Hitler war kein A-Theist

Leserbrief zu: „Kein singulär muslimisches Problem“, Frankfurter Rundschau 31. 01. 15

Es stimmt, „Menschen zu quälen und zu töten, ist kein singulär muslimisches Problem“. Auch die Fakten stimmen – außer diesem Satz: „Adolf Hitler war Atheist.“ Dass er einer gewesen sei, wird kirchlicherseits zwar immer wieder behauptet, um den Nationalsozialismus dem A-Theismus zuzuschreiben. Aber Hitler war bis an sein Lebensende Katholik und hat an einen Gott geglaubt. Die Kirche hat ihn auch später, als die Nazigräuel offenkundig wurden, nicht exkommuniziert.
Schon 1923 schrieb er in »Mein Kampf«: „Indem ich mich des Juden erwehre, erfülle ich das Werk des Herrn.“ Hitler verehrte Martin Luther. Bezogen auf dessen Judenhass sagte er in einem Gespräch: „Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen.“ (Dietrich Eckart, Der Bolschewismus von Moses bis Lenin – Zwiegespräche zwischen Adolf Hitler und mir, München 1924, S. 35)

Auch die Deutschen Christen (DC) beriefen sich auf Luthers Hetzschrift „Von den Juden und ihren Lügen“ und hatten nach 1933 großen Einfluss auf den Protestantismus. Dann gab es noch die „gottgläubigen“ Nationalsozialisten ohne Kirche und Konfession. Zu ihnen habe ich mich als Dreizehnjähriger bekannt, als ein evangelischer Pastor mir beim Konfirmandenunterricht weiß machen wollte, dass Jesus kein Jude gewesen sei: „Er war blond wie du.“

1936 sagte Hitler zu Kardinal Faulhaber bei dessen Besuch auf dem Obersalzberg: „Ohne Gottesglauben können die Menschen nicht sein. Der Soldat, der drei und vier Tage im Trommelfeuer liegt; braucht einen religiösen Halt. Gottlosigkeit ist Leerheit.“ (Quelle: PETER PFISTER, SUSANNE KORNACKER, VOLKER LAUBE: Kardinal Michael von Faulhaber 1869-1952. Obersalzberg-Protokoll 1936 S. 541-547)

Auf dem Koppelschloss der Deutschen Wehrmacht (1936-45) stand:

NDS-KoppelschlossHitler sprach später oft von der „Vorsehung“, für dessen Werkzeug er sich hielt. „Die Vorsehung“ ist im Christentum der allmächtige und allwissende Gott. „Es konnte“, schrieb er in »Mein Kampf«, „ in den Reihen unserer Bewegung der gläubige Protestant neben dem gläubigen Katholiken sitzen, ohne je in den geringsten Gewissenskonflikt mit seiner religiösen Überzeugung geraten zu müssen. Der gemeinsame gewaltige Kampf, den die beiden gegen den Zerstörer der arischen Menschheit führten, hatte sie im Gegenteil gelehrt, sich gegenseitig zu achten und zu schätzen.“ (München 1933, 70. Auflage, S. 628 ff.).

Ich bin seit 60 Jahren Agnostiker und A-Theist.

Dietrich Stahlbaum, Recklinghausen

Am 4. Februar gekürzt in der FR.

Anmerkungen:

„Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen.“ Hitler *

Es geht mir in diesem Leserbrief vor allem darum, die Behauptung, der Nationalsozialismus habe seinen Ursprung im Atheismus, in der „Gottlosigkeit“, auch „Gottferne“, zu widerlegen.
Die Mentalität eines Menschen, d. h. das, was er glaubt und denkt, lässt sich aus seinen Äußerungen erschließen, aus dem, was er sagt und schreibt und aus seiner Gestik. Um herauszufinden, ob jemand das, was er sagt oder schreibt, auch glaubt, ob er „die Wahrheit sagt“, muss man nicht unbedingt tiefenpsychologisch geschult sein. Meistens genügt es, genau auf die Gestik zu achten.

Bei Hitler ist offensichtlich, dass Glauben, Denken, Sagen und Schreiben übereinstimmen, dass er an seine kruden Vorstellungen auch geglaubt hat. Belege dafür gibt es genug, mehr als die paar Zitate in meinem Leserbrief.

