht Borgoltes auf diesen Leistungen muslimischer Gelehrter. Deutschland als Teil des westlichen Europas habe dem Islam seit dem Mittelalter „Unschätzbares“ zu verdanken, sagte der Historiker, der auch mit der Gründung des Instituts für Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität beauftragt ist.

[Aus: Islam-Debatte: »Experten warnen und widersprechen Seehofer« in: MIGAZIN 19.03.2018

„Historiker: Islam hat hiesige Kultur geprägt“

Diese Überschrift ist irreführend und wohl kaum ein wörtliches Zitat von Prof. Borgolte. Darauf deutet das Zitat im Text: „Es waren Araber und Syrer muslimischen Glaubens, die große Teile der Werke antiker griechischer Naturwissenschaft und Philosophie retteten, übersetzten und kommentierten und diese damit der lateinischen Welt des westlichen Europa überlieferten.“

Ich habe Jim al-Kahlil: »Im Haus der Weisheit….« gelesen und kann bestätigen, dass die Ansichten des Autors auf jahrelanger intensiver Quellenforschung beruhen und in einem umfangreichen Anhang belegt werden. Dazu ein Leserbrief, 2014 veröffentlicht:

„Das Christliche Abendland“ – eine Legende (Leserbrief)

Im 8. Jahrhundert entstand in Bagdad eine von Muslimen initiierte und finanzierte Übersetzungsbewegung, an der auch Juden und Christen beteiligt wurden. Dort wurde nahezu das gesamte Wissen und Denken der damaligen Zeit zusammengetragen und ins Arabische übersetzt, um es kritisch bewerten, weiterentwickeln und anwenden zu können. So sind die philosophischen und naturwissenschaftlichen Werke (Mathematik, Geometrie, Astronomie, Medizin, Technik) aus dem antiken Griechenland, aus Persien und Indien über das islamische Spanien in das von Analphabeten und Halbalphabeten beherrschte „Abendland“ gelangt.*)

Der bekannteste von diesen war ein fränkischer König namens Karl, der zwar lesen, aber trotz aller Bemühungen nicht schreiben konnte. Seine Gier nach Macht, Reichtum und Ruhm trieb ihn von einem Krieg zum anderen, trieb ihn zu äußerster Grausamkeit bis zum Massenmord von „Heiden“, die sich einer Zwangschristianisierung verweigerten. Zum Dank dafür krönte ihn am 25. Dezember des Jahres 800 u. Z. der Papst zum Kaiser. Im „christlichen Abendland“ feiert man ihn heute noch als den „Vater Europas“ und nennt ihn Karl der Große! – **)

Liebe Muslimas und Muslime, es ist ein Agnostiker und Atheist, der auch euch an die Blütezeit des Islams erinnert. Am Anfang des Korans heißt es: „iqra!“ (Lies, bilde dich!). Heute, im 21. Jahrhundert, bedarf es, um Wissen und Weisheit zu erlangen, einer säkularen und universellen Bildung – jenseits aller Religionen.

*) Quellen: Jim al-Kahlil: »Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur«, S. Fischer Verlag, 3. Aufl. 2012 und Rolf Bergmeier: »Christlich-abendländische Kultur. Eine Legende. Über die antiken Wurzeln, den verkannten arabischen Beitrag und die Verklärung der Klosterkultur«, Alibri-Verlag 2014. **) Arte-Doku-Film, 27.12.2014

Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen

Am 30. 12. 2014 leicht gekürzt in der Frankfurter Rundschau und am 31. 12. 2014 in den Zeitungen des Medienhauses Bauer vollständig veröffentlicht.

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Die Frage, was kulturell zu Deutschland gehört und was nicht, ist heute, im 21. Jahrhundert, obsolet; sie ist absurd und infolgedessen falsch.
Minister Seehofer hat da einen Biertisch- und Weißwurstdisput befeuert, den auch ein Bergbauernbub nur belächeln kann, wenn er ein Laptop und ein Smartphone besitzt und benutzt, um Weltmusik zu hören und an der globalen Kultur teilzuhaben, – um sich Wissen, Bildung anzueignen.
Das war noch im 19. Jahrhundert fast ausschließlich ein Privileg der „Eliten“, der Wohlhabenden und der ganz Reichen. Sie konnten an Universitäten lernen und lehren, sich die Weltliteratur erschließen und auf großen Reisen die Vielfalt der Kulturen erkunden.
Heute können alle, die nicht auf den Kopf gefallen sind und nicht in prekären Verhältnissen leben, sich eine weltumfassende und allseitige Bildung aneignen. Voraussetzung dazu sind Interesse und Weltoffenheit. Dies gehört zu den positiven Seiten der Digitalisierung.

