Wilhelm Neurohr: „NACH DEM BREXIT: NICHT NUR DAVID CAMERION SOLLTE SEINEN HUT NEHMEN!“

Leserbrief an die RZ zu den Berichten und Kommentaren vom 25.06.2016 über den Brexit

„NACH DEM BREXIT: NICHT NUR DAVID CAMERION SOLLTE SEINEN HUT NEHMEN!“

Der krisenhafte Niedergang der EU begann nicht erst mit dem jetzigen Brexit. Schon zweimal war Europa in einem ähnlichen Schockzustand nach einer unliebsamen Bürgerentscheidung: Als im Mai 2005 über 55 Prozent  der Franzosen und im Juni 2005 sogar 61,5 Prozent der Niederländer per Referendum gegen den neoliberal geprägten EU-Verfassungsvertrag votierten, herrschte ebenso helle Aufregung und viele beschworen bereits das Ende der EU. Die Vorgehensweise des von einem intransparenten „geheimen Hinterzimmer-Konvent“ ohne jede Bürgerbeteiligung erarbeiteten 500-seitigen Verfassungsentwurfs wurde damals von Jean Claude Juncker – dem heutigen EU-Kommissionspräsidenten – so kommentiert: „Der Konvent ist dunkelste Dunkelkammer, die es je in Europa gegeben hat“ (nachzulesen in meinem  2008 erschienenen Buch: „ist Europa noch zu retten?“).

Auch damals war nach der Ablehnung selbstkritisch die Rede von einem notwendigen „Neuanfang für Europa“. Hoch und heilig versprachen damals  die erschrockenen Eliten in Europa den aufbegehrenden EU-Bürgerinnen und Bürgern, in einen neuen offenen und transparenten Dialog mit ihnen darüber einzutreten. Von Anbeginn sollte die defizitäre demokratische Beteiligung im bürgerfernen  Europa künftig verbessert werden. Das genaue Gegenteil ist dann wieder geschehen: Der öffentliche Dialog blieb aus, die Verfassungspapiere verschwanden in der Schublade, um dann unverändert – nach der EU-Ratspräsidentschaft von Kanzlerin Merkel 2007 im 50. Jubiläumsjahr der EU – nach einem „Hinterzimmer-Deal“ mit einem neuen Etikett als „Lissabonner EU-Grundlagenvertrag“ 2009 inhaltsgleich in Kraft gesetzt zu werden. Und das trotz erheblicher Bedenken unseres Bundesverfassungsgerichtes, weil mit dem höherrangigen EU-Recht Elemente unserer weitergehenden Verfassung faktisch außer Kraft gesetzt wurden, wie z. B. das Sozialstaatsprinzip, die die Sozialverpflichtung des Eigentums sowie parlamentarische Beteiligungsrechte u.  v. m.

Gegen den Lissabon-Vertrag als EU-Verfassungs-Ersatz sprachen sich zuvor 2008 die Iren in einem Referendum mit 52,4% aus und stürzten damit Europa zum zweiten Mal in eine Krise. Danach wurde so lange massiver Druck „mit Rauswurf-Drohungen“ auf Irland ausgeübt, bis sie in einem wiederholten zweiten Referendum  im Oktober 2009 dann mit 56,5 Prozent dem neoliberalen Lissabon-Vertrag widerstrebend zustimmten. Soviel zum Demokratie-Verständnis der EU mit ihrer fehlenden Gewaltenteilung und der Vorherrschaft der Exekutive. Auch die umstrittenen Freihandelsverträge werden gegen den heftigen Widerstand der Menschen wieder intransparent  in Hinterzimmern ausgehandelt. Können wir jetzt diesmal – nach dem aktuellen Referendum der Briten über den EU-Austritt – den Versprechungen der Eliten in der EU Glauben schenken, dass man einen ehrlichen demokratischen Neubeginn von unten will?

