Die Bundeskanzlerin, die Türkei, die NATO und der asymmetrische Krieg (Leserbrief)

…an die Frankfurter Rundschau und an das Medienhaus Bauer, Marl, zum Bericht über den Türkei-Besuch: „Merkels Mutprobe“ vom 24. Mai:

Die Bundeskanzlerin ist zu bedauern: Sie wollte in der Türkei die Kartoffeln aus dem Feuer holen und kommt mit leeren Händen zurück. Ist die Türkei nicht längst für Europa, aber auch für die NATO untragbar geworden? Ein Staat, der die Demokratie abschafft und die Menschenrechte derart mit Füßen tritt, kann kein ebenbürtiger Vertragspartner sein.

Im Nordatlantikvertrag haben sich die NATO-Staaten zur Verteidigung der westlichen Demokratie und der westlichen Lebensform verpflichtet. Die Türkei hingegen mutiert zu einem System, vor dem zu schützen die NATO gegründet worden ist. Der Nordatlantikpakt war gegen die Sowjetunion gerichtet. Sie wurde als militärische Bedrohung Westeuropas hochstilisiert. Insofern ist die NATO heute anachronistisch und überflüssig. Außerdem mischt sie sich in Regionen ein, in denen sie nichts zu suchen hat, und beteiligt sich an einem asymmetrischen Krieg.

Was tun? Bis jetzt sind wir davongekommen, verschont geblieben in diesem Dritten Weltkrieg, der selbst gutwillige Politiker/innen ratlos macht. Total verfahrene Situationen. Heraushelfen könnte wohl nur eine allseitige Generalamnestie, denn fast alle Regierenden, Superreichen und sonstigen Machthaber oder Macht Anstrebenden haben Dreck am Stecken und an den Händen Blut.

Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen lässt sich kein allseitiger Konsens erreichen. Ein solcher ist aber nötig, um gerechte und friedliche Verhältnisse schaffen zu können. Gefragt ist ein von allen Dogmen und Doktrinen freier, aufs Ganze gerichteter sozialer und Frieden stiftender Pragmatismus. Es ist höchste Zeit, dass die Menschheit sich darauf einigt und auch die ökologischen Probleme, die sie verursacht hat, löst. Sonst wird sie – werden wir verschwinden wie die Dinosaurier. Übrig geblieben ist von ihnen nur der Quastenflosser, ein Knochenfisch.

Am 30. 05. 16 leicht gekürzt in der FR und am 08. 06. 16 stark gekürzt in den Zeitungen des Medienhauses Bauer, Marl.

Menschenrechte beachten und Frieden schaffen!

Schwerter zu Pflugscharen  Es ist höchste Zeit, dass die Menschheit sich darauf einigt, die Menschenrechte zu beachten und Frieden zu schaffen, und die ökologischen Probleme, die sie verursacht hat, löst.

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Sonst wird sie – werden wir verschwinden wie die Dinosaurier, nachdem sie die Erde leer gefressen haben. Übrig geblieben ist von ihnen nur der Quastenflosser, ein Knochenfisch.

earth online

Der Frühling entfaltet seine ganze Pracht… (Fotos)

20. Mai 2016
20. Mai 2016

Der Frühling entfaltet seine ganze Pracht – über Nacht –  und holt den Sommer ein.

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Fast ausschließlich heimische, bienenfreundliche Gewächse. Viele haben sich in unserem Naturgarten selber angesiedelt.

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Hochbeete
Unsere Hochbeete

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Mischkulturen. Ohne Gifte, ohne Kunstdünger. Komposterde, von Käfern und Regenwürmern zubereitet.

Wilhelm Neurohr: Das Rentenniveau im reichsten EU-Land Deutschland (Leserbrief)

…an die Ruhr-Nachrichten (Politik-Redaktion westnews) zum Artikel vom 18.05.2016 über das Rentenniveau (Arbeitgeber-Veto):

„Skandalös: Während wir im reichsten EU-Land Deutschland um 40% oder 50% Rentenniveau streiten, liegt das durchschnittliche Rentenniveau in allen übrigen EU-und Industrieländern im Durchschnitt bei 70% und mehr, also fast das Doppelte als im reichsten EU-Land Deutschland mit seinen drohenden Armutsrenten! Wenn die Arbeitgeber trotzdem ihre Forderung für ein noch niedrigeres statt höheres Rentenniveau damit begründen, dass sonst ein Anstieg des Rentenversicherungsbeitrages von 22 auf 25 % (also 10 € durchschnittlich mehr im Monat ) drohen würde, haben sie offenkundig nur die Ersparnis ihres dann hälftigen Arbeitgeber-Beitragsanteiles von 1,5% im Blick. Denn die Arbeitnehmer würden für eine armutsfeste Rente diese geringfügige Beitragserhöhung lieber in Kauf nehmen als die von den Arbeitgebern stattdessen empfohlene private (Riester-)Vorsorge von 4% zusätzlich im Monat, die von den Arbeitnehmern allein aufzubringen sind. Laut Adam Riese sind 4% eine erheblich höhere Belastung für die Beitragszahler als 1,5% für die sichere gesetzliche Rentenkasse. Für wie dumm hält man die Arbeitnehmer?“

Wilhelm Neurohr

45721 Haltern am See,  Lochtruper Str. 7

Tel. 02364 6043104

www.Wilhelm-Neurohr.de

www.iwipo.eu

Pfingsten am Reihersee und der Heilige Geist

Um 1932 in Ostpreußen
Um 1938 in Ostpreußen

Zu Pfingsten holte mein Vater unsere beiden Faltboote aus dem Winterquartier und machte sie flott, und wenn das Wetter es erlaubte, fuhren wir – Vater, Mutter und ich –  am Samstag Nachmittag auf dem Reihersee nach „Stahlbaumsruh“, wo wir zum ersten Mal im Jahr das Zelt aufschlugen.  Eines Morgens um vier oder fünf wurden wir von Stimmen in der Ferne geweckt. Männerstimmen. Sie bewegten sich auf uns zu. Unser Zelt stand unten am Seeufer auf einer Wiese.  Bald waren sie so nah, dass wir sie verstehen konnten. Sie „sangen“  immer wieder dasselbe:

Ju Ooope, ju Ooope, wi sinn noch nich besoope!