Shlomo Sand: Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit (Buchtipp)

Buchtipp:

Die Erfindung des Landes Israel

Shlomo Sand

Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit

Gehört Israel den Juden? Was bedeutet überhaupt Israel? Wer hat dort gelebt, wer erhebt Ansprüche auf das Land, wie kam es zur Staatsgründung Israels? Shlomo Sand, einer der schärfsten Kritiker der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern, stellt den Gründungsmythos seines Landes radikal in Frage. Überzeugend weist er nach, dass entgegen der israelischen Unabhängigkeitserklärung und heutiger Regierungspropaganda die Juden nie danach gestrebt haben, in ihr „angestammtes Land“ zurückzukehren, und dass auch heute ihre Mehrheit nicht in Israel lebt oder leben will.

Es gibt kein „historisches Anrecht“ der Juden auf das Land Israel, so Sand. Diese Idee sei ein Erbe des unseligen Nationalismus des 19. Jahrhunderts, begierig aufgegriffen von den Zionisten jener Zeit. In kolonialistischer Manier hätten sie die Juden zur Landnahme in Palästina und zur Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aufgerufen, die dann nach der Staatsgründung 1948 konsequent umgesetzt wurde. Nachdrücklich fordert Sand die israelische Gesellschaft auf, sich von den Mythen des Zionismus zu verabschieden und die historischen Tatsachen anzuerkennen.

Rezension:

»Detailliert und quellenreich zeichnet Sand nach, wie territoriale Ansprüche auf das „Land der Väter“ begründet wurden.«, Deutschlandradio, Sigrid Brinkmann, 29.11.2012

Portrait:

Shlomo Sand, geboren 1946 als Kind polnischer Juden in Linz. 1949 Übersiedlung der Familie nach Israel. Nach dem Studium der Sozialwissenschaften in Paris lehrt Sand Geschichte an der Universität Tel Aviv. Er zählt zu den führenden Intellektuellen Israels und zu den schärfsten Kritikern der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern. Bei Propyläen erschienen »Die Erfindung des jüdischen Volkes« (2010), »Die Erfindung des Landes Israel« (2012) und »Warum ich aufhöre, Jude zu sein« (2013).

Propyläen Verlag 2012, 400 S. (gebundene Ausgabe, Taschenbuch, eBook)

Frohe Botschaft

Frohe Botschaft
Allen Leserinnen und Lesern meiner Webseiten diesseits und jenseits des Atlantiks und anderer Meere wünsche ich friedliche, besinnliche und erholsame Feiertage und viele positive Energien im kommenden Jahr!
Meilleurs vœux de Noël et de Nouvel An à toutes mes amies et à tous mes amis!
Merry Christmass and good wishes for the New Year!

Franz Alt: Der Jesus-Krimi

Franz Alt: Der Jesus-Krimi

An Weihnachten feiern Christen den Friedensfürsten Jesus – zu Recht. Aber in der offiziellen Gemeinschafts-Bibel der katholischen und evangelischen Kirchen Deutschlands steht der Jesus- Satz „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Matthäus 10,34). Kann ein Friedensfürst solchen Unsinn gesagt haben? Oder war Jesus ein Kriegstreiber?

Weihnacht ist das Fest der Geburt Jesu. Über diesen jungen Mann aus Nazareth werden heute noch jeden Tag weltweit drei Bücher publiziert, also etwa 1.000 pro Jahr. 2.000 Jahre nach ihm. Das ist ein einmaliges Phänomen in der Weltgeschichte. Was hat er uns wirklich zu sagen?

Im Jahr 2017 haben Konfliktforscher global 31 bewaffnete Konflikte und Kriege gezählt, die meisten im Nahen und Mittleren Osten, rings um das Heilige Land der drei monotheistischen Religionen Judentum, Islam und Christentum. Gerade hier sind viele Konflikte noch immer religiös motiviert, obwohl alle Religionen den Frieden predigen.