Alle Anhänger eines sozialen und solidarischen, friedlichen und humanistischen  Europa  wurden durch die einseitig von Wirtschafts- und Lobby-Interessen geprägte EU-Politik enttäuscht, die jetzt vor ihrem neoliberal verursachten  Scherbenhaufen der sozialen Spaltung und des Wohlstands nur für Wenige steht  – und dabei den politischen Rechtsruck als Reaktion in Kauf genommen hat. Nicht nur David Cameron in Großbritannien sollte deshalb seinen Hut nehmen, sondern alle für das Desaster mitverantwortlichen Europapolitiker, deren jetzigen Lippenbekenntnissen kaum noch jemand Glauben schenkt und die als Technokraten unfähig sind zu Zukunftsvisionen. Nach dem britischen Weckruf ist jetzt dringender Anlass, mit der Jugend Europas und den souveränen Bürgerinnen und Bürgern ganz von vorne und von unten neu zu beginnen, mit der Kultur und dem Sozialen anstelle des nur wirtschaftlich ausgerichteten Europa. Die vom Katzenjammer geprägte hysterische Brexit-Debatte lenkt davon nur ab; jetzt hat der Blick in eine soziale und friedliche  Zukunft gerichtet zu werden, die ab heute mit neuen Köpfen  und einem neuen Europa-Leitbild von unten zu gestalten ist.

Wilhelm Neurohr

Hierzu ein Leserbrief aus der Frankfurter Rundschau vom 02./03. 06. 2016:

FR-Lb- BREXIT 2.6.16

Erst Kaiser-treu, dann Hitler-treu. Von deutschem Bürgertum

„Ist dein Vater Parteiführer gewesen?“

„Nein, aber er war Mitglied der Partei, seit 33. Er hatte 1930 in unserer Stadt eine Ortsgruppe des Deutschen Luftsportverbandes gegründet. Er hatte sein junges Leben lang vom Fliegen geträumt, und dieser Traum sollte nun verwirklicht werden. Es wurden drei Fluggleiter gebaut. Das sind fliegende Schaukelstühle aus Kieferholmen und Sperrholz, Tragflächen und Leitwerk mit Leinwand überspannt und lackiert. Diese Apparate wurden von einem Gummiseil auf einem kleinen Hügel am Stadtrand in die Luft katapultiert. Angeschnallt und durch einen ledernen Sturzhelm geschützt, saß man am Steuerknüppel und flog immerhin einige Minuten lang.

Der Deutsche Luftsportverband wurde 1933 als Nationalsozialistisches Fliegerkorps gleichgeschaltet. Diese Organisation bildete die künftigen Militärpiloten im Segel- und zum Teil auch im Motorflug aus und warb in der Öffentlichkeit für die Deutsche Luftwaffe.

Ich war dreizehn, als meine Segelflugausbildung begann. Wir wurden also schon als Kinder auf den Krieg vorbereitet.“

„Du bist systematisch zum Nazi erzogen worden; dein Vater war vor 33 nicht in der Partei, aber doch wohl schon ein Nazi?“

„Er hatte sehr früh seine Eltern verloren und ist in der Obhut seiner älteren Schwestern aufgewachsen. Sie haben ihn nicht zum Militaristen gemacht. Er hat seinen Vater vermißt und einen Übervater gefunden.“

„Hitler.“

„Ja. Mein Vater ist am Ende des ersten Weltkrieges als junger Soldat in deutschnationales Fahrwasser geraten, und als Zwanzigjähriger hat er in einem Freikorps, in einer der präfaschistischen, paramilitärischen Verbände, die sich nach dem ersten Weltkrieg in Deutschland gebildet hatten, im Baltikum gegen die Rote Armee gekämpft. Dann studierte er Zahnmedizin und gehörte einer präfaschistischen Studentenverbindung an. Die Backe hat er sich allerdings nicht zerhauen lassen. Er wollte ja Zahnarzt werden.“

„Die Backe zerhauen – wie? Womit?“

„In den schlagenden Verbindungen war es seit den 1850er Jahren üblich, bei den Mensuren, beim Fechten, sich Schmisse, Verletzungen, an der Backe anzubringen und sie eitern zu lassen, damit dicke Narben entstehen. Diese sollten später die Doktoren als akademische Helden ausweisen. Die älteren Heldensemester, in Altherrenschaften organisiert, verhalfen den jüngeren Heldensemestern nach deren Studium zu einem guten Posten und ebneten ihnen eine Karriere. Mein Vater hatte eine solche Erkennungsmarke nicht.“

„Er wollte kein Held sein. Was dann?“

„Er war ein eher ängstlicher, ein sehr sensibler Mensch. Er war rücksichtsvoll und behutsam. Ein sehr liebenswerter Mensch. Alles andere als ein Haudegen.“

„Ein sanfter Idealist?“

„Er nahm die Parole Volksgemeinschaft, mit der den Massen nationale und soziale Solidarität suggeriert wurde, sehr ernst.