Dass sie es dennoch waren, sahen wir dann auch durch das kleine Gazefenster:  zwei torkelnde Silhouetten im Gegenlicht, hoch oben am Rande der Wiese, wo sonst Rehe im Morgendunst standen. Die beiden Männer waren ebenso friedlich und zogen ihres Wegs aus einem Waldstück in das andere, bis wir sie nicht mehr hörten. Wahrscheinlich haben sie dort zwischen den Primeln ihren Rausch ausgeschlafen.

Pfingsten:

Ausschüttung des heiligen Geistes. Solche Happenings gab es schon damals. Die Kirche hat gut daran verdient. Aber wo ist er denn: der heilige Geist?

Schöne Feiertage!

Die Ruhrfestspiele und die Poahlbürger von Recklinghausen

Es war ja nicht der erste Skandal, der mit so lautem Donner über die Bühne gegangen ist, dass die Bretter, die manchem die Welt bedeuten, gekracht haben und das Ende der Ruhrfestspiele nahe schien. Am Morgen des 1. Mai 1974 war es schon fast einmal so weit.

Was war passiert? Ich war von der Ruhrfestspielleitung gebeten worden, für die Festspielzeitung einen Beitrag aus dem Werkkreis Literatur der Arbeitswelt zu liefern, ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte, eine Glosse, irgendeinen kleinen Text mit Bezug auf die „Arbeitnehmerfestspiele“, die jedes Jahr am 1. Mai feierlich eröffnet wurden. Es gab damals, wie in fast allen westdeutschen Großstädten und in vielen kleinen Orten auch in Recklinghausen eine Literaturwerkstatt des Werkkreises, und wir kooperierten unter anderem mit den Ruhrfestspielen, vornehmlich mit deren Jungen Forum. So lag es nahe, schreibende „Arbeitnehmer“ an der Festspielzeitung zu beteiligen.

Nun standen wir ein paar Schritte weiter links als die SPD und der DGB, gleichwohl die meisten von uns deren Mitglieder waren, und waren mit dem Status der Ruhrfestspiele als „Arbeitnehmerfestspiele“ so gar nicht einverstanden. Wir forderten Arbeiterfestspiele. Waren es doch Bergarbeiter in Recklinghausen, die im Winter 1946/7 Hamburger Schauspielern und ihrem Publikum zu warmen Theatersälen verholfen hatten.

Mit Kohlen, die sie hier eigenhändig aus der Erde herausgeholt und hinter dem Rücken der britischen Besatzer in die Hansestadt geschafft hatten. So entstand das Projekt “Kunst gegen Kohle“. Es entstanden die Ruhrfestspiele.

Am Tag der Arbeit
Bergmann um 1900 am Tag der Arbeit
Bergbau
Lore und Seilscheibe

Mit diesen Gedanken im Kopf und einem kleinen Gedicht in der Tasche bin ich im April den Hügel hinaufgegangen zur Festspielleitung und freute mich auf das Kommende. Ich hatte unter den Texten aus unserer Werkstatt nichts Geeignetes gefunden, dafür aber einen Sechszeiler aus der Kölner Werkstatt. Der wurde dann auch akzeptiert und in der Festspielzeitung abgedruckt. Das Gedicht erschien gleich oben links auf der Titelseite.

Es gab einen Eklat. Der oben erwähnte Donner war sechs Wochen lang in ganz West-Deutschland zu hören bzw. zu lesen, sogar im Bayern-Kurier. Die Aufregung über dieses „Machwerk“ war am größten bei einer sich christlich nennenden Partei („Ich schäme mich für die Ruhrfestspiele!“ „Hier wird der Boden für den Terrorismus beackert..! Und dgl. mehr) Zwei Mal tagte der Rat der Stadt und stritt stundenlang über die Verse. Ein Gutachter und ein Schlechtachter wurden bestellt. Beide Professoren, die über sechs Gedichtzeilen befanden.

Am Morgen des 1. Mai stand nicht mehr fest, ob die Festspiele überhaupt in diesem Jahr (1974) stattfinden würden. Die Telefonleitungen zwischen Recklinghausen, Düsseldorf und Bonn liefen heiß. Sozialdemokraten und Gewerkschafter bekamen weiche Knie, besannen sich dann aber auf ihren traditionellen Auftrag und boten der christlich sich nennenden Opposition die Stirn. Die Festspiele wurden fortgesetzt, aber nach und nach gelang es den gutbetuchten Recklinghäuser Poahlbürgern, die Ruhrfestspiele auf ihre bildungsbürgerlichen Maße zuzuschneiden, die Widerspenstigen zu zähmen.

Übrigens, vom 1. Mai-Gedicht, das 1974 für so viel Aufregung gesorgt hat, erinnere ich mich nur an die letzte Zeile: „Dann sind die Bosse arbeitslos“. Schon damals standen die Zeichen nicht auf WIRTSCHAFTSDEMOKRATIE.

Siehe auch „Kohle für Kunst – Kunst für Kohle“