Ich bin in einer Nazi-Familie aufgewachsen. Fast alle meine nächsten Vorfahren waren völkisch-deutsch-national(istisch) und militaristisch. Durch sie und in der Schule bin ich dementsprechend indoktriniert worden und habe den Nationalsozialismus hautnah erlebt und nach 1945 unter der Uneinsichtigkeit und dem Schweigen aller meiner Verwandten gelitten.  Seitdem bin ich daran interessiert, den Nationalsozialismus, alle faschistischen Systeme und ihre Geschichte kritisch aufzuarbeiten und mit meinen geringen Möglichkeiten darüber aufzuklären. Denn faschistisches Gedanken“gut“ ist in Deutschland noch längst nicht überwunden. Immer wieder wird versucht, Hitler, den Nationalsozialismus, faschistische Regime und ihre Kollaborateure aus Kirche und Kapital reinzuwaschen. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch!“ Brecht: Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui

* Adolf Hitler in:  →  http://www.theologe.de/adolf-hitler_martin-luther.htm#Dietrich-Eckart In: DER THEOLOGE Nr. 84: Der Katholik Adolf Hitler unter dem Einfluss Martin Luthershttp://www.theologe.de/adolf-hitler_martin-luther.htm

Kritische Aufklärung in den Schulen statt religiöser Indoktrination und Suggestion!

Leserbrief an das Medienhaus Bauer, Marl, zu Georg Stawski: „Ist Erziehung nicht im weitesten Sinne Indoktrination?“ vom 10.Juli 2012.

Georg Stawski weist mit einigen Beispielen auf die dunkle Seite der Kirchengeschichte hin und beruft sich auf Karlheinz Deschner. Deschner hat in seiner bislang neunbändigen Kriminalgeschichte des Christentums und in zahlreichen anderen Büchern diese dunkle Seite in allen Einzelheiten beschrieben, um über Tatsachen und Zusammenhänge aufzuklären, die auch im Religionsunterricht zu kurz kommen, gerechtfertigt oder ganz verschwiegen werden.
Stattdessen, statt kritischer Aufklärung geschieht in den meisten Schulen das, was ich als „religiöse Indoktrination und Suggestion“ bezeichnet habe. Was damit gemeint ist, hatte ich in drei Beispielen aus meinem persönlichen Umfeld konkretisieren wollen. Sie fielen der Redaktionsschere zum Opfer. Deshalb hat Herr Stawski einen falschen Eindruck von der Sache bekommen. Der letzte Absatz meines Leserbriefes vom 10.Juli sollte lauten:

„Es ist sogar schon vorgekommen, dass dabei ein katholischer Pfarrer einem nicht getauften Siebenjährigen die Hand aufgelegt und geflüstert hat: ´Der Herrgott ist immer bei dir!` Und dass Kindern von Atheisten ungefragt die Oblate verabreicht wurde. 1939 sagte beim Konfirmandenunterricht ein Pfarrer der Glaubensbewegung ´Deutsche Christen` (DC) zu mir, Jesus sei kein Jude gewesen, ´er war blond wie du`“. –

Weitere Beispiele befinden sich in fast allen Religionsbüchern.

Wie will man Kinder zu freien, zu emanzipierten, zu autonomen Menschen erziehen, wenn man sie dogmen- und kirchenhörig zu machen versucht und alles vermeidet, was sie veranlassen könnte, selber einmal darüber nachzudenken, woran sie eigentlich glauben beziehungsweise glauben sollen? Diese auch heute unbeantwortete Frage habe ich bereits 1966 in einem Offenen Brief an den damaligen Oberbürgermeister Auge gestellt.

„Ziel jeder Erziehung ist die Selbständigkeit und spätere Ablösung (des Kindes) von den Eltern… Natürlichkeit, Sicherheit, Vertrauen und Freiheit sind die Leitbegriffe für eine gesunde Entwicklung.“ [Strotzka: Einführung in die Sozialpsychiatrie, Hamburg 1965.]
Mit Indoktrination* und Suggestion** wäre dieses Ziel nicht zu erreichen.

Bis hierher am 21.7. 2012 in den Bauer-Zeitungen veröffentlicht.

*Indoktrination (von lateinisch: doctrina – „Belehrung“) bedeutet die gezielte Manipulation von Menschen durch gesteuerte Auswahl von Informationen, um ideologische Absichten durchzusetzen oder Kritik auszuschalten. [Wikipedia Deutsch – Die freie Enzyklopädie]
** Suggestion (…) bezeichnet die manipulative Beeinflussung einer Vorstellung oder Empfindung mit der Folge, dass die Manipulation nicht wahrgenommen wird oder zumindest zeitweise für das Bewusstsein nicht abrufbereit ist. [ebd.]

Weiterhin aktuell, deshalb von blog.de (19. 07. 2012) übernommen.