Dennoch setzte er sich nicht mit unserer Hausangestellten an einen Tisch. Das Dienstmädchen mußte seine Malzeiten allein in der Küche einnehmen. Einmal hat er, wie mir meine Mutter später erzählt hat, sich überwinden müssen, eine Proletarierwohnung zu betreten. Ich war zu den Arbeiterkindern ins Haus gegangen und, als mein Vater hereintrat, unter die Ehebetten gekrochen. Minna hatte Urlaub, und meiner Mutter wollte er wohl den Anblick des Elends ersparen. Du gehst nicht wieder zu Kommunistenkindern! befahl er mir nachher. Ich war fünf oder sechs.“

„Volksgemeinschaft…“

„Im Grunde litt er unter der materiellen Not anderer und half, wo er helfen konnte. Er hat die Ärmsten unserer Stadt ohne Honorar behandelt. Selbst den russischen Kriegsgefangenen, die, von einem auf einem Hocker sitzenden Altreservisten mit aufgepflanztem Bajonett bewacht, bei uns im Flur warten mußten, hat mein Vater Füllungen, ja sogar Kronen und Brücken eingesetzt – ohne Honorar, und ihnen Zähne gerettet. Er hätte sie herausreißen sollen. Ebenso verfuhr er bei den sogenannten Fremdarbeitern und Fremdarbeiterinnen. Ein besiegter Feind, hat er einmal gesagt, muß menschlich behandelt werden. Sonst bist du selber kein Mensch. Ohne Zähne oder mit kaputten würden sie verhungern.“

„Dann war er also auch ein Humanist, ein deutscher Humanist.“

„Das war er wohl, mit allen seinen Widersprüchen. Er verabscheute Brutalität. Er hat verfaulte Zähne gezogen und vereiterte Zahnhöhlen gesäubert. Aus dieser Zahnarztperspektive hat er die Verbrechen des Staates gesehen, falls ihm überhaupt klar geworden ist, was da passierte. Denn sie wurden geheimgehalten oder als Maßnahmen zum Schutze des deutschen Volkes verschleiert. Mein Vater, staatsfromm und autoritätshörig, verehrte Hitler wie einen Gott. Ich habe Tränen in seinen Augen gesehen, als er vorm Volksempfänger, so hießen unsere Radioapparate, saß und Hitler reden hörte. Was Der Führer sagte, das war für ihn jenseits aller kritischen Überlegungen.“

„Und deine Mutter?“

„Sie war neunzehn, als ich geboren wurde, und in allem unerfahren. Sie stammt aus einer völkisch-deutschnational gesinnten Familie und gehörte als junges Mädchen dem Luisenbund an. Viele junge Mädchen haben damals die Königin Luise von Preußen, die in Tilsit mit Napoleon zusammentraf, um mildere Friedensbedingungen zu erwirken, angehimmelt. Nach ihr wurde der Bund genannt. Die Luisentöchter veranstalteten Kaffeekränzchen, strickten in Tischdecken vaterländische Symbole ein, sangen dementsprechende Liederund stopften Vierzehnachtzehn den Frontsoldaten die Socken. Im zweiten Weltkrieg war meine Mutter im NS-Frauenbund.“