Aber alle Religionen tragen auch einen Kern der Gewalt in sich, vor allem durch falsche Übersetzungen und bewusste

Fälschungen ihrer „Heiligen Schriften“ wie oben das zitierte Jesus-Wort vom Krieg. Solange aber Kriegstheorien im Alten Testament, in Koran oder auch im Neuen Testament stehen, solange Jesus im offiziellen Neuen Testament dreimal zum Kauf von Schwertern aufruft und im Koran wie auch im Alten Testament vom „Heiligen Krieg“ die Rede ist, können die Religionen ihren Friedens- und Liebesauftrag nicht erfüllen. Was also hat Jesus wirklich gesagt?

Rückübersetzt aus dem Aramäischen, der Muttersprache Jesu, hat er so gesprochen: „Ich bin nicht gekommen, Harmonie zu verbreiten, sondern Streitgespräche zu führen“. Das ist Jesus-gemäß und etwas völlig anderes also als es im „offiziellen“ Text aus dem Griechischen steht.

Noch ein Beispiel für eine fatal falsche Übersetzung der Jesus-Worte zum wichtigen Thema Frieden: „Wer aber kein Geld hat, soll seinen Mantel verkaufen, und sich dann ein Schwert besorgen“ (Lukas 22,36). Kann der pazifistische Jesus eine Schwert-Religion gewollt und zum Kauf von Kriegswaffen aufgerufen haben? In Wirklichkeit hat Jesus kurz vor seiner Verurteilung seinen Jüngern empfohlen, sich „Messer“ zu kaufen, denn sie waren arme Wanderprediger und wären ohne Messer verhungert. Die Auflösung der falschen Übersetzung ist ganz einfach: Im Aramäischen gibt es für Messer und Schwert ein und dasselbe Wort – sepha. Jesus hat natürlich nie empfohlen Schwerter zu kaufen, aber es steht so in allen 4,5 Milliarden Bibeln der Welt. Und damit wurden „Heilige Kriege“, „Gerechte Kriege“ und „Kreuzzüge“ gerechtfertigt – Jahrhunderte lang, bis heute.

Als ich 1983 in meinem Buch „Frieden ist möglich – Die Politik der Bergpredigt“ Jesus als Pazifisten bezeichnete, haben mir katholische Theologie-Professoren mit den angeblichen „Schwert“-Worten Jesu widersprochen. Ein Verlag in Rom hat sich zunächst geweigert, das Buch ins Italienische zu übersetzen – mit dem Verweis auf die vermeintlichen Schwert-Worte Jesu. Darüber hat sich Heinrich Böll damals im Spiegel über fünf Seiten aufgeregt, freilich ohne dass er die „Schwert“-Theologen sprachlich widerlegen konnte.

Wann, wenn nicht an Weihnachten, sollte die Christenheit über den wirklichen Jesus aufgeklärt werden? Die offiziellen Kirchen tun sich noch immer schwer damit. Als der Papst in diesen Tagen anregte, die Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“ künftig so zu beten wie sie Jesus im Aramäischen wirklich gesagt hatte („Lass retten uns aus unserer Versuchung“) haben sowohl die EKD und der Vorsitzende der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz dem Papst widersprochen. Zugestimmt haben ihm aber österreichische und französische Bischöfe.

Das ist erst der Anfang eines theologischen Streits und Jesus-Krimis wie ihn die Welt lange nicht gesehen hat. Denn nicht nur die angeführten schrecklichen Jesus-Zitate beruhen auf falschen Übersetzungen oder auf Fälschungen, sondern etwa jedes zweite Jesus-Wort im Neuen Testament.

Das hat der 2009 gestorbene Theologe Günther Schwarz in 20 Büchern und 150 wissenschaftlichen Aufsätzen akribisch nachgewiesen. Dieser große Jesus-Freund hat überzeugend den Ur-Jesus entdeckt, indem er mehr als 40 Jahre täglich Aramäisch lernte. Erst auf der Basis seiner Arbeit habe ich die beiden Jesus-Bücher „Was Jesus wirklich gesagt hat – Eine Auferstehung“ und „Die 100 wichtigsten Worte Jesu“ schreiben können.

Zum Weihnachtsfest 2017 habe ich den Wunsch an beide großen christlichen Kirchen, den aramäischen Jesus zu suchen und dabei die Vorarbeiten von Günther Schwarz zugrunde zu legen. Dann kommt die Kirche Jesu wieder in seine Spur und Nachfolge und dann ist endlich auch Ökumene möglich. Gut, dass der mutige Papst Franziskus schon mal den Anstoß gab, den Ur-Jesus zu entdecken.

[Sonnenseite Newsletter vom 24. 12. 2017]