„Wo lebt sie jetzt?“

„In Norddeutschland bei einer wohlhabenden Großtante, einer Gutsbesitzerin. Die Großtante hat nach dem Tod ihres Mannes Männerstiefel angezogen und ist in die Fußtapfen des Verstorbenen getreten. Sie hätte sich als Unternehmerin in einer Männergesellschaft anders nicht behaupten können. Wir sind in den Sommerferien fast jedes Jahr dort gewesen. Nahezu die gesamte Verwandtschaft war da versammelt, dazu zwei Ferienkinder aus Berlin. Sie wurden wieder aufgepäppelt. Meine Großtante, wenn sie mit ihrem zerknitterten Filzhut über die Felder geht oder, auf ihrem Krückstock gestützt, mit dem Verwalter spricht, wenn sie am Kopfende des langen Eßtisches in der Diele auf ihrem Lehnstuhl sitzt, sieht sie aus wie der Alte Fritz, Friedrich II. von Preußen. Der Alte Fritz wird sie auch genannt, von uns und von den Landarbeitern. Den Lehnstuhl hat ihr der Husholer, der Haushalter, zum 50.Geburtstag gezimmert. Die Landarbeiter mögen sie. Sie gibt ihnen ein gutes Deputat und spricht mit ihnen plattdeutsch. Vor Weihnachten hat sie, die Achtzigjährige, um wenigstens in den Festtagen Not zu lindern, fast hundert Pakete und Päckchen gepackt: mit Fleisch, selbstgemachter Wurst, Schmalz, Eiern und Grütze. Die Pakete brachte der Chauffeur in die Stadt zu kinderreichen Familien. Am 24. Dezember lädt sie vormittags die Gutsarbeiter mit ihren Familien zur Bescherung ins Haus. Es gibt einen Korn, belegte Brötchen, Bier und für die Kinder Himbeersaft, und jede Familie bekommt ein großes Paket: Bettwäsche, Kleidung, Schuhe, Spielzeug. Einmal war es ein Kinderwagen. Oft besucht sie die Katen, die Landarbeiterhäuser am Gutshof, um zu sehen, wie es den jungen Müttern und den Alten geht.“

„Und sie war auch…?“

„Erst kaisertreu, dann Hitler-treu. Sie hat schon 1936 auf den Kotflügeln ihres schwarzen Mercedes je einen schwarzweißroten und einen Hakenkreuzwimpel anbringen und ihrem Chauffeur, einem Treckerfahrer, eine uniformartige Kleidung schneidern lassen, eine Livree. Wir Jungen wurden in Matrosenanzüge gesteckt und saßen auf kleinen Hockern zwischen den Beinen der Erwachsenen hinter der Trennscheibe des Sechszylinders, wenn wir nach Kiel fuhren, in die Marinestadt: Kriegschiffe bestaunen.“

„Und dein Vater, wie ist er gestorben?“

„Ausgehungert und erschöpft, in einem Eisenbahnwagon. Im Winter 45. Bei mehr als 30° Frost. Pflichterfüllung bis zum letzten Hosenknopf hieß seine Devise. Sein Gehorsam hat ihn das Leben gekostet. Er blieb, als er seine Frau und wenigstens zwei seiner Kinder in Sicherheit wußte, ich war an der Westfront, in unserer Stadt zurück, um mit einem Häuflein alter Männer sein Vaterland gegen die sowjetische Armee zu verteidigen. Die anderen Naziführer hatten sich längst verpißt. Mein Vater war 45 Jahre alt, als er auf dem Transport nach Sibirien starb.“

[Aus meinem zeitdokumentarischen, autobiografischen Roman Der Ritt auf dem Ochsen oder Auch Moskitos töten wir nicht, Aachen 2000, S. 35 ff., vergriffen, jetzt als eBook im BookRix-Verlag 2012]

Wilhelm Neurohr: Deutschland ist Europameister !

Dafür danken wir Frau Merkel und Herrn Gabriel:

Deutschland ist das reichste und wohlhabendste Land in Europa und damit die Nr. 1, denn:

Obdachlose: Deutschland hat mit Abstand die meisten Obdachlosen in Europa

Rentenniveau: Deutschland hat das mit Abstand niedrigste Rentenniveau in Europa

Altersarmut: Deutschland hat das höchste Armutsrisiko für Ältere in Europa

Niedriglöhne: Deutschland hat als Billiglohn-Land den größten Niedriglohn-Sektor in Westeuropa

Lohnsteigerungen: Deutschland hat die niedrigsten Lohnsteigerungen in Westeuropa

Kaufkraft: Deutschland hat die höchsten Kaufkraftverluste für Geringverdiener in Europa

Frauenlöhne: Deutschland hat die höchste Lohndiskriminierung der Frauen in Europa

Einkommensverteilung: In Deutschland herrschen die größten Einkommensunterschiede zwischen oben und unten in Westeuropa

Vermögen: Deutschlands Bürger haben das niedrigste Vermögen in Europa

Wohneigentum: Deutschland hat die niedrigste Wohneigentums-Quote in Europa

Reichtumsverteilung: Deutschland liegt bei den Spitzenvermögen der Superreichen auf dem ersten Platz in Europa (Die reichsten 10% besitzen 60% des Gesamtvermögens, während sich 50% der Bevölkerung 1% des Gesamtvermögens teilen)

Superreiche: Deutschland hat mit mehr als 1 Million Millionäre die meisten Supereichen in Europa.

Steuern: Deutschland liegt als Steuerparadies für Reiche weltweit auf Platz 8 der Schattenfinanzplätze

Lebenserwartung: Die Deutschen haben die niedrigste Lebenserwartung von allen westeuropäischen Ländern

Gesundheit: Deutschland verzeichnet die Rekordkrankenstände in Europa

Arbeitszeiten: Deutschland hat die längsten Arbeitszeiten (Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit) in Westeuropa

Arbeitslose: Deutschland gehört zu den Spitzenreitern bei den Langzeitarbeitslosen in Europa

Umwelt: Deutschland ist in Europa das Land mit der größten Luftverschmutzung

Waffenexporte: Deutschland exportiert mehr Rüstungsgüter in alle Welt als alle anderen Länder Europas

ES gibt also fast nichts mehr zu tun in der nächsten Wahlperiode, außer:

Gebt den Menschen in Deutschland ihre Würde zurück!

Und der Politik ihren Anstand!

Wilhelm Neurohr [ w.neurohr@iwipo.eu ]

Afrika-Fest in Recklinghausen (Fotos, Video)

Bilder vom Afrika-Fest am 11. Juni 2016 auf dem Schulbauernhof in Recklinghausen

 Zu diesem Fest hatte Walter Schorm, pensionierter Lehrer am Marie-Curie-Gymnasium in Recklinghausen (MCG), eingeladen. Dabei waren auch der Direktor der Partnerschule in Kaolack / Senegal Mathias Bassama und seine Frau Sophie, anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des MCG in Recklinghausen.

Walter Schorm (l.) und Mathias Bassama
Walter Schorm (l.) und Mathias Bassama

Trommel-Konzert

Trommel-Konzert

P1060886

Trommel-Konzert, vorn Mathias Bassama
Trommel-Konzert, vorn Mathias Bassama

Trommel-Konzert

Trommelkonzert

P1060884

Video  → https://youtu.be/io1eZSqc47w

Walter Schorm lebt seit einigen Jahren in Kaolack. Er hat während vieler Aufenthalte in Senegal seit 1975 einen intensiven Kontakt zu Familien, Dorfgemeinschaften und Schulen aufgebaut, initiiert und betreut dort Kleinprojekte „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Mehr hierzu

„Partnerschaft Sahelzone“ e. V.

Walter Schorm

 

Buchtipp: Wolfgang Beutin: Der radikale Doktor Martin Luther

Cover Beutin -Luther

Ein Streit- und Lesebuch

 

Gebundene Ausgabe: 378 Seiten

Dritte, überarbeitete und erweiterte Auflage (30. Mai 2016)

Verlag: Lang, Peter, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016.

Bremer Beiträge zur Literatur- und Ideengeschichte. Bd. 66

Herausgegeben von Thomas Metscher und Wolfgang Beutin

Print: ISBN 978-3-631-65787-4 geb. (Hardcover)

SFR 68.00 / €* 59.95 / €** 61.60 / € 56.00 / £ 45.00 / US$ 72.95

Über das Buch:

Ziel des Verfassers ist es, aus Luthers Grundschriften seine Theologie unter dem Gesichtspunkt ihrer Radikalität zu erfassen, wie diese sich in seiner Argumentation gegen die Papstkirche und ihre Machtbastionen sowie in der Entwicklung reformatorischer Grundeinsichten manifestiert.

Mit seiner Berufung auf den Freiheits- und Gleichheitsgedanken wie mit der Forderung der Wählbarkeit und Absetzbarkeit von Autoritäten steht er am Anfang der demokratischen Bewegung in Deutschland. Zwar wollte er seine Einsichten vorwiegend im kirchlichen und theologischen Bezirk angewendet wissen, doch sie übersprangen dessen Grenzen und bildeten Keime der künftigen Demokratie. Sie inspirierten die Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und fanden sich wieder als Parolen der Französischen Revolution.

Inhalt:

Bildnisse Luthers – Herkunftsfamilie und Klostereintritt – Contra Papst und Römische Kirche – Das Reich Gottes – Die Theologie der Armen – Die Bauern – Gegen Juden und Türken – Berufung auf Hus und die Hussiten – Kontroversen: Thomas Müntzer, Erasmus von Rotterdam – Lutherbilder von 1519-1983.

Autorenangaben:

Wolfgang Beutin studierte Germanistik und Geschichte in Hamburg und Saarbrücken. Er war Universitätsdozent an der Universität Hamburg und ist Privatdozent an der Universität Bremen. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit veröffentlicht er auch belletristische Werke.

Wilhelm Neurohr: „Glyphosat-Zulassung würde das Vorsorgeprinzip in Europa aushebeln“ (Leserbrief)

P1010659

….zum Kommentar von Rasmus Buchsteiner  in der Recklinghäuser Zeitung vom 7. Juni über den Glyphosat-Streit in der EU „peinliche Posse“.

Glyphosat-Zulassung würde das Vorsorgeprinzip in Europa aushebeln“

Bis zum endgültigen Nachweis der Schädlichkeit  solle gefälligst das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat „aus pragmatischen  Gründen“ einstweilen zugelassen werden, so die Argumentation von Rasmus Buchsteiner über den anhaltenden Streit in der EU. Alles andere hält er für eine „peinliche Posse“. Mit seiner Forderung quasi nach Umkehrung der Beweislast offenbart der Kommentator seine Unkenntnis über das in  Deutschland und Europa seit Jahrzehnten  gültige und ausnahmslos angewendete „Vorsorgeprinzip“. Dieses gilt aus guten Gründen bei der Marktzulassung für sämtliche Produkte und Dienstleistungen, die immer erst dann zugelassen werden, wenn ihre nachgewiesene Unbedenklichkeit für die Gesundheit und Sicherheit der Menschen eindeutig erwiesen ist. Damit sind wir über Jahrzehnte gut gefahren.

Es gibt keinen plausiblen Grund, erstmalig davon abzuweichen, nur weil die Glyphosat-Pestizid-Lobby massiven Druck macht.  Faktisch fordert Rasmus Buchsteiner somit stattdessen die Anwendung des umgekehrten „Nachsorgeprinzips“ nach dem Vorbild der USA, wo jedes Produkt erst einmal uneingeschränkt auf den Markt darf, solange ein davon Geschädigter dem Hersteller nicht nachweist, dass es an dem Produkt lag. Dies wäre in Europa ein bedenklicher Präzedenzfall und zugleich ein erstes Einfallstor für eine völlig andere Gesundheits- und Marktpolitik im Interesse der Lobbyisten.

Denn genau dies Thema „Vorsorgeprinzip“ oder „Nachsorgeprinzip“ ist auch eines der am heftigsten  umstrittenen Kernpunkte der Freihandelsverträge TTIP und CETA. Hier möchte die EU als Verfechterin von TTIP & Co. am Beispiel Glyphosat wohl den USA  prinzipiell entgegenkommen, obwohl sie gegenüber der Bevölkerung – die laut Umfragen mehrheitlich die Freihandelsverträge ablehnt – wahrheitswidrig behauptet, sie verteidige das bewährte „Vorsorgeprinzip“ bei den Verhandlungen. Mit der (auch temporären) Zulassung von Glyphosat als Pestizid trotz zweifelhafter Unbedenklichkeit wäre offenkundig, dass unser „Vorsorgeprinzip“ auf der Abschussliste stünde.

Dies bezeichnet der Kommentator Rasmus Buchsteiner als „Weg der Vernunft“, und nicht die konsequentere Haltung der Bundesumweltministerin. Diese nimmt die Warnungen der Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation ernst, die wegen festgestellter Tumore bei Tierversuchen für ein Verbot von Glyphosat, das als meistgenutztes Pestizid immer wieder mit Rückständen im Essen auftaucht. Guten Appetit, Herr Buchsteiner!

Wilhelm Neurohr